Liebe kommt auf sanften Pfoten
seinerseits zu Lorcan hinaufstarrte. Seine Gefühle schienen recht klar zu sein.
Lorcans Lächeln wurde noch breiter und spiegelte sich in seinen strahlend blauen Augen wider. Diese funkelten kokett. »Chaos? Das stört mich nicht. Daran bin ich gewöhnt. Wenn man allein ist, wen stört’s dann, wie das Spülbecken aussieht? Jede Trennung hat auch ihr Gutes, nicht wahr? Wenn du uns eine Flasche Wein aufmachst, dann …«
Juliet erstarrte. Es war nur eine beiläufige Bemerkung gewesen, doch ihr kam sie wie ein Schlag ins Gesicht vor. Wenn man allein ist? Woher wusste er das? Hatte Emer nebenan ihm etwa erzählt, dass Ben ausgezogen war?
Eiskalt lief es ihr den Rücken hinunter, als ihr plötzlich ein ganz anderer Gedanke kam. Wollte Lorcan sie etwa anmachen? Hatte Minton das eben schon gespürt? Dass da jemand versuchte, Bens Platz einzunehmen?
O Gott, wie verdreht war sie eigentlich?
»Nein«, erwiderte sie schnell. »Ich denke, das ist keine gute Idee.« Ihre Stimme klang steif und angespannt.
Lorcan schien verwirrt zu sein. »Entschuldigung, habe ich etwas Falsches gesagt?«
»Ich habe keine Trennung hinter mir.« Juliet schlang die Arme um ihren Oberkörper. »Mein Mann ist gestorben. Ich bin Witwe. Mein Mann Ben und ich, wir waren fünfzehn Jahre lang zusammen. Ich wünschte, ich wäre sitzengelassen worden, dann bestünde immerhin noch die Chance, dass ich ihn zurückbekommen könnte.«
»O Mann, ich wusste nicht, dass …«
Juliet war es egal, welche Gefühlsregungen gerade an Lorcans Miene abzulesen waren. Sie schritt schnurstracks zur Tür und öffnete sie für ihn.
»Danke, dass du dich um die Sicherungen gekümmert hast«, erklärte sie und hielt den Blick starr auf die viktorianischen Fliesen im Schachbrettmuster gerichtet. Sie waren fast brandneu, da ein verdreckter Teppichbelag sie jahrelang vor allen Einflüssen geschützt hatte, und gehörten zu den wenigen Dingen im Haus, bei denen Juliet nicht gleich den Mut verlor.
Lorcan ging hinaus, drehte sich jedoch auf der Treppe noch einmal zu ihr um. »Emer wusste nichts davon«, entschuldigte er sich. »Sie hatte einfach angenommen, dass …«
»Dass ich noch zu jung bin, um eine Witwe zu sein? Oder dafür nicht traurig genug bin?« Juliet wusste, wie unfair es war, ihre Verbitterung an ihm auszulassen, zumal er so nett zu ihr gewesen war. Doch sie konnte nicht aufhören, in ihrem Inneren schäumten die Gefühle über.
»Na ja, jetzt wissen wir Bescheid«, erwiderte Lorcan schlicht. »Es tut mir leid, dass du deinen Mann verloren hast.« Er ging ein paar Schritte den Weg hinunter, bevor er sich ein letztes Mal umdrehte. »Du weißt, dass du bei uns jederzeit herzlich willkommen bist. Egal, ob du reden oder einfach nur einen Tee trinken möchtest. Ich bin sicher, dass sich Emer über eine erwachsene Gesprächspartnerin sehr freuen würde.«
»Ich werde darauf zurückkommen«, erwiderte Juliet, doch sie hatte keine Absicht, diese Einladung jemals tatsächlich anzunehmen.
5
L ouise war bewusst, dass sie ihr ehrgeiziges Streben nach Qualifikationen und Abschlüssen von ihrem Vater geerbt hatte, doch sie hoffte inständig, dass sie nicht die störenden Gene ihrer Mutter abbekommen hatte.
Gerade als sie unterwegs war, um vor Gericht einige Anzeigen wegen öffentlicher Ruhestörung zu verhandeln, hatte Diane sie auf ihrem Handy angerufen und sich über Juliets Baustellenbad aufgeregt.
»Wir müssen dafür sorgen, dass Juliet eine anständige Dusche bekommt«, hatte Diane erklärt. »Ich habe schlaflose Nächte, weil sie nur eine Wanne hat. In so einer Wanne kann alles Mögliche passieren! Ruf mich an, wenn du wieder zurück bist! Wir müssen einen Plan schmieden.«
Darum saß sie nun, um zehn vor sieben, immer noch in ihrem Anzug vor dem Laptop – Toby auf ihren Knien – und suchte nach Badezimmerarmaturen, während sich Diane am Telefon um Juliets sanitäre Einrichtung sorgte.
»Ben hat einmal erwähnt, dass sie nach original viktorianischen Armaturen suchen wollten, damit alles zum Stil des Hauses passt«, erinnerte sich Louise, während sie sich durch einige sehr hübsche kupferne Duschköpfe mit schweren emaillierten Drehknöpfen klickte. »Bevor er … du weißt schon.«
»Aber funktionieren die denn auch? Ich will nicht, dass sie in einem schäbigen alten Antikladen wohnt, wo nichts funktioniert, nur weil es schön aussieht!«
»Nein, Mum, das sind doch heutzutage alles Nachbildungen.« Diane redete über Juliet, als sei sie immer
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