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Liebe läßt alle Blumen blühen

Liebe läßt alle Blumen blühen

Titel: Liebe läßt alle Blumen blühen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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breitete die Arme aus. Ihre Lippen zuckten. »Komm ganz schnell …«
    Später schraken sie hoch, saßen im Bett und lauschten. Von draußen hörte man ein fremdes, unerklärliches klapperndes Geräusch.
    »Das ist ein Pferd«, sagte Ludwig leise. »Jemand führt ein Pferd über den Hof. Wie spät ist es?«
    Kathinka griff nach ihrer Uhr. »Gleich vier Uhr. Wer reitet denn um diese Zeit …?«
    »Das sehe ich mir an.«
    Ludwig Zipka sprang aus dem Bett, lief ans Fenster und spähte durch die Gardine in die Nacht. Er sah nur zwei Schatten – ein Pferd, das von einem Mann geführt wurde. Am Tor schwang sich der Reiter in den Sattel und trabte in die Dunkelheit hinaus. Er war nicht zu erkennen, aber für Zipka war dennoch alles klar. »Dein Marquis!« sagte er am Fenster. »Reitet davon wie Don Quichotte.«
    »Mitten in der Nacht?«
    »Ich wußte nicht, daß Mondsüchtige auch reiten können. Nun, eben eine neue Form von Somnambulismus.« Er kam zurück ins Zimmer und lehnte sich gegen das Bett. »Hier ist etwas faul, Tinka!« sagte er dann ernst. »Niemand reitet nachts um ein Uhr durch die Gegend, ohne einen verdammt wichtigen Grund zu haben! Ich möchte zu gern wissen, was wir damit zu tun haben.«
    »Wir ziehen morgen in die Mühle zurück, Wig.«
    »Bravo! Dann wird sich zeigen, ob er uns ziehen läßt!«
    »Und wenn nicht?«
    »Dann geht hier einiges zu Bruch.«
    »Wir werden den kürzeren ziehen, Wig. Sie sind in der Überzahl. Weißt du, wen er alles mobilisieren kann?« Kathinka sprang aus dem Bett und griff nach ihrer Wäsche. »Der Marquis ist weg. Das ist die beste Gelegenheit, auch wegzulaufen!«
    »Unmöglich.« Zipka zeigte mit dem Daumen zum Fenster. »Draußen laufen die Bluthunde herum. Vor denen kapituliere selbst ich …«

12
    Raoul de Formentiére erreichte die Moulin St. Jacques eine halbe Stunde später. Er gab sich keine besondere Mühe, leise zu sein, denn er würde niemandem begegnen. Um diese Zeit lag Sergeant Emile Andratte selig schnarchend in seinem Bett, von der Ansicht gewiegt, daß nächtliche Streifen im Gebiet von Mas d'Agon eine reine Idiotie seien. Hier, im Herzen der Camargue, gab es nichts, was wert wäre, nachts gesetzwidrig mitgenommen zu werden. Hier klaute keiner Pferde, weil Hunde darauf aufpaßten. An die schwarzen Stiere wagte sich sowieso kein Mensch, denn eine wegdonnernde Herde würde sofort die Gardians aufwecken; und ein einzelner Stier, wild aufgewachsen, würde nie in einen Transporter zu verfrachten sein – eher ging der ganze Wagen in Trümmer.
    Vor drei Jahren war es einmal vorgekommen, daß man drei Stiere auf der Weide abgestochen und zerlegt abtransportiert hatte. Aber dieser Fall wurde von Arles aus rasch gelöst, als der Fleischermeister René Lapoche seinen Lieferwagen in die Autoreparaturwerkstatt brachte und ein Stück Stierfell in einer Ritze gefunden wurde. Da man im Schlachthof nur Fleisch ohne Fell kaufen kann – und Lapoche kaufte im Schlachthof seinen Bedarf –, lud man ihn höflich zu einer Aussprache ins Polizeigebäude, legte ihm das Fellstück vor und sagte freundschaftlich: »Es liegt bei dir, Lapoche. Entweder gestehst du, oder wir bringen dich zur Weide, wo die Stiere geschlachtet wurden.«
    Lapoche wurde blaß. Er dachte an die Gardians, die ihn dort erwarten würden, und er gab sich keinen Illusionen hin, was man mit ihm anstellen würde. So gestand er.
    Er fand sogar einen milden Richter, weil er nachweisen konnte, daß er mehr Geld brauchte, als er in seiner Fleischerei verdienen konnte. Er hatte ein feuriges Mädchen mit Zigeunerblut in St. Gilles – und so etwas kostet eben Geld. Der Richter vernahm auch die Ehefrau von Lapoche, betrachtete sie und fühlte eine tiefe Kameradschaft zu dem Angeklagten in seiner gleichfalls männlichen Seele. Er verurteilte Lapoche unter Zubilligung mildernder Umstände zu zwei Monaten Haft mit Bewährung und zur Zahlung von 5.000 Francs für das Waisenhaus von Arles.
    Es gab also keine nächtlichen Polizeistreifen bei Mas d'Agon. Wanderer waren um diese Zeit gleichfalls ungewöhnlich – und auch kein Auto verirrte sich nachts hierher. Der Marquis de Formentiére konnte ungehindert und im leichten Jagdtrab zur Mühle reiten.
    Dort war aber – entgegen der Absprache, ab Mitternacht im linken oberen Fenster eine kleine Kerze brennen zu lassen – alles dunkel. Der Marquis hielt sein Pferd an, musterte die dunkle Mühle und ritt dann vorsichtig näher. Das letzte Stück ging er schließlich zu Fuß.

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