Liebe oder so
aber als ich nachhakte, bog sie das Gespräch ab und verweigerte mir weitere Details.
Nicht, dass ich so etwas nicht erwartet hätte, im Gru nde bestätigte sie nur meine Vermutungen. Ob es nun ein gutes oder schlechtes Zeichen war, dass sie es mir überhaupt gesagt hatte, konnte ich beim besten Willen nicht feststellen. Sollte das eine Art Vertrauensbeweis darstellen, oder bereitete sie mich auf diese Weise auf Schlimmeres vor? Hielt sie diese Sache für nebensächlich oder für selbstverständlich?
An diesem Nachmittag war ich bei ihm gewesen, sie wusste nichts davon. Carolin war mit Marie zum Einkaufen in irgend so ein Outlet-Center gefahren. Ich brachte den Wagen in die Werkstatt und sollte den beiden auf dem Rückweg die Pille mitbringen, übrigens immer wieder DER Bringer vor allem bei konservativen Apothekern. Und da ich schon mal in der Nähe war, hatte ich die Gelegenheit beim Schopf ergriffen und Jochen einen Krankenbesuch abgestattet. In meiner Sporttasche steckten Blumen, eine Menge Lebensmittel und eine Flasche Grappa.
„Wer?“, fragte er, obwohl ich sicher war, dass er richtig verstanden hatte.
„Alex“, wiederholte ich, „du weißt schon, der, mit dem Marie jetzt zusammen ist. Du hast schon mit mir telefoniert.“
Er glotzte mich fassungslos an und überlegte ansche inend, ob der Überraschungsmoment ausreichte, mir seine Krücke in die Weichteile zu rammen.
„Was willst du?“, fragte er argwöhnisch. Seine Haare waren ungewaschen, und er trug eine Halskrause. Ein Bein war in voller Länge von Gips umhüllt, sein rechter Arm ebenfalls, der Rest von ihm steckte in einem hellblauen Frotteeschlafanzug mit Eingriff. Was immer seine Qualitäten sein mochten, zumindest im Mitleiderregen konnte er mich klar ausstechen.
„ Marie kann heut nicht kommen, und ich dachte mir, stattdessen schau ich mal nach dir. Bist ja sicher ganz schön eingeschränkt mit dem ganzen Beton da.“
„Gips“, korrigierte er.
„Wie auch immer.“ Ich rieb mir die Hände und öffnete die Sporttasche. „ Marie hat mir gesagt, dass du vor allem in der Küche Probleme hast. Also hab ich mir erlaubt-“
„ Moment mal. Das hat sie dir erzählt?“, unterbrach er mich.
„Natürlich. – Also, pass auf, ich bin kein großer Koch, du dar fst also nicht zu viel erwarten. Aber ich kann richtig gute Spaghetti machen, wirst schon sehen.“
Schließlich ließ er mich in die Wohnung. Ich nahm die Tasche mit in die Küche und entnahm ihr die Zutaten, sogar frisches Basilikum hatte ich besorgt. Jochen folgte mir und lehnte sich in den Türrahmen, ich drückte ihm die Blumen in die Hand.
„Hier, soll ich dir geben. Stell sie am besten gleich in ne Vase. Und glaub ja nicht, dass ich dir deine Wäsche mache, da musst du schon auf Marie warten.“
Während er seinen vermutlich düsteren Gedanken auf der Couch nachhing, rührte ich für uns eine extra scharfe T omaten-Chili-Sauce zusammen und stellte die Pasta auf. Dann setzte ich mich mit dem Grappa und zwei Gläsern in der Hand zu ihm. Misstrauisch verfolgte er jede meiner Bewegungen.
„ Und du fährst also Motorradrennen?“, fragte ich beiläufig und schenkte uns beiden ein.
„Hm -m.“ Widerwillig stieß er mit mir an und nippte vorsichtig an seinem Glas.
„Sandbahn?“
„Enduro.“ In seinem Gesicht arbeitete es, ich fühlte mich wunderbar. Den Grappa allerdings musste ich mir aufzwingen.
„Und? Bist du gut?“
Statt zu antworten hob er den Blick zu der Nische über ihm, in der ein halbes Dutzend Pokale standen.
„Wow!“ Ich war ehrlich beeindr uckt. Im Übrigen versuche ich immer, trotz bestehender Feindseligkeiten objektiv zu bleiben. Der Junge war vielleicht ein Vollidiot, aber eine solche Anzahl von Auszeichnungen sprach für sich. Ich mag Menschen, die sich von der Masse abheben.
„Und was ist diesmal schief gelaufen?“
Jochen hatte offensichtlich keinen Schimmer, wie er mich und die Lage einschätzen sollte, seine ganze Haltung – wenn man davon angesichts der Gipsverbände überhaupt sprechen konnte – drückte Unsicherheit aus.
„ Das interessiert dich doch gar nicht.“
„Ja, aber klar doch“, sagte ich und nickte ihm aufmunternd zu.
„Bin nach nem Sprung falsch aufgekommen und übern Lenker abgegangen. Und dann ist ein anderer genau auf mir gelandet.“
„Scheiße, Mann“, sagte ich und füllte die Gläser, „da haste ja ganz schön Schwein gehabt, dass du überhaupt noch lebst .“
„Das kannst du laut sagen“, meinte er und
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