Liebe kommt auf sanften Pfoten
niemals zu den superbeliebten Mädchen gehören oder mit einer süßen zerzausten Mähne wie Juliet herumlaufen, doch Louise war glücklich mit den Sicherheiten, die ihr Leben ihr bot. Ihr erklärtes Ziel war es, eine glücklich verheiratete Mutter zu werden wie ihre eigene Mum, jedoch in Kombination mit einem interessanten Job wie ihr Dad.
In den folgenden Jahren veränderte sich nicht viel: Sie fand einen Beruf, mit dem sie alle »Ich brauche Ordnung«-Kästchen abhaken konnte, sowie einen Ehemann, der sie innerlich auf eine überraschend chaotische Art und Weise dahinschmelzen ließ, aber ihre Vorliebe für ein penibel sauberes Bad genauso sehr schätzte wie sie selbst.
Aber das war vor Tobys Geburt gewesen. In einem Zeitraum von zwei Jahren waren Dinge geschehen, die jede ihrer Anschauungen und Prämissen durchbrochen hatten. Die bittere Wahrheit war, dass Louise mittlerweile keine Ahnung mehr hatte, wer sie überhaupt war.
Die ersten Veränderungen hatten begonnen, als auf dem Schwangerschaftstest der zweite blaue Balken sichtbar geworden war – gerade zwei Monate, nachdem Peter und sie beschlossen hatten, dass sie alle ersehnten Ferienziele bereist hatten und nun bereit für ein Baby wären. Louise hatte zuvor stets angenommen, diese Nachricht ruhig und gelassen aufzunehmen, doch tatsächlich hatte sie nichts als Panik verspürt. Während Peter sie immer noch umarmte und weinte, hatte Louise gemerkt, wie sie ein neuer Mensch wurde. Einerseits war sie immer noch sie selbst, aber da war gleichzeitig auch dieses andere Ich. Sie war wichtig, doch im Gegensatz zu dem Leben, das sich in ihr entwickelte und heranreifte, sollte sie von nun an nur noch eine untergeordnete Rolle spielen.
Louise hatte einige Versuche unternommen, Peter diese merkwürdige Empfindung zu erklären, doch seine Antwort hatte stets nur gelautet: »Für mich wirst du immer die Nummer eins sein!«, was in ihren Augen jedoch nicht der Punkt war.
Da half es auch wenig, dass ihre Schwangerschaft zeitlich mit dem Verkauf eines Techmate-Produkts an ein größeres Softwareunternehmen zusammenfiel, was einen immensen Durchbruch für die kleine Firma bedeutete. Peter wurde praktisch über Nacht vom Designer zum Unternehmenschef, was eine Verdoppelung seiner Arbeitszeit zur Folge hatte. Zwar hatte er es geschafft, sie zu beiden Ultraschalluntersuchungen zu begleiten, doch dabei hatte er fast mehr Zeit damit verbracht, das Ultraschallgerät unter die Lupe zu nehmen, als sich Toby auf dem Bildschirm anzusehen. Der Geschäftsdeal hatte zum Zeitpunkt ihrer Niederkunft einen heiklen Punkt erreicht, sodass in den folgenden Wochen Peters Elternzeit so drastisch gekürzt wurde, dass er Louise manchmal versehentlich »Jason« nannte, wenn er hundemüde mit seinen Ohrstöpseln ins Bett fiel.
Louise hingegen wollte sich nicht eingestehen, dass sie einen Tag, den sie mit Toby allein verbrachte, als anstrengender und frustrierender empfand als eine volle Verhandlungswoche vor Gericht. Hätte es den Elternverein des National Childbirth Trust NCT nicht gegeben, dann wäre Louise wahrscheinlich verrückt geworden. Nach der Geburt der Babys war man in Kontakt miteinander geblieben und hatte die Treffen hauptsächlich als Entschuldigung dafür aufrechterhalten, aus dem Haus herauszukommen. Zudem waren die Mittagessen mit den Müttern vom NCT wirklich lustig gewesen. Mit Ausnahme von Bio-Karen, die mit wirklich jedem in Streit geriet, einschließlich des Chirurgen, der ihren Kaiserschnitt ausgeführt hatte, gehörten ansonsten nur äußerst nette, normale Frauen zur Gruppe.
Da gab es zum Beispiel Rachel, die ursprünglich aus London stammte, seit einiger Zeit die Auffangstation für Hunde leitete und ganz selbstverständlich Gummistiefel mit Nagellack von Chanel kombinierte. Sie war immer noch überrascht, Mutter geworden zu sein. Paula war Physiotherapeutin in der Privatklinik; ihr Töchterchen Nummer vier hatte am gleichen Tag wie Toby das Licht der Welt erblickt. Paula brachte alle dazu, Beckenbodengymnastik zu absolvieren. Susie hatte sich dafür entschieden, als frischgebackene Mum zu Hause zu bleiben. Ihr Baby war ein wirkliches Wunder, da sie nur einen halben Eileiter besaß.
Und dann gab es dort noch Michael, eine echte Rarität – den einzigen NCT-Dad. Zu Beginn war er noch mit seiner Partnerin, Anna, zu den Treffen gekommen. Doch irgendwann war Anna dann immer öfter fortgeblieben. Sie schien sehr gestresst zu sein und schloss sich nie dem kollektiven
Weitere Kostenlose Bücher