Liebe kommt auf sanften Pfoten
schlief. »Weck Toby bitte nicht auf.«
»Ich hole mir nur noch ein paar von meinen Sachen«, erwiderte er in einem wütenden Flüsterton.
»Bitte tu das nicht«, flehte Louise ihn an. »Komm nach Hause. Wir können über alles reden und das Problem lösen. Ich habe eine Therapeutin gefunden. Da können wir …«
Peter wirbelte zu ihr herum und starrte sie böse an. Selbst noch im Dunkeln war seine Wut nicht zu übersehen. »Ich ertrage es nicht, hier zu sein. Die ganze Stadt hat meine Frau gesehen, wie sie einem anderen Mann tief in die Augen schaut. Und du willst, dass ich hierbleibe und einen auf glückliche Familie mache? Louise, du kannst vielleicht die meisten Dinge in deinem Leben organisieren. Aber meine Gefühle kannst du nicht regeln.«
Louise taumelte zurück, und Peter lief ins Schlafzimmer hinauf, wo er Socken und Unterwäsche in seine Squashtasche stopfte – Socken, die sie zusammengefaltet und ordentlich in das Wabensystem einsortiert hatte.
»Morgen Abend nach der Arbeit komme ich vorbei, um Toby zu sehen«, fuhr Peter fort. »Ich will nicht, dass er unter der Situation zu leiden hat. Wenn du in der Zeit ausgehen willst, wäre das prima.«
»Ich möchte aber nicht ausgehen«, entgegnete sie. »Ich will, dass wir miteinander reden.«
»Das will ich aber nicht. Zumindest nicht, bis ich weiß, was ich denken soll.« Er ging zum Kleiderschrank hinüber und packte einen Armvoll Hemden samt Kleiderbügel in seinen Koffer. Die Bügel waren Louises Zugeständnis an die wenige Zeit, die ihr zum Bügeln blieb. Vor Tobys Geburt hatten Peters Hemden immer ordentlich gefaltet in seinen Schubladen gelegen.
»Bleibst du bei Hugh? Weiß er Bescheid? Was hast du ihm gesagt?«
»Das ist doch jetzt wohl nicht dein Ernst, Louise, oder?« Peter drehte sich um und starrte sie verächtlich an. »Ist das das Einzige, worüber du dir Sorgen machst? Was die anderen Leute über unsere Ehe denken könnten? Findest du nicht, dass es dafür vielleicht ein wenig zu spät ist, nachdem die ganze Stadt sich mit eigenen Augen von der Affäre überzeugen konnte?«
»Niemand wird wissen, dass ich das war«, flehte sie. »Wenn es so offensichtlich gewesen wäre, dann hätte irgendwer wohl schon etwas gesagt …« Aber nicht einmal sie selbst war von ihren Worten überzeugt, und er wusste es.
Aus Tobys Zimmer erklang ein Murren, das sich erfahrungsgemäß gleich zu einem Geschrei steigern würde.
»Geh nicht zu ihm«, bat Louise. »Es wird ihn vollkommen verunsichern, dich jetzt zu sehen. Lass mich das machen.«
Einen Moment lang hatte sie das Gefühl, dass Peter sehr wohl zu Toby gehen wollte, um ihr zu trotzen, doch dann schien er es sich anders überlegt zu haben.
»Vielleicht bis morgen«, erklärte er und widmete sich wieder seiner Kleidung.
Louise ging ins Kinderzimmer, um ihren Sohn zu beruhigen.
26
D ie Herbsttage wurden kürzer, während Juliets Zeitplan immer enger wurde, indem sie versuchte, alle Gassi-Verpflichtungen in das kleiner werdende Zeitfenster des Tageslichts zwischen nebeligen Vormittagen und dunklen Nachmittagen zu pressen.
Die Leute behaupteten, es würde ein weißer Winter werden. Juliet musste sich mit jedem Tag wärmer anziehen, wenn sie mit ihrer Wollmütze, dem dicken Mantel und den warmen Socken in ihren Stiefeln, die sie vor der Kälte schützen sollten, durch die gefrorenen Felder spazierte. Ganz gleich wie das Wetter ausfiel – die Möglichkeit, zu Hause im Warmen zu bleiben, gab es nicht. Je dunkler und kälter es wurde, desto mehr Anrufe bekam sie von Hundebesitzern, die lieber bei wärmeren Temperaturen mit ihrem Hund Gassi gingen. Doch Juliet hatte mit ihrem bereits bestehenden Kundenstamm so viel zu tun, dass sie neue Aufträge nur annahm, wenn ihre täglichen Kunden dies zuließen.
Minton, Hector, Coco und Damson waren Nieselregen oder eiskalte Novemberluft egal. Sie bellten die weißen Fahnen an, die ihnen aus dem Maul wehten, nachdem sie eifrig den geworfenen Bällen hinterhergejagt waren. Aber auch Juliet merkte nach kurzer Zeit, dass ihr das Wetter fast nichts mehr ausmachte. Hätte es die Hunde nicht gegeben, wären ihr die rostfarbenen Farbtöne des Herbstes in den Wäldern gar nicht aufgefallen, und sie hätte sich wahrscheinlich auch niemals über die knackenden Zweige unter ihren Sohlen gefreut, wenn sie weit und breit die einzige Spaziergängerin war.
Allerdings nahm sie an, dass sie wahrscheinlich auch auf die große Mühe der Stadtgärtner im Park hätte aufmerksam
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