Liebe kommt auf sanften Pfoten
Meile Entfernung zu riechen, und schickte daher Florrie und Roisin – Letztere hatte bereits die Ohren neugierig gespitzt – unverzüglich nach oben, um dort mit Spike und ihrem Make-up-Täschchen »David Bowie« zu spielen. Das war die Ablenkung schlechthin, und die Zwillinge warteten nicht erst darauf, bis es sich ihre Mutter wieder anders überlegte.
Emer ließ Juliet in ihrer chaotischen Küche Platz nehmen, schob verschiedene Zeitungen beiseite und knallte zwei winzige Likörgläschen auf den Tisch. Sie waren unter sich, wie Emer erklärte: Alec war in Genf unterwegs, Salvador hatte »Bandprobe«, und Lorcan, der »halbprofessionelle Poolbillard-Abzocker«, war im Pub, wo er in der B-Mannschaft des Fox and Hound Billard spielte.
»Er lässt immer absichtlich ein oder zwei Stöße danebengehen«, beichtete Emer und öffnete eine Flasche Wacholderschnaps. »Er hat keine Lust, sich das Theater mit der A-Mannschaft anzutun. Also, was ist los? Du siehst aus wie ein begossener Pudel.«
Zögerlich und so knapp wie möglich beschrieb Juliet die Situation. Emer nickte immer mal wieder und schenkte Schnaps nach, sobald ein Glas leer war. Für eine Flasche, auf der ein selbst geschriebenes Etikett klebte, war der Inhalt verdammt starkes Zeug. Emer behauptete, den Schnaps selbst gebrannt zu haben nach einem Rezept, das nach eigener Aussage in der EU mittlerweile »wahrscheinlich illegal« war.
»Was soll ich denn jetzt tun?«, schloss Juliet.
»Du könntest zuallererst damit aufhören, in deiner Schwester nur das ehebrecherische Miststück zu sehen.«
»Aber wenn sie doch eines ist!«
»Vielleicht ist sie das, aber das hilft dir doch auch nicht weiter!«, entgegnete Emer. »Die ganze Sache war doch längst vorbei, als du diesen Michael kennengelernt hast, oder etwa nicht? Man weiß nie, was sich so alles in der Ehe anderer Leute abspielt, und wenn man ein Baby hat, dreht man leicht ein wenig am Rad. Ich hatte immerhin vier davon. Frag mal Alec! Obwohl – lass es lieber.«
»Aber man dreht doch nicht so sehr am Rad, dass man hinterher mit irgendeinem Typen aus dem NCT-Elternverein im Bett landet, oder?« Juliet schnaubte.
»Na ja …« Emer wich ihrem Blick aus. »Es gibt da so Momente … Du bekommst das Gefühl, als habe jemand anders die Kontrolle über dein Leben übernommen. Und wenn du dein Leben lang …«
»Eine Vorzeigefrau wie Louise warst …«
»… Verantwortung für dich selbst getragen hast, dann treibt dich das dazu, ganz schön dumme Sachen anzustellen, um zu beweisen, dass du mehr bist als nur eine Milchbar. Hormone sind kraftvolle Drogen«, erklärte Emer und riss dann die Augen weit auf. »Und wenn dann noch der Schlafmangel dazukommt und bestimmte Erschütterungen – wie der Tod eines Schwagers zum Beispiel –, dann passiert es leicht, dass man sich zum Idioten macht. Es ist, als sei man betrunken. Am nächsten Morgen bereut man, was man getan hat, aber im Augenblick, in dem es passiert, kann man nicht anders.«
»Du klingst ganz wie Louise«, stellte Juliet fest. »Sie erzählt mir auch gern, dass ich sie erst verstehen werde, wenn ich selbst mal Kinder habe.«
»Das klingt zwar ziemlich blasiert, ist aber wahr.« Emer seufzte. »Hast du sie gefragt, warum das Ganze passiert ist?«
Juliet spielte an ihrem Schnapsglas herum. Sollte es hier nicht eigentlich um sie gehen? Jetzt drehte sich aber schon wieder alles um Louise. Mit einem Mal verspürte sie erneut diesen vertrauten Ärger darüber, dass sich in ihrer Familie immer alles in diese Richtung entwickelte.
Juliet schüttelte den Kopf. »Könnten wir bitte zum Thema zurückkommen und darüber sprechen, was ich jetzt tun soll?« Sogleich merkte sie, wie weinerlich sie klang. »Wahrscheinlich treffe ich ihn, Michael, morgen wieder im Park. Was soll ich ihm bloß sagen?«
Emer antwortete nicht sofort. Stattdessen starrte sie Juliet auf eine Art und Weise an, die Juliet ziemlich nervig fand. »Na ja, die Sache ist eigentlich ganz einfach. Magst du ihn? Möchtest du ihn wiedersehen?«
»Keine Ahnung.«
»Dann lass es. Der Mann ist vogelfrei; wenn du ihn magst und für eine Beziehung bereit bist, dann würde ich sagen, los, ran an ihn, aber wenn sich dein Interesse derart in Grenzen hält …« Sie zuckte mit den Schultern. »Ich glaube, ich würde mir eher Sorgen darum machen, was mit meiner Schwester los ist.«
»Das beantwortet aber meine Frage nicht, Emer!«
Emer stieß ein ungeduldiges Schnauben aus. »Juliet, ich weiß, dass
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