Liebe lieber lebenslänglich: Roman (German Edition)
Betriebsausflug unseren Sauhaufen zusammenschweißt. Es gibt bei uns nicht einmal mehr eine Weihnachtsfeier seit dem Jahr der Superheldenkostümparty. Schleimis Frau kam als Catwoman und hat später unglücklicherweise sich selbst und den Großteil der Cricklewood-Belegschaft vollgereihert. »Kotz-Woman« haben wir sie hinterher genannt. Schleimi hat zwar im Jahr darauf ein Weihnachtsessen organisiert, aber jeglichen Alkohol verboten, und es kamen nur vier Leute.
»Ja, ja, Paintball. Hab mir dabei mal die Schulter ausgekugelt. Hätte meinen Gegner nicht rammen sollen. Ha!« und andere zum Brüllen komische Anekdoten quellen schon den ganzen Tag aus Posh Boys vornehmem Mund, während er herumstelzt wie ein Hirnamputierter. Ich ignoriere ihn und überlasse es Wendy, Interesse zu heucheln, was sie so authentisch rüberbringt, dass ich den Eindruck bekomme, sie freue sich auf den Betriebsausflug. Aber ich kann ihr das verzeihen, schließlich kommt sie nur selten aus dem Büro raus.
»Ich hoffe, die haben genug Munition!«, tönt er.
Aber Wendys Blick schweift von John ab. Etwas vor dem Schaufenster fesselt ihre Aufmerksamkeit. »Heilige Scheiße«, murmelt sie. Ich drehe den Kopf, um zu sehen, was ihre Lieblingsgotteslästerung rechtfertigt.
»Oh.« Ich lächle und stehe auf. »Das ist Ricardo. Mein Ohne-Limit-Kunde. Hey, Fußpilz, hab ich erwähnt, dass ich einen Kunden mit unbegrenztem Budget habe, dem ich gleich zwei Objekte vermitteln soll?«
»Das ist Ricardo?« Wendy seufzt. »Oh, du preisgekröntes Rindviech. Warum bist du nach dem Essen nicht mit in sein Hotel gegangen und hast ihn vernascht?«
»Wollte er denn von ihr vernascht werden?«, fragt John.
»Ja, wollte er, und sie hat es nicht getan. Sie ist bescheuert!«
»Was hat er denn gesagt? Wollen Sie mich vernaschen?«
»Nein! Er ist Italiener! Er hat gesagt: Möchten Sie mit auf mein Zimmer kommen?«
Dieser Part hat mir überhaupt nicht gefallen. Ricardo hat darauf bestanden, das Abendessen zu bezahlen, und die Rechnung verlangt. Dann meinte er: » Prego , erweisen Sie mir die Ehre und begleiten Sie mich in meine ’otel«, worauf ich erwiderte: »Tut mir leid, wir belassen es besser beim Geschäftlichen.« Nach dem Korb schien er nicht mehr so begeistert davon zu sein, die Rechnung zu übernehmen. Er erklärte, er habe gedacht, er hätte mehr Bargeld eingesteckt. Es schien ihm zu widerstreben, mit seiner Kreditkarte zu bezahlen. Ich sah, dass er von mir erwartete einzuspringen, was ich aber nicht tat, weil ihm das in meinen Augen verdammt recht geschah. Trotzdem habe ich Verständnis dafür – Kreditkarten sind das Werk des Bösen.
»Ist er denn so attraktiv?«, fragt Posh Boy.
»John, er ist … Was soll ich sagen? Er ist … wow!«, antwortet Wendy.
»Wendy, halt die Klappe«, zische ich. »Er kommt rein.«
Ricardo betritt das Büro. Er grüßt uns alle mit einem kurzen Nicken. Er sieht geschniegelt aus. Seine gebügelte schwarze Hose sitzt perfekt, auf seinem schwarzen Pullover mit V-Ausschnitt ist kein einziger Fussel, und seine braunen Schuhe sind dermaßen auf Hochglanz poliert, dass man sich darin spiegeln und wahrscheinlich sogar seine Mitesser ausdrücken kann, wenn man das wollte. Er bleibt in höflichem Abstand stehen und lächelt Wendy an, dann John.
»Guten Tag.«
Er geht zu mir und küsst mich auf beide Wangen. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Wendy so tut, als würde sie von ihrem Stuhl fallen. Ich deute mit einem Nicken in Richtung Tür, und wir setzen uns in Bewegung. Ricardo legt den Arm um mich, ohne mich zu berühren. Er hält leichten Abstand, wie man das bei einem Kleinkind macht, das laufen lernt. Ich spüre, dass mein Handy in meiner Hosentasche vibriert. Ich ziehe es heraus. Es ist meine Mutter. Ich gehe nicht ran.
»Bitte«, sagt Ricardo und deutet auf mein Handy.
»Nein, wir müssen zuerst Ihr zukünftiges Zuhause finden.«
Wir gehen weiter in Richtung Tür in unserer seltsamen Umarmung.
»Äh … Grace, deine Mutter ist auf Leitung 2«, ruft Wendy.
»Kannst du ihr sagen …«
Wendy schüttelt den Kopf und wirft mir den Deine-Mum-ist-dabei-durchzudrehen-Blick zu. Ich muss den Anruf entgegennehmen, also gehe ich zurück an meinen Schreibtisch.
»Hi, Mum«, sage ich in den Hörer.
»Grace.« Sie schluchzt.
»Mum.«
»Grace, ich brauche das Geld.«
Natürlich braucht sie es. Ich habe noch nicht einmal versucht, den Kredit zu bekommen, den ich ihr versprochen habe. Einerseits, weil es mir bei dem Gedanken
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