Liebe kommt auf sanften Pfoten
gefräßige Irin. Hör zu, wir machen es folgendermaßen: Ich besorge das Guinness, und du bestellst uns eine Pizza? Mir wäre es recht, wenn ich heute Abend nicht in dieses Irrenhaus zurückmuss. Ich bin sicher, dass im Fernsehen etwas läuft, worüber wir uns ordentlich lustig machen können.«
»Aber das ist doch viel zu kompliziert«, fing Juliet an und hörte sich auf einmal selbst reden. Sie lehnte immer ab und erfand irgendwelche Ausflüchte. Warum eigentlich?
Guinness und Pizza, den Abend vor dem Fernseher mit jemandem verbringen, mit dem man Witze reißen konnte – das klang doch wie eine erstklassige Version ihrer sonst so einsamen Fernsehgewohnheiten. Nur Minton würde dann seinen Platz räumen und auf sein Kissen umziehen müssen.
»Ich gehe mal die Pizzaprospekte suchen«, erwiderte sie schließlich.
»Braves Mädchen.« Lorcan grinste breit und fing an, methodisch seine Sachen zusammenzuräumen.
Das Beste an Lorcan war, stellte Juliet ein paar Stunden später fest, als sie sich mit ihrer Guinnessdose in die weichen Sofakissen fallen ließ, dass er und Minton zu einer Art stillschweigender Übereinkunft gekommen waren.
Der Terrier lag laut schnarchend zwischen ihnen beiden. Sein Kopf ruhte in Platzhirschmanier auf Juliets Bein, während die Hinterpfoten an Lorcans schmalen Hüften lehnten. Völlig ohne Knurren oder misstrauisches Schwanzwedeln.
Diese Brücke hatten sie überquert. Es war ein gutes Zeichen, dass er Lorcan als echten Freund betrachtete. Zweieinhalb Pints Guinness später wurde Juliet richtig gefühlsduselig und wollte dies auch Lorcan erklären.
Was sie auch getan hätte, wenn sein Kopf nicht an ein großes Kissen gelehnt gewesen wäre, seine dunklen Locken dadurch nicht wie ein Heiligenschein um seinen Kopf gepresst worden wären und er nicht mit offenem Mund schwer geatmet hätte, was früher oder später zu einem lauten Schnarchen ausarten würde. Der Adamsapfel war deutlich sichtbar, und auch die leichten Bartstoppeln waren gut zu erkennen, die in ein oder zwei Tagen einen ordentlichen Dreitagebart abgeben würden.
Von den Socken einmal abgesehen sah Lorcan ziemlich Rock ’n’ Roll-mäßig aus, und Juliet konnte sich bildlich vorstellen, wie er im Backstage-Bereich als Roadie arbeitete.
Juliet dachte kurz darüber nach, ihn aufzuwecken, doch dafür fühlte sie sich einfach zu wohl. Denn genau dafür war ihr gemütliches Wohnzimmer gemacht worden. Um nach einer leckeren Pizza in kumpelhaftem Schweigen mit Freunden zusammen einzudösen.
Auf noch viele weitere solcher Abende, prostete sie sich selbst zu und trank einen letzten Schluck Guinness, bevor ihr die Augen zufielen.
21
A m nächsten Tag war es Juliet klar, dass sie mit Michael reden musste. Einerseits über ihre Beziehung (wenn man diese denn als solche bezeichnen konnte), andererseits auch über Damson – und das idealerweise, bevor Louise ihre Meinung änderte und zu ihm zurückkehrte. Diese ganze Affäre war so untypisch für Louise, dass Juliet zum allerersten Mal keine Ahnung hatte, was Louise als Nächstes tun würde. Sie befürchtete tatsächlich, dass Louise Michael erklären könnte, dass er es ihnen beiden schuldig war, mit ihrer tragisch verwitweten Schwester auszugehen, und dass er, nett, wie er war, dies auch tatsächlich tun würde.
Die Sache ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Diane um Rat zu fragen schied natürlich aus, ihre engsten Vertrauten waren immer Ben und Louise gewesen. Juliet besaß nicht mehr viele Freundinnen, und dies war sicherlich kein Thema, das sie mit Kim beim Backen von Cupcakes besprechen konnte.
Wahrscheinlich muss ich gar nichts tun, dachte sie hilflos. Während der Woche sehe ich Michael kaum; an den Tagen, an denen er im Park unterwegs ist, könnte ich diesen einfach meiden. Ich könnte ihm eine Nachricht dalassen: Damson fände es besser, wenn ihre Gassigänge nicht von unserem Privatleben beeinflusst würden.
Gar nichts in dieser Sache zu unternehmen kam ihr aber auch nicht richtig vor. Wenn sie durchgebrannte Sicherungen oder den Steuerbescheid der Gemeinde ignorierte, kam sie auch nicht weiter. In ihrem neuen Leben, in dem sie auf sich allein gestellt war, musste Juliet etwas unternehmen. Selbst wenn es das Falsche war.
Ich werde Emer fragen, überlegte sie. Sie wird bestimmt wissen, was zu tun ist, wenn der Mann, mit dem man ausgeht, heimlich mit deiner verheirateten Schwester geschlafen hat.
Emer besaß die erstaunliche Fähigkeit, einen Skandal schon aus einer
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