Liebe kommt auf sanften Pfoten
hatte.
»Also, wenn du vielleicht mal mit uns in den Pub kommen willst, dann …«, bot er an.
»Schon gut«, entgegnete Juliet, die sich nicht dazwischendrängen wollte. Emer und sie trafen sich zwar mittlerweile fast täglich zu einer Tasse Kaffee und tauschten sich über den neuesten Tratsch aus (wobei Emer eindeutig mehr zu berichten hatte; Juliets Beiträge drehten sich meist nur darum, wer Billigfutter aus dem Supermarkt für seine Lieblinge kaufte). Doch ihr war es nach wie vor immer noch ein wenig unangenehm, sich in das Familienleben der Nachbarn zu drängen. So wie sie Emers Begeisterung für Lärm und Alkohol kannte, war sie sich nicht sicher, ob sie dafür schon bereit war. »Ich bin nicht so für Leprechauns … und … grünes Bier zu haben.«
»Die Iren gehen nicht nur in den Pub«, erwiderte Lorcan ein wenig eingeschnappt, »essen Kartoffeln und trinken Guinness und kämpfen gegeneinander.«
»Das war ein Witz.«
»Oh. Tut mir leid. Das habe ich nicht gemerkt – man begegnet ja immer wieder diesen stereotypen Vorurteilen. Du bist jedenfalls herzlich eingeladen. Du musst auch nicht Riverdance tanzen.«
»Nicht? Schade! Nein, ganz ehrlich, das ist schon okay.« Juliet presste ihre Fliese in den Fliesenkleber. Lorcan gab sich wirklich Mühe, nett zu sein, das wusste sie. Sie hoffe nur, dass er dabei keinen Hintergedanken hegte. »Ich würde lieber hierbleiben und Tapeten abkratzen. Hattest du nicht gesagt, dass die Wände vor dem Streichen noch vorbereitet werden müssten?«
»Na gut, ich gebe mich geschlagen.«
Es entstand eine weitere Pause, die von De Dannan gefüllt wurde. Angesichts der relativ frühen Uhrzeit hatte Lorcan eine Auswahl an irischer Folkmusik mitgebracht, die nun während des Fliesenlegens anstatt seiner aggressiveren Rockmusik lief. Solch eine Musik hatte Juliet noch nie gehört, und sie war sich auch nicht sicher, ob die Sängerin überhaupt auf Englisch sang, aber insgesamt gefiel es ihr eigentlich ganz gut.
»Als Ben noch lebte, bist du da am Wochenende öfter rausgegangen?«, fragte Lorcan. »Wart ihr Musikfans? Oder seid ihr lieber zum Essen oder regelmäßig ins Theater gegangen?«
Er sprach nicht in diesem Flüsterton, den die meisten Leute benutzten, wenn sie sich nach Ben erkundigten – wenn sie es denn überhaupt taten.
»Das kam ganz darauf an«, erwiderte Juliet und freute sich, über Ben sprechen zu können. »Die Samstage waren oft ein wenig kompliziert, wenn Kim und ich eine Hochzeit hatten, für die wir abends das Catering organisieren mussten. Aber sonntags sind wir immer zusammen ausgegangen. Dann haben wir lange Spaziergänge mit Minton unternommen, draußen auf dem Land in einem Pub zu Mittag gegessen oder in der Stadt gebruncht. Wir haben uns einen eigenen Stadtführer zugelegt, in dem wir notiert haben, wohin wir mit Hund gehen konnten.«
»Cool. Den solltest du veröffentlichen.« Lorcan brachte neben seiner Fliese geschickt ein paar Abstandhalter an.
Juliet lächelte und nahm sich eine weitere Fliese. »Vielleicht sollte ich das wirklich tun«, antwortete sie, doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass sie das Notizbuch nicht öffnen wollte, weil ihr Blick dann auf Bens unordentliche Handschrift, seine entschlossenen, aber fairen Bewertungen zwischen eins und zehn sowie auf ihre eigenen entsetzten Korrekturen fallen würde.
»Das klingt, als hättet ihr beide ziemlich hart gearbeitet«, fuhr Lorcan fort. »Seid ihr in eurer Freizeit viel gereist?«
Juliet hätte die Frage am liebsten bejaht, damit sie beide nicht so langweilig erschienen, doch wieder konnte sie nicht flunkern. »Das ist schwierig, wenn man selbstständig ist. Wir hatten geplant, dieses Jahr für eine längere Zeit nach Australien zu reisen, um dort meinen Bruder Ian und seine Frau zu besuchen.« Juliet hielt inne und strich über die scharfe Kante der Glasfliese. Es fühlte sich seltsam an, Lorcan von etwas zu erzählen, das eigentlich geplant gewesen war, nun aber doch nicht stattfand. Dieses Ereignis lag gleichzeitig in der Zukunft und in der Vergangenheit, wie so vieles in ihrem Leben.
Juliet fuhr fort: »Wir hatten angefangen, Geld für die Flugtickets zurückzulegen. Deswegen hatte er zusätzliche Gartenarbeiten übernommen, um sich das leisten zu können. Dieser Urlaub sollte wie zweite Flitterwochen werden. Unsere eigentlichen Flitterwochen haben wir in New York verbracht«, fügte sie hinzu.
»Coole Stadt. Aber die Sache mit Australien ist wirklich schade. Hattet
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