Liebe lieber lebenslänglich: Roman (German Edition)
schlage ich immer wieder den Kopf auf meinen Schreibtisch. Es bleibt mir nichts anderes übrig. Der Interessent für Claires Wohnung ist gerade abgesprungen, weil er seine Arbeit verloren hat.
»Du solltest einen Helm aufsetzen.«
Es ist Bob.
»Wo kommst du denn auf einmal her?«
»Ich bin einfach durch die Tür gekommen.«
»Ich achte nicht einmal mehr auf die Tür. Ich bin ein Wrack«, sage ich in theatralischem Ton, aber dann lächle ich. »Freut mich, dich zu sehen. Ich wollte dich ohnehin anrufen. Ich muss dir was erzählen.«
»Pawel ist gerade auf dem Hof, um seine Sachen zu holen. Ich hielt es für besser, mich zu verziehen, statt ihm die Fresse zu polieren. Hast du kurz Zeit für einen Kaffee?«
»Ja, aber ich muss zuerst noch jemandem eine schlechte Nachricht überbringen.«
»Soll ich mitkommen?«
»Ja. Kannst du nicht so tun, als wärst du an der Wohnung interessiert?«
»Für dich tue ich alles, Schwester.«
Wir halten in Bobs Transporter vor Claires Haus, nachdem er sich wie so viele andere geweigert hat, in meinem Wagen mitzufahren. Ich seufze. Es widerstrebt mir unheimlich, das zu tun. Claire hat etwas mehr Glück verdient. Also, wo ist es? Was hält das Glück auf, hm?
»Entschuldigung!«, ruft Claire von der Eingangstür.
»Alles klar, Engelchen?«, ruft Bob zurück.
»Sie können hier nicht parken. Das ist mein Stellplatz.«
Patrick flitzt plötzlich durch ihre Beine hinaus in die Einfahrt. Bob, der gut als Doppelgänger von Bruce Willis durchgehen könnte, springt flink aus dem Wagen, fängt den Kleinen ein, klemmt ihn sich unter den Arm und befördert ihn zurück zu Claire.
»Ich glaube, der gehört Ihnen«, sagt er mit einem Lächeln.
Claire lacht, und mir wird bewusst, dass ich sie schon lange nicht mehr habe lachen gesehen.
»Was hast du denn da auf dem Kopf, Kumpel?«, fragt Bob und nimmt Patrick die Monatsbinde ab. Claire wird rot.
»Sorry. Ich … äh … das ist so eine Phase.«
»Du willst das doch bestimmt nicht auf dem Kopf tragen, Kumpel«, sagt Bob zu dem Kleinen, während er ihn sanft vor seiner Mutter auf den Boden herunterlässt. »Sieh mal, das sieht doof aus«, fährt er fort und legt sich die Binde selbst auf den Kopf. »Und du willst doch bestimmt nicht doof aussehen. Sollen wir sie deiner Mami geben, damit sie sie wegwirft?«
Patrick nickt, und Claire nimmt die Binde und lächelt schüchtern. Ich bleibe im Wagen sitzen, wie gebannt von dem Schauspiel.
»Ich fahre den Wagen weg«, sagt Bob und wendet sich ab.
»Nein, er ist mit mir hier!«, rufe ich, endlich wach geworden. »Claire, das ist Bob. Er möchte sich die Wohnung ansehen.« Ich gehe zu ihr. »Der andere Interessent hat leider abgesagt. Tut mir sehr leid.«
Ihre großen Augen füllen sich mit Tränen, und ihre Unterlippe beginnt zu zittern.
»Dann wollen wir mal sehen, was wir hier haben«, sagt Bob in heiterem Ton. »Vielleicht ist heute ja mein Glückstag. Bis jetzt entspricht das hier genau dem, was ich suche, und die Wohnung hat sogar einen eigenen Stellplatz.«
Wir betreten das Wohnzimmer, das einigermaßen aufgeräumt ist. Die Vorhänge sind aufgezogen. Und es ist keine einzige Pfütze in Sicht.
»Da ist ja noch jemand!«, ruft Bob und zeigt auf Daisy, die auf der Couch sitzt und fernsieht. Patrick hockt sich vor Bobs Füße und starrt zu ihm hoch. »Ist das deine Schwester, Kumpel? Gute Arbeit.« Patrick nickt. »Das hier ist meine Schwester«, sagt Bob und zeigt auf mich.
»Wirklich?«, fragt Claire.
»Na ja, er ist mein Wahlbruder.«
»Ich mache Ihnen keinen Vorwurf«, sagt Claire in Lippensprache zu mir, während Bob mit Patrick zu Daisy hinübergeht. Wir beobachten, wie sich die beiden zu ihr auf die Couch setzen. »Das perfekte Dinner! Ein Klassiker. Bist du die neue Delia?«
»Möchten Sie Kaffee oder Tee, Bob?«
»Tee wäre toll«, antwortet er. »Falls es Ihnen nicht zu viel Mühe macht.«
»Nein, keineswegs.«
Allmählich komme ich mir überflüssig vor. Ich habe das Gefühl, ich sollte mal kurz verschwinden.
»Wo ist die kleine Maus?«, frage ich Claire.
»Im Schlafzimmer.«
»Darf ich kurz zu ihr rein?«
»Sicher.«
Leise betrete ich Claires Schlafzimmer und schleiche mich an das Kinderbett. Die kleine Ruby liegt wach auf dem Rücken, ihren Körper in dem weißen Strampler bequem ausgestreckt. Ihre Augen sind weit geöffnet, und ihr Mund klappt zufrieden auf und zu. Ich betrachte sie und staune über dieses Wunder, während ich eine Hand auf meinen Bauch lege.
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