Liebe oder so
geht’s in dieser Qualifizierung ?“
„ Es werden hauptsächlich Kenntnisse in moderner Textverarbeitung und im Telefonmarketing vermittelt-“
„Da mit ich dann in nem Call-Center arbeiten kann?“
„Zum Beispiel“, meinte Dremm.
„Stehen dafür nicht schon die arbeitslosen Bürokaufleute Schlange?“
„Die Einsatzmöglichkeiten sind natürlich vielfältig, Sie sollten das nicht so negativ sehen. Und eine Weiterqu alifizierung verbessert nach unseren Erfahrungen Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt enorm.“
Ich überlegte, ob ich das mit den Illustrationen erwä hnen sollte. Falls aus der Stelle nichts werden sollte, war ich im Arsch.
„Habe ich eine Wahl?“
„Nein.“
„ Und wann soll das Ganze losgehen?“
„ Laut meinen Unterlagen beziehen Sie noch bis Ende Juni Arbeitslosengeld, ich habe Sie daher für den ersten Juli angemeldet. Es ist ja noch ein bisschen Zeit bis dahin, die Büro-Akademie wird Ihnen einige Wochen vorher die entsprechenden Unterlagen zuschicken.“
Er erhob sich, ich tat das Gleiche.
„Tja, dann sag ich mal: Bis Juni. Falls sich nicht vorher noch eine passende Stelle für Sie findet, reicht es, wenn Sie in sechs Wochen wieder vorbei schauen. Dann besprechen wir alles Weitere.“
42
Eine Menge Leute tummelten sich in meiner Wohnung, das mit unserem zweiten Platz hatte sich schnell herumgesprochen. Remy und ich hatten eine Menge Flaschen besorgt, wir drückten sie Matthias in die Hand und bedienten uns an dem kleinen Buffet, das Caro aufgefahren hatte. Ich fühlte mich nicht so gut, das kam von diesem elenden Grappa am Nachmittag, das Zeugs rührte ich sonst nur bei Verdauungsschwierigkeiten an.
Christian kam kurz nach uns an, ich zeigte ihm die Briefe und beglückwünschte ihn erneut zu dem Erfolg. Er wiederholte, er wolle nichts davon hören, das seien schließlich meine Entwürfe und er freue sich ehrlich für mich. Der Job als Illustrator sei doch schließlich genau das, was ich mir erhofft hätte, und wenn mein Kinderbuchprojekt ausgereift sei, säße ich gleich an der Quelle. Er selbst habe gerade zwei interessante Angebote im Marketingbereich erhalten und werde wohl eines davon annehmen.
„Marketing? Auch du, Brutus ?“
Er lächelte nachsichtig. „Was willst du? Ist ein ganz no rmaler und ehrenwerter Job.“
„Klar. Henker auch“, sagte ich und sah mich unter den Gästen um.
„Was ist eigentlich los mit dir?“
„Wieso?“
„Seit ich hier bin, hör ich dich nur meckern. Du hast ne Freundin, für die sich die meisten Männer hier ein Ohr abschneiden würden. Du hast einen Haufen Freunde und demnächst sogar wieder einen richtig guten Job. Aber statt dich zu freuen, sonderst du bei jeder Gelegenheit Sarkasmus ab. Findest du das lustig?“
„Das fragst du mich ? Meine Freundin ist meistens nicht da, und wenn sie da ist, dann nicht richtig. Der Job steht eigentlich dir zu und nicht mir. Und du…“ Ich brach ab.
„Ich? Was ist mit mir?“
„Ach, vergiss es!“
„Komm schon, sprich dich aus .“
Ich ahnte , dass ich dabei war, einen Schritt zu weit zu gehen. Aber wenn ich jetzt schwieg, war erst recht alles im Eimer.
„Du verlobst dich mit ner Amerikanerin, suchst dir aber als Erstes ne Arbeit in Deutschland. Das kapier ich schon mal nicht. Und statt diesen Job als Illustrator anzunehmen, verschleuderst du dein Talent und machst lieber einen auf Marketing.“
Christian schwieg eine ganze Weile und fragte dann: „Und das ist alles? Das ist es?“
„Ja, so ziemlich.“
Er zog eine Schachtel Zigaretten aus der Tasche und zündete sich eine an.
„Du rauchst wieder?“
Chris bot mir die Schachtel an, ich schüttelte den Kopf.
„Nur wenn ich in Deutschland bin. Übrigens hab ich vor, Grace hierher nachkommen zu lassen.“
„Im Ernst?“
„Na klar. Das mit der Verlobung ging wirklich ein bisschen schnell für mich, aber ich hab nicht vor, sie da drüben zu lassen.“
„Was ist mit ihrem Job?“, fragte ich.
„Nicht so toll. Ich glaub nicht, dass sie ihn vermissen wird.“
„Und die Familie? Freunde?“
„Das wird sicher hart. Grace war noch nie raus aus den Staaten, und für ihre family ist Europa der Feind. Die Männer sind alle beim Militär, Vater, Brüder, Onkel und so weiter. An Thanksgiving laufen im Garten mehr Uniformen rum als im Irak.“
„Auch das noch“, sagte ich. „Was hab ich bei deiner Erziehung bloß falsch gemacht, dass du mir das a ntust?“
„So ähnlich hat ihre Familie auch reagiert. Wobei
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