Liebe ist staerker als Haß
entkommen.«
Tearle erschrak. War sie zu ihren Brüdern geritten?
Margaret legte ihm die Hand auf den Arm. »Man hat sie gefunden. Einer der Männer hat sie gesehen, wie sie in Hebes Hütte ging.«
»Was kann sie denn bei dem alten Weib wollen?«
»Man sagt, daß sie eine Hexe sei«, sagte Margaret mit gedämpfter Stimme. Wie alle aus der Dienerschaft wußte sie mehr über die Beziehung zwischen ihrem Herrn und seiner Gattin, als denen lieb gewesen wäre.
»Was könnte sie bei einer Hexe suchen?«
Zögernd antwortete Margaret: »Hebe befreit Frauen von unerwünschten Kindern.«
Tearles Gesicht verlor alle Farbe. »Sag John, er soll mein Pferd satteln!«
Eine Stunde später drang ein wütender Mann in die dunkle, schmutzige Hütte der Alten ein. Im ersten Zorn wollte Tearle sie umbringen und danach auch gleich die Frau, die er geheiratet hatte. Er zweifelte nicht daran, daß das Kind, mit dem sie schwanger war, Colbrand zum Vater hatte. Kein Wunder, daß Zared zu ihren Brüdern zurückkehren wollte. Dort konnte sie das Kind als das eines Howards ausgeben und es vielleicht als Druckmittel benutzen, um die Besitzungen der Howards zurückzuerhalten. Er verfluchte sie und sich und alle Frauen auf der Welt und die Ehe - und alles andere, was mit Mann und Frau zusammenhing.
»Meine Frau war hier«, sagte er zu der zu Tode erschrockenen Frau. »Hast du ihr das Kind weggemacht?«
»Nein, Mylord«, antwortete sie mit bebender Stimme. »Sie bekommt kein Kind.«
»Lüg mich nicht an! Wenn du mich belügst, lasse ich dich verbrennen.«
Die ausgemergelte Alte wich geduckt vor ihm an die Wand zurück, an der Kräuterbündel zum Trocknen aufgehängt waren. »Ich lüge nicht. Bitte, Mylord, ich möchte noch nicht sterben.«
Plötzlich spürte Tearle keinen Zorn mehr. Er fühlte sich hohl und setzte sich auf den einzigen Schemel, den es in der Hütte gab. Daß seine Frau ihr Kind loswerden wollte, war ja nicht Schuld der Alten. Vielleicht sollte er froh sein, daß sie das Kind lieber abtreiben wollte, als es zu behalten. Wenn man daran dachte, was sie Colbrand einmal für Gefühle entgegengebracht hatte, hätte man eher annehmen können, sie wollte es eines Tages auf Englands Thron sehen.
»Was wollte meine Frau?« fragte Tearle traurig.
»Einen Liebestrank.«
Tearle hob den Kopf. »Einen was?«
»Die Lady, Eure Gattin, wollte einen Liebestrank. Einen Trank, der einen Mann vor Begierde wahnsinnig macht.«
Er brachte nur ein einziges Wort heraus. »Wen?« Er hatte geglaubt, ihr in den vergangenen Wochen wenig Zeit gelassen zu haben, um Beziehung zu einem anderen Mann anzuknüpfen. Aber vielleicht hatte sie vor, Colbrand später auszusuchen, und ...
»Euch, Mylord. Sie wollte den Liebestrank für ihren Mann haben.«
Verständnislos kniff Tearle die Augen zusammen.
Als die Alte sah, wie Tearle reagierte, faßte sie Mut. Sie duckte sich nicht mehr an die Wand, sondern richtete sich auf. »Lady Zared hat mich aufgefordert, ihr einen Trank zu brauen, den sie ihrem Mann geben kann. Er soll dadurch von solcher Wollust überwältigt werden, daß er ihr nicht mehr widerstehen kann.«
Minutenlang starrte Tearle die Alte an. »Bist du ganz sicher?« fragte er leise. »Sie hat wirklich gesagt, er sei für ihren Mann bestimmt?«
Die Frau brachte ein schwaches Lächeln zustande. »Man ist doch kein dummes Weib mehr, wenn man so alt wird wie ich. Nie würde ich der Gattin eines mächtigen Mannes einen Liebestrank brauen, wenn sie ihn einem anderen als ihrem Ehemann geben wollte. Wäre sie eine Bauersfrau, dann hätte ich es vielleicht getan, aber nicht bei ihr. Ich habe ihr gesagt, wenn sie mich anlügt und den Trank einem anderen Mann als ihrem Gatten zu trinken gibt, werde sie ihr ganzes Leben lang von Unglück verfolgt werden. Da sagte sie ...«
»Heraus damit! Was hat sie gesagt?«
»Sie sagte, daß ihr Mann - also Ihr, Mylord - sie wie ein Kind behandle, noch dazu wie einen halben Jungen. Sie wollte Euch etwas zu trinken geben, das die Wirkung hat, daß Ihr sie danach als Frau anseht.«
Tearle stand auf und machte zwei Schritte zur anderen Seite der Hütte. Mit dem Kopf streifte er an die Unterseite des Strohdachs. Da er der Frau jetzt den Rücken zuwandte, gestattete er sich ein leichtes Lächeln. Sie dachte also, er begehrte sie nicht, wie? Und die ganze Zeit über hatte er sich eingebildet, sie schmachtete nach diesem dümmlichen Colbrand. Sie hatte ihre Gefühle offenbar schnell gewechselt, wie? Aber deswegen wollte
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