Liebe ist staerker als Haß
alte Hexenweib es ihr empfohlen hatte. Kerzenlicht verbreitete milden Glanz, und es duftete nach den im Topf brodelnden Kräutern. Auf dem Tisch standen schmackhafte Speisen. Es war nicht einfach gewesen, alles nach ihren Anweisungen vorbereitet zu sehen, denn Margaret hatte ständig Einwände erhoben. Auch hatte sie ihre junge Herrin wiederholt gefragt, ob es ihr gutgehe oder ob sie morgens an Unwohlsein leide.
Zared fand die Fragen lästig, doch sie beantwortete sie nach bestem Wissen, denn ihre Auskünfte schienen Margarets Laune zu verbessern.
Endlich war alles fertig. Zared strich glättend über den Goldstoff des Kleides und erkundigte sich: »Sehe ich ... sehe ich gut aus?« Die Seide, in welche die Goldfäden eingewebt waren, war rot, und durch das Rotgold des Kleides in Verbindung mit ihrer hellen Haut, dem rotblonden Haar und dem Glanz des Kaminfeuers war Zareds Anblick atemberaubend.
Lächelnd betrachtete Margaret ihre junge Herrin. Sie wußte immer noch nicht, warum sie zu dem alten Hexenweib gegangen war, war aber jetzt überzeugt, daß es nicht geschehen war, um das Kind eines anderen Mannes abtreiben zu lassen. (Alle Leute im Schloß und die Hälfte der Dorfbewohner wußten mittlerweile, daß Seine Lordschaft seit der Vermählung noch nicht mit seiner jungen Frau geschlafen hatte.)
»Ihr seid sehr schön«, sagte Margaret.
»Und ich sehe nicht wie ein Junge aus?«
Darüber konnte Margaret nur lachen. Zared trug das Haar zurückgekämmt in einer reinweißen Haube, und auf ihrer Stirn glänzten Rubine. »Ihr könntet gar nicht weiblicher aussehen.« Impulsiv und weil sie so viel älter war und annehmen durfte, daß Zared keine Ahnung hatte, was eine Zofe sich erlauben durfte, küßte sie die Wange ihrer jungen Schutzbefohlenen und verließ mit einem Lächeln das Gemach.
Wenige Minuten später klopfte Tearle an und kam herein. Zared sah sofort, daß er schlechter Laune war.
»Was ist geschehen?« fragte sie voller Angst, es hätte etwas mit ihren Brüdern zu tun.
Er ließ sich schwer in den Sessel vor dem Kamin fallen. »Mein Pferd ist gestolpert, und ich bin im Morast gelandet. Einer meiner Männer hat mich beim Schwertkampf niedergeschlagen. Außerdem bekomme ich an der rechten Körperhälfte einen Ausschlag. Und als ich herkam, wurde mir gesagt, ich könne das Abendessen nicht unten am Tisch einnehmen, sondern müsse in dein Gemach kommen. Was willst du von mir, Zared? Mir sagen, daß deine Brüder gekommen sind, um dich abzuholen? Es wäre das passende Ende für einen Unglückstag.«
Sie hatte es schon auf der Zunge, ihm zu sagen, wo er sich sein Abendessen hinstecken könne. Doch statt dessen sagte sie lächelnd: »Ich habe das Kleid deiner Mutter an.«
Er hatte sich schon abgewandt, warf aber noch einen Blick über die Schulter, sah sie aber nicht richtig an, sondern gähnte ausgiebig. »Ja, das stimmt.« Dann fiel sein Blick auf den mit Speisen beladenen Tisch. »Du könntest jemand rufen, der mich beim Essen bedient. Ich habe Hunger und bin müde.«
»Ich werde dich bedienen«, sagte Zared schnell. »Wir brauchen keinen Diener.«
Sie ging zum Tisch mit den Speisen, hob die silbernen Deckel ab, füllte einen Silberteller für ihn, reichte ihm den vollen Teller und nahm auf einem Schemel zu seinen Füßen Platz.
Mit dem Löffel schob er sich einen Haufen Mohrrüben ein und sprach dann mit vollem Mund, wobei er mit dem Löffel auf sie zeigte: »Und was willst du von mir?«
»Ich will nichts. Ich bin nur nicht an Diener gewöhnt und möchte deshalb heute keine um mich haben.«
Unter gesenkten Lidern schaute er sie an. »Du konntest noch nie gut lügen. Hast du eine Nachricht von deinen Brüdern erhalten? Bist du deshalb zu der Hexe gegangen?«
Ihre Augen weiteten sich.
»Du mußt wissen, daß meine Leute treu zu mir stehen. Sie erzählen mir alles, was du unternimmst.«
»Ich habe aber keine Nachricht von meinen Brüdern erhalten. Und dich habe ich nicht hierher eingeladen, damit du das Gespräch auf den Krieg bringst.«
»Ach, und worüber kannst du dich sonst unterhalten? Welchen anderen Grund hattest du für deinen Besuch bei der Hexe?« Er nahm den Teller auf den Schoß und fuhr mit gesenkter Stimme fort: »Sie treibt den Frauen unerwünschte Kinder ab.«
Zared sah ihn angeekelt ab. »Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, daß ich ein Kind bekomme, falls du das annehmen solltest.«
»Nicht mal von Colbrand?«
Sie sprang auf. »Du bist ein abscheulicher Mensch!«
»Ich bin
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