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Liebe lieber lebenslänglich: Roman (German Edition)

Liebe lieber lebenslänglich: Roman (German Edition)

Titel: Liebe lieber lebenslänglich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy-Anne Holmes
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sie gekommen ist. »Ich weiß nicht«, sagt sie.
    Ich gehe in Dads altes Arbeitszimmer. Dabei versuche ich, nicht auf seine alte Korkpinnwand zu sehen mit all den Fotos von uns und den Postkarten und Eintrittskarten, die dort hängen. Nichts davon ist verblasst, weil Mum hier nie die Jalousien hochzieht. Es ist, als würde man eine dunkle Bühne betreten, auf der ein Stück, das vor zehn Jahren angesetzt wurde, kurz vor der Aufführung steht. Dads alter Computer steht da, wo er immer stand, er macht mittlerweile einen museumsreifen Eindruck. In irgendeiner Schublade liegt noch sein altes Handy. Mein Vater hat das iPhone nicht mehr erlebt, den iPod natürlich auch nicht. Schon seltsam, was für Dinge einen traurig stimmen. Auf dem Schreibtisch liegen keine Briefe, weder geöffnete noch ungeöffnete.
    »Mum, wo bewahrst du die Post auf?«, rufe ich, während ich mit dem Fuß gegen etwas stoße, das unter dem Tisch steht. Ich bücke mich und ziehe einen schweren Karton hervor.
    »Was haben wir denn hier?«, murmle ich.
    Der Karton ist voller Briefe, sie sind alle ungeöffnet.
    Ich setze mich auf Dads Drehstuhl und wühle zwischen den Umschlägen in der Absicht, den Stempel des Kensal Green Cemetery zu entdecken. Aber das gerät rasch in Vergessenheit, als mir bewusst wird, dass es sich hier ausschließlich um formelle, bedrohlich wirkende Briefe handelt. Darunter viele von British Gas mit einem roten Buchstaben im Sichtfenster. Die Worte »Eilt« und »Wichtige Mitteilung« verschwimmen vor meinen Augen.
    »Jesus«, murmle ich.
    Ich nehme die obersten Briefe heraus und stecke sie in meine Handtasche. Ich werde diese Rechnungen für Mum bezahlen, sobald ich dazu komme. Ich wühle weiter nach dem Schreiben von der Friedhofsverwaltung. Es ist nicht da. Vielleicht hat Leonard sich geirrt, und Dads Grab ist gar nicht betroffen.
    »Mum!«, rufe ich und gehe zurück in die Diele. »Mum, ich muss wieder los.«
    »Oh. Tschüss.«
    »Bist du sicher, dass du keinen Brief von der Friedhofsverwaltung bekommen hast?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Dann wird auch nichts gekommen sein. Wir sehen uns dann morgen.«
    Ich warte, ob von ihr etwas kommt wie »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag« oder »Warte kurz, ich will dir noch dein Geschenk geben« oder »Ich hab dich lieb«, aber sie steht einfach nur oben an der Treppe und nickt.

11
    Ich liebe mein Auto, auch wenn es ständig irgendwelche Teile verliert. Letzte Woche war es der Auspuff, in der Woche davor der Außenspiegel. Die Beifahrertür klemmt meistens und lässt sich nicht öffnen, was meinen weniger gelenkigen Kunden Mühe bereitet, weil sie dann auf meiner Seite einsteigen müssen. Ich fahre einen Nissan Micra, den ich mir zu meinem zweiundzwanzigsten Geburtstag selbst geschenkt habe. Er hat damals sechshundertfünfzig Pfund gekostet, und obwohl er mich seitdem schon deutlich mehr gekostet hat, bin ich absolut vernarrt in ihn. Er ist rot und heißt Nina. Das Einzige, wovon ich nicht so sehr begeistert bin, ist das Muster der Sitzbezüge. Es ist gelb gesprenkelt, und man hat mich mehrfach darauf hingewiesen, dass es aussieht wie Erbrochenes, das nicht ganz rausgegangen ist. Die Menschen können so grausam sein. Am meisten liebe ich Ninas Hupe, die ich im Moment wütend bearbeite, weil der verdammte Danny Saunders wohl noch im Pub sitzt, während ich draußen im Wagen warte.
    Bis jetzt hat sich unsere Abfahrt nach Wales um eine Stunde und zwanzig Minuten verzögert. Ich schürze die Lippen und drücke wieder auf die Hupe, und dann noch einmal und noch einmal. Gott, ich liebe meine Hupe. Das ist schon die zweite in diesem Wagen. Die erste habe ich verschlissen. Darauf bin ich sehr stolz.
    Unser Stammlokal ist der beste Pub im ganzen Viertel. Er heißt Carbuncle und ist Gott sei Dank angenehmer, als sein Name vermuten lässt. Das Carbuncle hat eine sehr gute Kneipenküche, müsst ihr wissen, und der Betreiber ist wahrscheinlich der netteste Mensch der Welt. Gäbe es einen Wettbewerb um den Titel »Nettester Mensch im Universum«, würde ich Anton vorschlagen und mein ganzes Geld auf ihn setzen. Ich weiß nicht genau, wie alt er ist, aber ich schätze ihn so um die fünfzig, weil er einen Sohn in meinem Alter hat und weil er viele spannende Dinge erlebt hat.
    Anton war früher jahrelang Roadie von U2, und als er diesen Job an den Nagel hängte, machte er eine Ausstellung, in der er Fotografien präsentierte, die er in all den Jahren von der Band gemacht hatte. Die

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