Liebe lieber lebenslänglich: Roman (German Edition)
Schaufensterfassade ist ein Metallgitter heruntergezogen. Sie ist geschlossen.
» Fermée la porte «, murmle ich leise, was sonderbar ist, da ich dachte, ich hätte alles Französische vergessen.
An der nächsten Straßenecke steht eine Telefonzelle, und ich wanke taumelnd hinüber, wähle die 999 und verlange die Polizei. Die Frau am anderen Ende klingt besorgt, weil ich allein bin, und verspricht mir, dass in Kürze jemand bei mir sein wird.
Ich hoffe, sie hat Recht. Ich will hier wirklich nicht allein sein. Die Straße kommt mir plötzlich sehr feindselig vor. Diese Schweine könnten zurückkommen. Sie haben meinen Autoschlüssel. Sie könnten zurückkommen, um sich den Wagen zu holen. Der Ersatzschlüssel liegt zu Hause. Ich wähle die 100.
»Hallo, Vermittlung.«
»Oh, hallo. Ich bin gerade überfallen worden, und mein ganzes Geld ist weg. Können Sie mir helfen? Können Sie mich mit dem Pub verbinden, in dem mein Freund ist?«
»Ja, ich werde ein R-Gespräch anmelden. Wie heißt der Pub?«
»Vielen Dank.«
»Wie heißt der Pub?«
»Oh, sorry. Er heißt Carbuncle.«
»Gut, und wie ist Ihr Name?«
»Grace Flowers.«
Ich höre ein Tuten, dann plötzlich lauten Lärm und eine Stimme mit australischem Akzent, die brüllt: » HALLO !«
»Ich habe Grace Flowers in der Leitung. Übernehmen Sie die Kosten für das Gespräch?«
Es entsteht eine kurze Pause, in der ich den Hintergrundlärm in der Kneipe hören kann und dann ein lautes Geräusch, das sich anhört, als würde jemand direkt neben den Hörer kotzen.
» ANTON !«, bellt die australische Stimme.
Wieder entsteht eine kleine Pause, und mir wird bewusst, dass das Würgegeräusch von jemandem stammt, der gerade versucht, Elvis Presleys All shook up zu singen.
»Hier spricht Anton.«
»Hallo, ich habe Grace Flowers in der Leitung. Übernehmen Sie die Kosten für das Gespräch?«
»Was? Grace. Ja. Ja, sicher.«
Die Vermittlung legt auf.
»Anton, ich bin überfallen worden. Ich warte auf die Polizei. Kannst du …«
»Wo bist du?«
»Du kennst doch die Abendapotheke auf der Harrow Road, ganz hinten am anderen Ende, gegenüber vom Friedhof.«
»Ich bin in fünf Minuten da.«
»Aber …«
Er legt auf, während nun ein Streifenwagen anhält und ein Polizist und eine Polizistin aussteigen. Ich verlasse langsam die Telefonzelle und fühle mich wie in einer Folge von The Bill .
16
Anton hat weder Danny noch meinen Autoschlüssel mitgebracht. Seine Anwesenheit ist völlig überflüssig, aber ich bin trotzdem wahnsinnig froh, dass er hier ist. Er hat seinen Hund dabei, Keith Moon, und obwohl Keith der gutmütigste Hund auf diesem Planeten ist und keiner Fliege etwas zuleide tun kann, fühle ich mich in seiner Gegenwart gleich viel sicherer.
Hier ist ganz schön was los. Insgesamt drei Polizeiwagen sind im Einsatz. Einer ist bei mir geblieben, einer kurvt herum, um nach den Schweinen Ausschau zu halten, und der dritte ist unterwegs zum Pub, um den Ersatzschlüssel von Danny zu holen, den ich über Antons Handy verständigt habe. Danny klang ziemlich betrunken, also sagte ich ihm, er soll nicht kommen. Das Letzte, was ich jetzt gebrauchen kann, ist ein stinkbesoffener Danny, der Selbstgedrehte qualmt und mir immer wieder erklärt, dass er Bock auf einen Kebab habe. Ich kann nicht sauer auf ihn sein. Ich übernehme die volle Verantwortung für seinen Rausch, schließlich hatte er heute nicht viel zu tun, außer sein Weinglas zu leeren, während ich mit Mum herumdiskutierte.
Einer der Polizisten hat per Funk einen Notarzt gerufen, und so durfte ich in einem echten Krankenwagen sitzen, wo man mich verarztete. Ich kam mir vor wie in einer Krankenhausserie, obwohl der Reiz des Neuen schnell verflog, als man mir einen dicken Verband um den Kopf wickelte. Das ist aber noch nicht das Schlimmste. Mein Gesicht ist total zerschunden. Kinn- und Mundpartie sehen noch normal aus, aber alles andere darüber schillert in grässlichen Farben, die an eine Grufti-Braut erinnern. Wenigstens tut es im Moment nicht weh, weil die Sanitäter mir etwas gegen die Schmerzen gegeben haben.
Die restliche Zeit verbringe ich in Antons Jaguar mit Keith Moon auf meinem Schoß.
»Soll ich das Radio einschalten?«, fragt Anton und streckt die Hand nach dem Knopf aus. Nicht nach seinem Hosenknopf, sondern nach dem Knopf am Radio.
»Oh, macht es dir was aus, es auszulassen?«
»Magst du keine Musik?«
Ich kichere bei der Vorstellung, keine Musik zu mögen. »Ich liebe Musik. Ich
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