Liebe, nichts als Liebe
Kurz entschlossen stand Jared auf und ging hinüber zum Büro seiner Mutter. Nach kurzem Anklopfen steckte er den Kopf zur Tür herein. „Ich fahre zur Perlenfarm hinaus und sehe nach, wie die Muschelernte voranschreitet. Wahrscheinlich bin ich am Nachmittag wieder zurück."
Elizabeth King nickte nur, denn sie spürte, dass ihm nicht der Sinn danach stand, lange mit ihr zu plaudern.
Eine halbe Stunde später war Jared auf der Beagle Bay Road, die aus Broome herausführte. Er rechnete nicht mehr mit einem Anruf von Christabel. Deshalb zuckte er zusammen, als unerwartet das Autotelefon läutete.
„Jared King", meldete er sich wie gewöhnlich.
„Jared ..." Es war die Stimme seiner Mutter. „Ich habe hier einige Herren in meinem Büro, die sich nach Christabel Valdez erkundigen."
Sofort horchte er beunruhigt auf. Er lenkte seinen Geländewagen an den Straßenrand, hielt an und überlegte fieberhaft. „Herren in Anzügen?" fragte er vorsichtig.
„Ja."
„Woher kommen Sie?"
„Nun, soweit ich verstanden habe, sind Mr. Santiso, Mr. Vogel und Mr. Wissmann den weiten Weg aus Europa hierher geflogen, um mit Christabel zu sprechen. Im Augenblick versuchen sie, sie ausfindig zu machen. Brian Galloway vom Wohnwagenpark am Town Beach hat die Herren über Christabels Verbindung zu
,Picard Pearls' informiert und gemeint, dass sie sich vielleicht heute bei dir gemeldet haben könnte."
Schwere Geschütze aus Europa. Der förmliche Ton seiner Mutter verriet, dass sie es mit Macht und Einfluss zu tun hatte. Der lange Schatten von Christabels verstorbenem Mann?
„Ja, das hat sie tatsächlich", schwindelte Jared drauflos. „Ich treffe mich in ungefähr einer Stunde mit ihr." Lange bevor diese Männer in Anzügen sie finden würden!
„Auf der Perlenfarm?" erkundigte seine Mutter sich ruhig. Ihr war natürlich auch klar, dass die Herren Christabel keinesfalls vor ihm erwischen konnten, selbst wenn er die Wahrheit sagte.
„Ja. Ich glaube, Christabel wird rechtzeitig wieder in Broome sein, um ihre Tochter von der Schule abzuholen. Wenn die Herren ihr jedoch etwas ausrichten lassen wollen
...?"
Er hörte, wie seine Mutter in gedämpftem Ton mit ihren Besuchern sprach. „Nein", meldete sie sich dann wieder. „Keine Nachricht, Jared. Und vielen Dank für deine Auskünfte."
Sie brauchten ihr keine Nachricht zu hinterlassen, denn sie glaubten, mit Alicia ein sicheres Faustpfand zu haben, dass Christabel nach Broome zurückkehren würde.
Santiso, Vogel, Wissmann ... Jared prägte sich die Namen ein, während er den Wagen wendete und so schnell wie möglich nach Broome zurückfuhr. Die Vogelwarte befand sich achtzehn Kilometer entfernt auf der anderen Seite der Stadt. Er konnte nur hoffen, dass Christabel dort bei ihrer Tochter war.
Die Stunde der Entscheidung war gekommen. Jared spürte, dass jetzt alles darauf ankam. Christabel hatte Angst vor den Männern in den Anzügen. Sie musste sich für ihn entscheiden.
8. KAPITEL
Die großen Schwärme von Wattvögeln am Crab Creek waren wirklich ein unglaublicher Anblick. Doch Christabel hörte nur mit halbem Ohr hin, als die Lehrerin den Kindern die verschiedenen Arten erklärte. Sie konnte in diesen Tagen an kaum etwas anderes denken als an Jared King, und mit jedem Tag, der verging, wuchs der Druck, sich zu entscheiden.
Sollte sie gehen oder bleiben?
Fast unaufhörlich kreisten ihre Gedanken um diese Frage. Sie konnte Jared nicht ewig hinhalten, wie sie es seit Sonntagnacht getan hatte. So oder so musste sie sich entscheiden und handeln. Nach dem, was sie und Jared miteinander geteilt hatten, war es nicht fair, einem Treffen mit ihm noch länger auszuweichen oder gar ihn wieder auf Distanz zu halten, wie sie es zuvor getan hatte.
Die Nacht mit ihm bereute sie nicht. Niemals! dachte sie leidenschaftlich. Es war die schönste Nacht ihres Lebens gewesen, und sie würde von der Erinnerung noch lange zehren. Aber es war so schwer, das alles hinter sich zu lassen. Sie wollte nicht von bloßen Erinnerungen leben, sondern das fortführen, was sie mit Jared begonnen hatte.
Würde sie das Schicksal versuchen, wenn sie hier bliebe, um einfach nur die Frau zu sein, die Jared King liebte? War es möglich, dass sie und Alicia hier ein ganz normales Leben führen konnten, unbeeinträchtigt von einem Erbe, das alles überschattete? Wenn sie vorsichtig genug war ... Immerhin hatte man sie bislang hier im Outback nicht aufgespürt. Konnte sie das Risiko eingehen?
Sie sehnte sich
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