Liebe Mathematik, löse deine Probleme bitte selber - verblüffend einfache Lösungen für Mathematik im Alltag
niemand mehr was. Warum quält man sich überhaupt noch durch sie? Charlie träumt davon, Superkräfte zu besitzen, mit denen er die Zeit beschleunigen kann.
Mr. Barton ist sich der Uhrzeit ebenso bewusst wie seine Gefangenen. Er versteht gar nicht, warum junge Menschen so scharf darauf sind, wertvolle Unterrichtszeit zu verschwenden. Wenn sie nicht den gleichen Typ Aufgabe immer und immer wieder üben, wie wollen sie dann je lernen, wie’s geht? Irritiert
starrt er auf Charlies Beine, die, von der letzten Cola der Mittagspause angetrieben, unter seinem Pult auf und nieder wippen. Als Charlie den bösen Blick auffängt, versucht er, still zu sitzen.
Noch neun Minuten.
7 Wahrscheinlichkeiten praktisch anwenden
Vielleicht dämmert Ihnen langsam, auf welch vielfältige Weise die Wahrscheinlichkeitsrechnung nützlich sein kann. Vor allem erlaubt sie Ihnen, auf Augenhöhe gegen diese nervigen Typen anzutreten, die ständig all ihre Spiele zu gewinnen scheinen. Beim Monopoly leihen sie Ihnen zu Wucherzinsen Geld, während sie auf der Schlossallee ihre Vergnügungspaläste hochziehen. Und beim Scrabble nutzen sie ihr Wissen über orientalische Religionen, um ein »Q« auf einem Feld mit dreifachem Buchstabenwert zu platzieren.
Bei dem Würfelspiel Perudo hat jeder Teilnehmer sechs Würfel in einem Würfelbecher. Jeder würfelt, aber so, dass das Ergebnis des Wurfes unter dem Würfelbecher verborgen ist. Jeder Teilnehmer sieht nur sein eigenes Ergebnis. Nun macht ein Spieler ein erstes Gebot, zum Beispiel »drei Zweien«. Er drückt damit aus, dass er glaubt, alle Spieler hätten gemeinsam mindestens drei Zweien. (Mit den Einsen hat es etwas Besonderes auf sich, dazu später mehr.) Der nächste Spieler muss ein höheres Gebot abgeben, also mindestens »drei Dreien« oder »vier Zweien«. Er darf beliebig steigern (zum Beispiel »zehn Fünfen«). Reihum werden nun immer höhere Gebote abgegeben, bis jemand glaubt, sein Nebenmann habe ein zu hohes Gebot abgegeben, und alle Teilnehmer hätten zusammen keine »elf Fünfen«, wie behauptet. Sobald ein Gebot öffentlich in Zweifel gezogen wird, wird nachgeprüft. Finden sich »elf Fünfen«, verliert derjenige einen Würfel, der den Zweifel angemeldet hat. Gibt es keine elf Fünfen, verliert der Spieler, der das falsche Gebot abgegeben hat, einen Würfel. Gewonnen hat, wer als Letzter noch Würfel hat.
Leute, die bei Spielen immer gewinnen, lieben Perudo, denn es gibt eine klare Strategie für optimales Bieten, insbesondere am Anfang des Spiels, wenn noch viele Würfel vorhanden sind. Wenn Sie ein Gebot abgeben und Ihr Nachbar daraufhin überrascht die Augenbraue hochzieht, vielsagend kichert oder leise »zzz!« murmelt, sollten Sie gewarnt sein: Vermutlich hat Ihr Gebot nicht der Strategie entsprochen. Natürlich können Sie sich weigern, auf Streberniveau abzusinken, und weiterhin nach Bauchgefühl Gebote abgeben. Wenn Sie aber wollen, dass die anderen nicht mehr verächtlich auf Sie herabsehen, müssen Sie sich der Tatsache stellen, dass Perudo auf Wahrscheinlichkeiten beruht.
Gehen wir von einem Spiel mit anfangs sechs Teilnehmern aus. Jeder hat sechs Würfel, macht insgesamt 36 Würfel. Sie sind dran, das erste Gebot abzugeben. Was wäre ein vernünftiges Gebot? Fünf ist Ihre Glückszahl, aber wie viele Fünfen bieten Sie? Der Wahrscheinlichkeit nach zeigt jeder sechste Wür – fel eine Fünf, man darf also bei 36 Würfeln rund sechs Fünfen erwarten. »Sechs Fünfen« wäre also ein gutes erstes Gebot. Ihr Nachbar wird es kaum anzweifeln, und Sie werden höchstwahrscheinlich kein zweites Gebot mehr abgeben müssen, denn bis Sie wieder dran sind, müssen die Gebote auf äußerst unwahrscheinliche Zahlen gestiegen sein. Das gleiche Argument gilt für alle Augenzahlen, die Sie bieten: Sechs Einsen, Zweien, Dreien usw. sind alles gute Startgebote.
Inzwischen ist das Spiel weiter fortgeschritten. Acht Würfel sind inzwischen weg, es bleiben also noch 28. Und der Spieler vor Ihnen hat gerade sechs Dreien geboten. Sollten Sie sein Gebot anzweifeln oder ein höheres Gebot abgeben? Der Wahrscheinlichkeit nach wird jeder sechste Würfel eine Drei zeigen, man darf bei 28 Würfeln also vier oder fünf Dreien erwarten (28: 6 = 4,666). Eine schwierige Entscheidung. Wenn Sie rein nach Wahrscheinlichkeiten gehen, sollten Sie das Gebot anzweifeln. Doch bevor Sie sich entscheiden, sollten Sie berücksichtigen,
was Sie selbst gewürfelt haben, und welcher Typ Spieler der andere
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