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Liebe oder so

Liebe oder so

Titel: Liebe oder so Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Montag
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Moment!“, kam als Antwort. Ich trank in Ruhe mein Glas aus, dann wurde innen der Schlüssel umgedreht, und ein blass aussehendes Mädchen erschien im Türrahmen. Irgendwas mit ihrer Frisur schien nicht zu stimmen, ihre rostroten Haare standen in alle Richtungen.
    „Tschuldigung“, sagte sie schüchtern und huschte d avon. Ich betrat das Badezimmer, verriegelte die Tür und sah mich nach Spuren von Drogen um. Ich hoffte nur, die Kleine hatte sich hier keinen Schuss gesetzt, Spritzen konnte ich auf den Tod nicht ausstehen. Vielleicht war sie ja auch magersüchtig und hatte sich mal eben den Finger in den Hals gesteckt, wer kannte sich da heutzutage noch aus?
    Die Tatsache, dass ich nicht fündig wurde, beruhigte mich etwas . Ich setzte mich zum Pinkeln aufs Klo und bewunderte die Badewanne, die aussah, als stamme sie aus Napoleons Nachlass. Es handelte sich um eines dieser freistehenden Modelle mit Messingfüßen und Porzellanarmaturen, ein echtes Schmuckstück. Ich mochte zwar nicht wissen, wie es sich darin duschen ließ und welche Überschwemmungen der Wohnung man damit in Kauf nahm, aber rein optisch war das allererste Sahne, das musste man Helge schon lassen.
    Ich nahm probehalber darin Platz . Das Ding stand auf einem Podest in einer Art Erker, ringsum waren Fenster. Aber da die Wohnung im dritten Stock lag und auf einen Garten hinausging, konnte einem keiner was von gegenüber abgucken wie in meinem eigenen Bad.
    Im Wohnzimmer traf ich auf Helge und machte ihm ein paar Komplimente wegen des Palastes, aber eigentlich entsprang das eher meiner Verlegenheit, nicht recht zu wissen, worüber man sich mit ihm eigentlich unterhalten konnte. Unsere Interessen lagen ziemlich weit auseinander, und bei den vorangegangenen Gelegenheiten war es mir nicht gelungen, mehr über ihn herauszufinden, als dass er ein netter Kerl war.
    Wir plauderten also eine Weile, bis ihn eine ziemlich gut aussehende Frau beiseite zog . Ich gesellte mich zu einer Gruppe von Leuten, die sich lebhaft über eine Fernsehserie unterhielten.
    „Aber als dann rauskam, dass Ang el auch schon mal was mit diesem Typen hatte...“, sagte einer.
    „Oh Gott, war das peinlich!“, meinte eine Frau, die auf dem Sofa saß. „Und wie die beiden dann seine G eräusche beim Sex nachmachten…“
    „Ich find ja, die Serie dreht sich viel zu viel um Sex“, bemerkte ein anderer, „man hat doch das Gefühl, die können nicht mal einen Passanten nach dem Weg fragen, ohne mit ihm ins Bett zu gehen. Ich finde das krank.“
    „Aber darum geht’s doch im Leben“, mischte sich ein Mädchen ein, das auf dem Schoß seines Freundes hoc kte. „Normalerweise geben die Männer im Bett den Ton an. Und diese Frauen zeigen den Kerlen mal so richtig, wo’s lang geht.“
    „Indem sie mit ihnen ins Bett steig en?“, fragte jemand mit zweifelndem Unterton.
    „Nein, indem sie die Initiative übernehmen . Sie nehmen die Dinge in die Hand und entscheiden selbst, wann sie mit wem ins Bett gehen und wann nicht.“
    „Na, komm“, meinte ihr Freund, „als ob ich dich j emals gezwungen hätte! Wie hört sich das denn an?“ Alle lachten.
    „ Das ist ja auch gar nicht die Frage. Diese Frauen verkörpern die Emanzipation im 21. Jahrhundert, nur dass sie sich eben nicht verklemmt geben wie früher, sondern aufgeschlossen und sexy.“
    „Aber das Ergebnis bleibt doch das gleiche, oder?“, fra gte der Zweifler.
    „Was meinst du?“
    „Na, die Männer kriegen sie doch trotzdem ins Bett, egal, von wem nun die Initiative ausgegangen ist. Oder?“
    Ich zog es vor, die traute Runde an dieser Stelle zu verla ssen und mein Glas in der Küche mit dem guten Weißen zu füllen, den ich sicherheitshalber im Vorratsschrank deponiert hatte. Allmählich näherte ich mich dem Level, ab dem mir das ganze Drumherum egal wurde. Mit Verlaub, so etwas musste auch mal gestattet sein, wenn man einen einsamen Typen wie mich mit seinen Gedanken alleine ließ.
    „Hey, lach doch mal!“, hörte ich neben mir Helge sagen, und im nächsten Moment lag seine Pranke auf meiner Schulter. In der Tat, er hatte unverhältnismäßig große Hände, so was fiel mir nur auf, wenn ich getrunken hatte. Dabei hätte er damit ganze Bürotürme zum Einsturz bringen können, statt sich darin einsperren zu lassen. Eine Verschwendung war das.
    „Ha, ha“, meinte ich und prostete ihm zu.
    „Langweilst du dich?“, fragte er.
    „Nein, nein, ich mach nur mal ne Pause.“
    „Oh, dann will ich dich mal nicht stören.

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