Liebe kommt auf sanften Pfoten
fröhlich. »Wie geht’s dir?«
»Gut.«
»Was machst du gerade? Ist alles in Ordnung?«
Juliet sah Hector an und verdrehte die Augen. Sie könnte auch gut und gerne ohne dieses ewige Quiz auskommen, das jedes Mal stattfand, wenn ihre Mutter oder Louise sie anriefen. Sollte sie je über den Einsatz einer scharfen Messerklinge in Kombination mit einer Flasche Gin nachdenken, würde sie ihnen wohl kaum vorher davon berichten. »Ich gehe mit den Hunden Gassi.«
»Oh, du bist unterwegs! Das ist toll! Hör mal, hast du am Freitagabend Zeit?«
»Nein, ich fahre für eine Übernachtung mit Frühstück nach Paris«, erwiderte Juliet sarkastisch. »Natürlich habe ich Zeit.«
Sie ahnte, worauf das Ganze hinauslaufen sollte. War dies wieder eine von Louises Einladungen zum Abendessen, um »ein paar neue Gesichter« kennenzulernen? Wie viele ungebundene Computerfreaks gab es eigentlich in einer so kleinen Stadt?
»Hättest du Lust, herzukommen und ein wenig Zeit mit Toby zu verbringen?«, fragte Louise. »Peter hat mich zu einem Abendessen eingeladen.«
Die Einwände gegen Dates flimmerten vor Juliets Augen auf wie ein Abspann im Kino – Ich bin dazu noch nicht bereit; ich habe nichts, worüber ich mich unterhalten könnte; es käme mir vor, als würde ich Ben betrügen .
Toby? Louise hatte sie noch nie gefragt, ob sie auf Toby aufpassen würde.
Wichtiger noch: Peter führte Louise zum Essen aus?
»Du meinst, ob ich den Babysitter für Toby spielen will?« Sie zog Minton zurück, der gerade eine zusammengeknüllte KFC-Tüte eifrig untersuchte.
Es entstand eine Pause am anderen Ende der Leitung, und Juliet war klar, dass Louise sich am liebsten dafür ohrfeigen würde, ihre Karten offen auf den Tisch gelegt zu haben. Offensichtlich war sie noch nicht wieder in bester Form, feixte Juliet.
»Na ja, stimmt. Aber er fände es wirklich toll, wenn seine Tante auf ihn aufpassen würde. Du kannst auch gern früher kommen und mir dabei helfen, ihn zu baden und hinzulegen, wenn du magst. Das heißt, es wäre nett«, fügte Louise in der Absicht hinzu, einen Rückzieher zu machen. Doch dazu war es nun bereits zu spät. »Aber du musst nicht, wenn du nicht willst.«
Juliet antwortete nicht gleich, und das nicht nur, weil sie es genoss, dass sich ihre Schwester unbehaglich fühlte. Sie mochte Toby, und er war keinesfalls so ein Wildfang wie die Kelly-Kinder, aber sie traute ihren eigenen Fähigkeiten, auf ein Kleinkind aufzupassen, nicht so recht. Wie viel Schaden konnte er sich selbst zufügen?
Du könntest jederzeit schnell mit ihm zu Emer gehen, hob eine Stimme in ihrem Hinterkopf hervor.
Emer und Juliet waren zu einer Phase der zögerlichen gegenseitigen Besuche übergegangen, nachdem sich Emer vor ein paar Tagen selbst zu einer Tasse Kaffee bei Juliet eingeladen und eine Schachtel Kekse mitgebracht hatte, die sie »eigentlich gar nicht essen durfte«. Sie war dann geschlagene drei Stunden geblieben und hatte Juliet davon erzählt, wie sie Hemden für verschiedene Britpoplegenden gewaschen hatte, bis Roisin kam, um sie abzuholen. Minton hatte sich neben ihren nackten Füßen mit den grün lackierten Fußnägeln zusammengerollt; ein gutes Zeichen.
Vielleicht lag es an dieser Date-Sache. Beim letzten Mal, als Louise und sie sich unterhalten hatten – vor Bens Tod –, war Peters fehlendes Interesse, was das gemeinsame Ausgehen anging, ein … na ja, ein echtes Problem gewesen. Hatte sich da etwas verändert?
Ja , natürlich, erinnerte sie sich. Bens Tod hatte wahrscheinlich Peters und Louises Ehe ebenso belebt, wie er ihre Ehe zerstört hatte. Ein weiterer von vielen schrecklichen Nebeneffekten der Ungerechtigkeit, mit der sie leben musste und die jeder als eine Art hilfreiche Carpe-diem -Lektion zu nutzen schien.
»Ich muss um sechs Uhr zu Mrs Cox, um ihre Katzen zu füttern.«
»Dann komm doch einfach danach vorbei«, erwiderte Louise. »Woher wollen die Katzen wissen, ob es sechs Uhr ist? Haben sie Armbanduhren?«
»Sie haben ihren festen Tagesablauf«, entgegnete Juliet. Sie betrachtete einen Baum, der, seit sie das letzte Mal an ihm vorbeigegangen war, in voller Blüte stand; Wahnsinn, wie ungeduldig die Natur sein konnte. Ich muss unbedingt Ben fragen, was das für ein …
»Kannst du nicht Peters Mum fragen?«, platzte es aus ihr heraus, damit dieser Gedanke erst gar keine Chance bekam, weiter zu reifen.
»Das könnte ich, aber es wäre mir lieber, wenn du es tun würdest«, erklärte Louise überraschend.
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