Liebe ist staerker als Haß
seiner Überredungskünste bedurfte, um zu erreichen, was er haben wollte. »Soll ich dir sagen, wie sehr ich dich liebe?« fragte er. »Soll ich ein Gedicht auf deine Schönheit machen?« In diesem Augenblick hätte er alles getan, um sie wieder ins Bett zu locken. Mit leiser Stimme sagte er: »Soll ich dir schwören, daß ich deinem Bruder seine Ländereien zurückgebe?«
Zared ließ sich auf dem Fenstersitz nieder. Ihre Miene spiegelte völlige Niedergeschlagenheit wider. Wenn er so etwas versprach, mußte es wirklich ein sehr starker Liebestrank gewesen sein. »Ich habe etwas Unehrenhaftes getan«, sagte sie.
Tearle fuhr kerzengerade im Bett hoch. »Wenn du dich mit einem anderen Mann eingelassen hast, dann töte ich ihn. Kein Mann darf sich nehmen, was mir gehört.«
»Wirst du endlich damit aufhören?« schrie sie fast. »Begreifst du denn nicht, daß du Dinge aussprichst, die du gar nicht sagen willst? Aus dir spricht das Gebräu, das die Hexe angerührt hat.«
Tearle hatte nur Augen für ihren Körper. Darum fiel es ihm schwer, ihren Worten zu folgen. »Du bist also eine Hexe«, murmelte er, stieg aus dem Bett und ging auf sie zu.
Zared sprang auf und lief zur anderen Seite des Gemachs. Auf dem Fußboden lagen seine Kleider in einem unordentlichen Haufen, obenauf sein Messer mit der schmalen Klinge und dem juwelengeschmückten Griff. Sie hob es auf und hielt es hoch, als müsse sie sich damit vor ihm schützen. »Komm nicht näher!« sagte sie.
Es gibt Augenblicke, da könnte man selbst als Mann laut weinen, dachte er. Rötlich schimmerndes Haar fiel ihr über die Schulter bis auf den Rücken. Irgendwie machte sie das Messer in ihrer Hand noch schöner. »Zared, ich will dir alles geben. Sag mir, wonach dein Herz begehrt! Juwelen? Landbesitz? Was willst du haben?«
Zared musterte ihn. Er war splitterfasernackt, und so sah er noch besser aus als in Kleidern. Alles in ihr verlangte danach, von ihm umarmt und gestreichelt zu werden. Aber sie wollte nicht, daß er es tat, nur weil er unter einem Zauberbann stand. Sie warf das Messer auf den Kleiderhaufen. Auch wenn ihn die unbeherrschbare Wollust eines Hexenzaubers antrieb, würde er nie gewalttätig werden. Er würde sie dennoch nicht zwingen, mit ihr zu schlafen.
Es war von ihrer Seite unehrenhaft gewesen, daß sie sich an eine Hexe gewandt hatte. Nun, sie würde sich dem Zauberbann fügen und damit ihre Ehre wiederherstellen. Sie ging an ihm vorbei, ohne ihn zu streifen, und legte sich wieder ins Bett. Dort lag sie steif, die Beine geschlossen, die Arme angelehnt. So schaute sie zu dem Baldachin des Himmelbetts hinauf. »Ich gehöre dir«, sagte sie würdevoll. »Tu mit mir, was du willst!«
Tearle hätte nie erwartet, daß irgend etwas die Flamme seiner Leidenschaft löschen könnte. Doch nun war es geschehen. Manche Männer mochte eine widerspenstige Frau reizen, ihn nicht. Er stand neben dem Bett und sah finster auf sie herab. »Es gibt keine Frau, die einen so in Wut versetzen kann wie du. Dein Verlangen nach mir ist so stark, daß du bereit warst, mich mit dem Trank einer dreckigen Hexe möglicherweise zu vergiften. Aber wenn ich dich dann anrühre, zückst du das Messer gegen mich. Wie soll ich das alles begreifen?« Hilflos hob er die Hände. »Ich wünschte, jemand würde mir erklären, warum Frauen so handeln. Oder ist es nur meine Frau, die ich nicht verstehen kann?«
Zared wandte sich ihm zu: »Du weißt von dem Liebestrank?«
Er zog ein Gesicht. Dann wühlte er unter seinen Kleidern, holte einen kleinen Beutel hervor und warf ihn aufs Bett. »Da ist dein Liebestrank.«
Zared nahm den Beutel in die Hand. »Ich habe die Mischung in den Krug mit Ale geschüttet. Dies kann es also nicht sein.«
»Diesen Mist hätte ich nie getrunken. Wahrscheinlich waren geröstete Froschaugen darin. Oder noch Ekelhafteres.«
Zared öffnete den Beutel, schaute hinein und schnüffelte daran. Der Inhalt roch genauso widerwärtig, wie sie es in Erinnerung hatte. »Wenn dies der Liebestrank ist, den ich gekauft habe«, sagte sie zu Tearle, »was hast du dann getrunken?«
»Minze. Kann ich übrigens auch nicht empfehlen. Paßt überhaupt nicht zu Ale. Ich möchte aber behaupten, daß es immer noch besser schmeckt als der Teufelsdreck, den du mir eingeben wolltest.«
Zared hob den Beutel an. »Wenn du den Liebestrank nicht getrunken hast, was hat dann ... deine nie gekannte Wollust verursacht?«
Tearle wußte nicht, ob er lachen oder sie anschreien sollte.
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