Liebe ohne Skrupel
Clare von den Bewohnern von Desire als unseren Leuten gesprochen hatte. Das war ein gutes Zeichen.
»Mylord?« rief Ulrich erneut. »Seid Ihr da drinnen?«
»Ja«, brüllte Gareth. »Ich komme sofort.« Er wandte sich um und half Clare aus dem Blütenhaufen heraus.
Sie bot einen herrlichen Anblick. Einen Augenblick starrte er sie hingerissen an. Über und über mit weichen, duftenden Blütenblättern bedeckt, wirkte sie wie eine Märchengestalt, die sich von ihrem Lager im Wald erhob.
Dann entdeckte er den kleinen roten Fleck auf ihrem Unterkleid und streckte die Hand danach aus. Sein Gesicht spannte sich an.
»Habe ich dir sehr weh getan?«
»Nein.« Clare strich sich die Blütenblätter von den Röcken. »Hinaus mit dir. Du hast noch viel zu tun. Und ich muß erst einmal meine Kleider in Ordnung bringen.«
Gareth konnte einfach nicht den Blick von ihrem glühenden Gesicht abwenden, fetzt gehörte sie ihm. Sie gehörte ihm, wie sie nie zuvor einem Mann gehört hatte, nicht einmal Raymond de Coleville, ihrem Idealbild eines Ritters.
Cläre mochte de Coleville geliebt haben - vielleicht liebte sie ihn immer noch - aber sie hatte sich ihm nicht hingegeben. Sie hatte sich für ihren Herrn und Ehemann aufbewahrt, den Höllenhund von Wyckmere.
Ich weiß das, was ich durch eigener Hände Arbeit gewonnen habe, zu schützen, dachte Gareth mit wilder Entschlossenheit. Und ich werde Euch schützen, Lady of Desire.
»Mit der Zeit wirst du ihn vergessen, Clare«, sagte er laut.
Sie sah ihn verwirrt an. »Wen?«
Ulrich klopfte noch dreimal heftig an die Tür. »Soll ich den Hufschmied nach Hause schicken und ihm sagen, daß er später noch einmal kommen soll, Mylord?«
»Nein, ich bin schon unterwegs.« Gareth riß sich vom Anblick seiner blütenbedeckten Frau los. Er ging zur Tür, öffnete sie und trat hinaus in den Sonnenschein.
»Nun, Ulrich? Wo ist der Hufschmied?« Gareth schloß sorgfältig die Tür, damit sein Freund Clare nicht sehen konnte.
»In den Stallungen.« Ulrich sah ihn amüsiert an. »Ihr habt ziemlich viel Zeit in den Arbeitsräumen verbracht. Ich wußte gar nicht, daß Ihr ein solches Interesse an den Geheimnissen der Parfümherstellung habt.«
Gareth trat auf den Hof. »Wie Ihr wißt, habe ich immer Interesse an neuen Dingen.«
Ulrich folgte ihm. »Ja, Ihr geht den Dingen immer auf den Grund.«
»Als Herr dieser Burg habe ich schließlich eine gewisse Verantwortung.«
»Ja.« Ulrich bedachte ihn mit einem verständnisvollen Blick.
»Nur ein Narr würde sich nicht mit den Dingen beschäftigen, die sein zukünftiges Einkommen ausmachen.«
»Niemand hat Euch jemals einen Narren genannt, Mylord.« Ulrich dachte kurz nach. >>Bastard, Höllenhund, Satansbraten, Pförtner des Tors zur Hölle, das vielleicht, aber niemals einen Narren.«
Verschiedene Leute drehten sich um, als die beiden Männer den Hof überquerten. Gareth runzelte die Stirn, als er sah, wie eine Reihe von ihnen eilig das Gesicht abwandte. Er hatte den dumpfen Verdacht, daß sie versuchten, ein Grinsen zu verbergen.
Dieser Verdacht erhärtete sich noch, als Gareth sah, wie John der Hufschmied ihn überrascht anstarrte.
»Ist irgend etwas nicht in Ordnung, Schmied?« fragte Gareth gefährlich leise. Er hatte den deutlichen Eindruck, daß der Mann sich nur mit Mühe beherrschen konnte, nicht laut loszulachen.
»Nein, Mylord.« John klappte den Mund wieder zu und wischte sich mit dem schmutzigen Ärmel seiner Tunika über das Gesicht. »Die Sonne scheint sehr hell heute. Sie blendet einen richtig.«
»Ich bezweifle, daß die Sonne heller ist als Euer Schmiedefeuer. «
»Ah, das stimmt, Mylord. Das stimmt. Man sollte meinen, daß ich an Helligkeit gewöhnt bin, nicht wahr?« John sah hilflos zu Ulrich hinüber.
Ulrich lächelte und schwieg. Einer der Waffenträger, der in der Nähe stand, wandte sich eilig ab und stürzte in den Stall.
Gareth zuckte mit den Schultern und ließ die Sache auf sich beruhen. Aus langer Erfahrung wußte er, daß es sinnlos wäre, wenn er versuchen würde, zu verstehen, was der Hufschmied und alle anderen so amüsant zu finden schienen.
»Also gut, machen wir uns an die Arbeit, Schmied-, sagte er. »Ich habe keinen Waffenschmied mitgebracht, als ich nach Desire kam. Wenn nötig, kann ich einen in Seabern anheuern, aber man sagte mir, daß Ihr ungewöhnlich talentiert seid im Umgang mit Hammer und Amboß.«
John errötete bei diesem Kompliment. »Ja, Mylord.«
»Meint Ihr, Ihr schafft es, die
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