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Liebe, lebenslänglich

Liebe, lebenslänglich

Titel: Liebe, lebenslänglich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula von Arx
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verstehe, weder im Moment noch danach. Sie habe zu jener Zeit tatsächlich die Muster ihres Vaters übernommen – auch sie fing an, ihre Kinder anzuschreien und zu schlagen. Heute tut ihr das leid. Ein Psychologe sagte ihr, sie solle aufhören, sich mit Schuldgefühlen zu beladen, denn jeder könne nur so gut erziehen, wie er selbst erzogen worden sei. Das gab ihr Trost. Sie weiß heute aber auch, dass man sich aus schlechten Traditionen lösen kann. Ihr zweiter Mann half ihr dabei. Seine Güte färbte auf sie und ihr Verhalten den Kindern gegenüber ab.
    Natürlich fragt sie sich dennoch, was ihre erste Ehe und ihre damalige Verfassung in William bewirkt haben, ob sein Suchen und die Distanz ihren Ursprung in diesen frühen Jahren haben könnten. Eine Frage, die sich nicht beantworten lässt und die sie doch mit sich herumträgt. Am Ende ihrer ersten Ehe fühlte sie sich nur noch überfordert, allein und hoffnungslos. Sie wurde depressiv, sodass ihr die Kraft für fast alles fehlte. Es wurde ihr unmöglich, William in den Kindergarten zu bringen. Petra Krause-Wloch wurde zur Erholung in die Kur geschickt. Dort lernte sie ihren zweiten Mann kennen.
    William Krauses Erinnerungen an die Jahre mit seinem leiblichen Vater sind blass. Er entsinnt sich, dass seine Oma und sein Opa oft im Haus waren und der Vater nicht viel sagte. Und an die Zeit nach der Trennung, als sich sein Vater an den Besuchstagen bemühte, ihm die Wünsche von den Augen abzulesen. Und noch später, wie er sich für seine Eltern fast aufopferte, er pflegte den kranken Opa bis zum Schluss. William fürchtete, sein Vater könnte sich nach dem Tod seiner Eltern nicht mehr fangen. Er ist froh, dass er es schaffte.
    Von der Depression seiner Mutter habe er damals nichts mitbekommen, sagt William Krause. »Dass ich plötzlich allein in den Kindergarten gehen musste, sah ich wohl eher als Aufforderung zur Selbstständigkeit.«
    Doch die Scheidung konnte er nicht so leicht wegstecken. »Als Kind glaubt man, die Eltern bleiben ewig zusammen.« Wenn man dann erfahren müsse, dass dem nicht so sei, breche etwas weg, sagt William Krause: »Schlagartig wird man mit der Härte des Lebens konfrontiert.«
    Petra Krause-Wloch hatte sich immer wieder gefragt, ob sie nicht in ihrer Ehe ausharren müsse, der Kinder wegen. Aber die Psychologin, bei der sie Hilfe suchte, riet ihr, an sich zu denken. Zweifel blieben. Es entlastete sie, als William ihr später einmal sagte, dass er glaube, ihre Entscheidung sei damals für alle das Beste gewesen: »Ich war froh, das zu hören.«
    Als sie sich scheiden ließ, war ihr Sohn sieben Jahre alt. Er sei in dieser Zeit ganz still geworden, erinnert sich Petra Krause-Wloch. Sie hat sich seine Tierliebe zunutze gemacht und ist während dieser Jahre mit ihm zum Reiten gefahren, vierzig Kilometer hin, vierzig wieder zurück. Da hatten sie viel Zeit zu reden. »Das«, sagt Petra Krause-Wloch, »habe ich gut gemacht.«

DAS GEFESSELTE HERZ
    Marlene Nowak (45) musste um alles kämpfen in ihrem Leben. Auch für ihre Tochter legte sie sich enorm ins Zeug. Nur lieben konnte sie sie nie so, wie sie das von sich verlangte. Mit ihrer Magersucht habe sie die starke Mutter an den Rand ihrer Kräfte gebracht, sagt Adriana Nowak (27), und das war wichtig.
    Natürlich hatte es Anzeichen gegeben, sie wollte sie nur nicht wahrhaben. Marlene Nowak erinnert sich, dass ihre Tochter Adriana sie besuchte, um den zweiten Geburtstag ihres Halbbruders Alexander zu feiern. »Sie machte ganz viel Sport, kaufte eine gigantische Torte, buk unzählige Törtchen – und aß nichts davon.« Zwei Monate später besuchte sie ihre Tochter in Berlin und sah, dass sie auffallend dünn war. »Misch dich nicht ein«, antwortete Adriana auf die Frage, was los sei. Wieder zwei Monate später rief ihre Tochter sie an und sagte, sie sei magersüchtig. »Diesen Moment vergesse ich nicht. Man hört ja immer davon, denkt aber nie, dass es einen selber treffen könnte.«
    »Das ist fünf Jahre her«, sagt Adriana Nowak. Ihre Magersucht sei ein Befreiungsprozess gewesen, notwendig und jetzt abgeschlossen: »Mein Leben hing an einem Faden, und ich habe mich für meine alte Fröhlichkeit und Stärke entschieden.«
    Marlene Nowak war achtzehn Jahre alt und schwanger von einem Mann, den sie nicht liebte. Trotzdem wollte sie das Kind, auch aus Trotz ihrer Mutter gegenüber. Sie erzählte ihr nichts, denn sie wusste, sie würde sie zur Abtreibung zwingen. Sie selber nahm ihre

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