Liebe ist staerker als Haß
eben ein Howard. Woher soll ich wissen, was du mit einem anderen Mann getrieben hast? Colbrand erschien dir doch äußerst begehrenswert. Du hieltest ihn für den stärksten, tapfersten und bestaussehenden Ritter in ganz England.«
»Du hast ihn zu Boden gestreckt«, sagte sie halb verzweifelt. »Du hast beim Marshall-Turnier alle Männer zu Boden geworfen.«
Da lehnte sich Tearle zurück und lächelte. »Willst du damit sagen, daß Colbrand nicht der beste Ritter in ganz England ist?«
Erst jetzt merkte sie, daß er sie necken wollte. »Du bist wirklich ein schrecklicher Kerl. Kannst du denn nie ernst sein?«
Er hielt ihr den leeren Teller hin. »Doch. Ich meine es ernst, wenn ich sage, daß ich mein Bett nötig habe. Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so müde wie heute.« Er stand auf, reckte sich und gähnte wieder lange. »Es gibt nichts, was mich heute abend abhalten könnte, in mein Bett zu gehen. Da könnte der König höchstpersönlich erscheinen, ich würde mich nicht um ihn kümmern.«
Zared konnte sich nicht entschließen, ihm den Liebestrank der alten Hexe vorzusetzen. Sie wollte ihn lieber selbst verführen, mit ihr zu schlafen. »Du hast noch gar nicht gesagt, wie dir das Kleid deiner Mutter gefällt.«
Er gähnte schon wieder. »Es hat mir schon immer gefallen. Sie trug es manchmal in Frankreich. Selbst der König hat sich anerkennend darüber geäußert.«
»Es ist schwer. Fühl mal den Stoff!«
Er reckte sich wieder. »Ich habe oft den Stoff von Gold- und Silbergewebe befühlt. Ich habe sogar einigen Frauen bei Hofe solche Kleider ausgezogen.« Er kratzte sich an der Hüfte. »Jetzt muß ich ins Bett. Meine Kleider jucken mich schon. Ich habe nur den Wunsch, sie abzulegen.«
Sie wußte nicht, was sie noch anstellen sollte, damit er sie endlich richtig anschaute. Das harte Korsett unter dem Kleid zwängte ihre Brüste so ein, daß sie weh taten, und schoben sie so weit nach oben, daß sie wie reife Melonen über den Ausschnitt quollen. Doch hatte er sie offenbar noch keines Blickes gewürdigt.
»Das Korsett deiner Mutter tut mir weh«, sagte sie. »Ich glaube, deine Mutter hatte nicht so viel Busen wie ich.« Dann hielt sie gespannt den Atem an, um seine Antwort zu hören.
»Ich kann mich nicht erinnern, daß ich meine Mutter daraufhin betrachtet hätte«, erwiderte er so steif, als hätte sie ihn beleidigt.
»Ich habe es doch nicht so gemeint...«
»Ja, ja, ich nehme die Entschuldigung an. Und abgesehen davon, daß meine Mutter eine häßliche Frau gewesen ist, hast du mir nichts zu sagen?«
»Das habe ich nie behauptet...« Sie brach ab und drehte ihm den Rücken zu. »Oh, geh nur, geh in dein Bett! Es ist jetzt völlig gleichgültig, was ich wollte. Du bist müde. Du mußt deine Ruhe haben.«
Er nahm noch einmal Platz. »Irgend etwas hat dich aus der Fassung gebracht. Ist etwa schon die Botschaft des Königs eingetroffen? Hast du deshalb das Kleid meiner Mutter angelegt und dieses Abendessen vorbereitet? Du möchtest die gute Nachricht wohl feiern, wie?«
»Ich habe von keinem eine Botschaft erhalten. Ich habe weder etwas von meinen Brüdern noch vom König oder vom Gespenst der Peregrines gehört. Den ganzen Tag über hat niemand mit mir gesprochen.«
Er lächelte verlegen. »Ach, so ist das. Du wünschst Gesellschaft. Na los, dann fang schon an zu reden! Ich werde mir Mühe geben, noch so lange wachzubleiben.«
Sie wandte sich ab. »Ich hatte etwas vor, als du kamst«, sagte sie flüsternd. »Aber jetzt habe ich vergessen, was es war.«
Hinter ihr blieb es so still, daß sie sich umdrehte. Sein Kopf lag an der Sessellehne. Er war eingeschlafen. Es war sehr ärgerlich. Plötzlich war ihr nach Weinen zumute. Warum konnten andere Frauen einen Mann verführen und sie nicht?
Sie trat zu ihm und legte ihm die Hand an die Wange. Er sah besser aus als ihre Brüder, er sah besser aus als Colbrand - er sah wirklich besser aus als jeder andere Mann auf der Welt.
Erschrocken wachte er auf. »Ich habe geträumt«, sagte er.
Sie lächelte ihn an. »Was hast du geträumt?«
»Ich war bei Hofe, und Lady Catherine kam in mein Zimmer. Ich glaube, das kommt von dem Kleid. Sie trug ein Kleid aus blauer Seide, mit Gold durch wirkt.«
Zared erstarrte und zog sich dann einige Schritte zurück. »Ich würde es gern sehen, wenn du jetzt gingst.«
Er erhob sich und rieb sich die Augen. »Ja, ich muß in mein Zimmer gehen und den Traum zu Ende träumen.« Doch bevor er hinausging, trat er an
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