Liebe lieber lebenslänglich: Roman (German Edition)
Nachmittag nach unserem Gespräch ein bisschen euphorisch, weil ich dachte, zwischen Mum und mir wäre ein Stück Eis gebrochen. Wie dumm von mir. Mum bleibt Mum, und so ist sie nun einmal. »Ich werde es mir merken. Leg dich wieder schlafen, Mum. Hab dich lieb.«
»Nacht, Grace. Und sing, wie dein Vater gesagt hat!«
Ich stecke das Handy wieder in meine Jeans und seufze. Was erwartet sie von mir? Dass ich sofort losschmettere? Vielleicht sollte ich mal mit einem Arzt sprechen. Vielleicht ist sie ernsthaft krank. Gott, ich wünschte, ich hätte einen Bruder oder eine Schwester. Ich lege mich auf Antons Bett. Ich weiß, ich sollte das nicht tun, aber ich habe ziemlich viel Wein getrunken, also mache ich es mir zwischen den Kissen bequem. Anton kauft teure Bettwäsche. Meine Kopfkissen fühlen sich an, als würde man auf einem Netz Satsumas schlafen. Ich drehe mich auf die Seite und atme Antons Geruch ein.
»Grace, ich …«
Es ist Anton, der sofort verstummt, als er mich zusammengerollt auf seinem Bett vorfindet, während ich an seinem Kissen schnuppere.
Ich setze mich ruckartig auf. »Sorry, tut mir leid, das war … Es sah einfach nur so gemütlich aus.«
Er steht da und lächelt, völlig unbeeindruckt. Ich würde jeden verprügeln, der in meiner Wohnung herumschnüffelt und sich in mein Bett legt.
»Ich wollte vor Freddie und Wendy nichts sagen, aber das Bild, das du mir geschenkt hast, ist wunderschön. Das ist so ziemlich das schönste Geschenk, das mir jemals jemand gemacht hat. Danke.«
»Es grenzt an Kitsch«, sage ich und klettere aus dem Bett.
»Das finde ich überhaupt nicht. Außerdem … was wäre gegen ein bisschen Kitsch einzuwenden? Die besten Songs, die jemals geschrieben wurden, sind alle ein bisschen kitschig.«
Ich lächle. Er hat Recht, natürlich.
»Okay, Käse und Wein stehen unten auf dem Tisch, und ich habe auch die Karaoke-Anlage hochgebracht. Ich dachte, wir könnten zusammen singen, während Wendy mit meinem Sohn flirtet.«
Ich starre ihn an und spüre, dass mein Herz laut klopft.
»Grace, alles in Ordnung?«
»Ich singe nicht«, antworte ich leise.
»Nein? Ich dachte, du hättest eine Gesangsausbildung.«
»Was?«
»Als wir im Wagen gesungen haben … deine Stimme … sie ist …«
»Wir haben was?«
»Wir haben gesungen … zu Simon & Garfunkel.«
»Ich habe nicht gesungen.«
»Doch, hast du. Wir haben zwei Stücke zusammen gesungen.«
»Ich habe gesungen?«
»Ja, weißt du das nicht mehr?«
»Mir war nicht bewusst, dass ich gesungen habe.«
Ich habe seit jenem Sommer, in dem Dad starb, nirgendwo mehr gesungen außer an seinem Grab.
»Deine Stimme. Sie ist … sie ist …«
»Wie die von einem schwarzen Kettenraucher?«, spotte ich.
»Gracie Flowers.« Er klingt plötzlich sehr ernst. »Du hast eine der … wenn nicht sogar die schönste Stimme, die ich je gehört habe.«
»Sei nicht albern.«
»Grace.« Er nimmt meine Hand und hält sie fest. Es fühlt sich so schön an, dass ich ein Kribbeln im Bauch bekomme und das eigenartige Gefühl, diesen Mann hier in seinem Schlafzimmer küssen zu wollen, obwohl er sicher mindestens doppelt so alt ist wie ich, und dass es bestimmt wundervoll sein würde. »Ich habe einen Großteil meines Lebens mit Musikern verbracht. Was du hast, ist ganz selten.« Er lässt meine Hand los, und das Bedürfnis, ihn zu küssen, verschwindet sofort, wie eine platzende Seifenblase. »Ich muss ständig daran denken, wie du in meinem Wagen gesungen hast. Ich wünschte, ich hätte vorher gewusst, dass direkt gegenüber von meinem Pub Dusty Springfield wohnt … Ich hätte mich mit dir für ENGLAND SUCHT DEN SUPERSTAR bewerben können.«
»Hast du dich denn beworben?«
»Ja. Ich bin in die Vorauswahl gekommen«, antwortet er verlegen. »Gemeinsam mit einer Bekannten von mir. Allein hätte ich das nicht geschafft.«
»Oh! Das ist doch super.« Ich lächle.
Ich hasse ESDS . Nicht, dass ich die Sendung jemals gesehen hätte, aus so ziemlich demselben Grund nicht wie dem, dass ich kein Radio höre, aber ich weiß, dass es sich um einen großen Gesangswettbewerb handelt, der einmal im Jahr stattfindet und nach dem die ganze Nation verrückt ist. Er wurde ins Leben gerufen, kurz bevor mein Vater starb. Die Leute haben mir damals empfohlen, daran teilzunehmen, aber ich dachte nicht im Traum daran. Meine Mutter redete jahrelang auf mich ein, dass ich mich bewerben sollte. Es war lächerlich, ausgerechnet meine Mutter, die früher immer dagegen
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