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Liebe, Sex und andere Katastrophen

Liebe, Sex und andere Katastrophen

Titel: Liebe, Sex und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Loyelle
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versuchte, den Schmerz zu unterdrücken, der sie jedes Mal überkam, wenn ihr Vater Geschichten wie diese erfand.
    »… gehören sie eigentlich in ein Seniorenheim mit einer Rund-um-die-Uhr-Betreuung …«
    Das reichte! Erin klinkte sich aus und ging mit einem fröhlichen Gruß ins Haus. Von vorn wirkte Cynthia Geldop gar nicht so übel. Zwar hatte sie ein paar Pfund zu viel auf den Rippen, aber das war nicht weiter schlimm. In ihren blauen Augen lag eine ehrliche Wärme und ihr Lächeln wirkte keineswegs aufgesetzt.
    Erin verdrückte sich in die Küche, um das Abendessen vorzubereiten. Schinken-Käse-Toast mit Tomatensalat. Seit sie und ihr Vater allein waren, blieb das Kochen meistens an ihr hängen, obwohl sie kaum Erfahrung darin hatte. Aber einfache Gerichte wie diese gelangen tadellos. Sie schaltete das Radio an und begann, die Tomaten für den Salat aufzuschneiden, beförderte sie in eine Glasschüssel, fügte eine klein geschnittene Frühlingszwiebel hinzu, rührte das Dressing an und machte sich daran, die Toastscheiben mit Butter zu bestreichen, so, wie es ihre Mutter immer gemacht hatte. Damals, als die Welt noch in Ordnung war.
    »Na, wie war dein Tag?«
    Ihr Vater stellte den Kuchen neben dem Herd ab und hauchte einen Kuss auf ihren Hinterkopf.
    »Abgesehen davon, dass ich heute mit einer Schauspielerin verglichen wurde, die ich nicht mag, einem Idioten Erste Hilfe leisten wollte, der gar nicht verletzt war, und eine neue Version deiner Geschichte hören durfte, hervorragend.«
    Wie erwartet machte ihr Dad ein betroffenes Gesicht, aber die Worte taten ihr nicht leid.
    »Was glaubst du, wie lange dir die Leute diese Story abkaufen werden? Ich bitte dich, Dad, Florida?«
    Er zuckte mit den Schultern und fischte eine Tomate aus der Schüssel. »Da fehlt Salz.«
    »Dad!«
    »Ja, schon gut. Ich weiß. Aber diese Cynthia hat mich abgepasst. Ich kam grad vom Baumarkt, da sah ich sie schon hinter mir durch das Gatter schlüpfen. Ich dachte, ich komme ihren Fragen mal lieber zuvor, deshalb …« Er starrte mit leerem Blick aus dem Fenster.
    Erin schluckte. »Sie fehlen mir auch, Dad. Aber, irgendwann werden wir die Wahrheit sagen müssen.«
    Er reagierte nicht. Blickte stumm in den Garten hinaus. Der Schmerz und die Sehnsucht in seinen Augen versetzten Erin einen Stich in der Brust. Sie ließ von den Toastscheiben ab, ging zu ihm und umarmte ihn.
     
    ***
     
    Erin berührte den ungeöffneten Karton mit der flachen Hand und blieb einen Moment lang so stehen. In diesem Zimmer herrschte noch das reinste Chaos. Aber das war nicht weiter schlimm, weil es nur als Gästezimmer gedacht war und von daher nicht sofort renoviert werden musste. Nach kurzem Zögern entfernte sie den Klebestreifen und öffnete die Schachtel.
    Das Gefühl, das sie jetzt noch, nach so langer Zeit, beim Anblick des Inhalts fesselte, war nicht in Worte zu fassen. Behutsam nahm sie alle Gegenstände heraus. Vier Bücher von den Drei Fragezeichen , ein Fotoalbum, Poster von Shakira und Jennifer Lopez, ein Originalautogramm von den Klitschko Brüdern, Baseballsammelkarten, zwei selbst zusammengebaute Modellautos, ein ferngesteuerter Helikopter … Ganz unten fand sie schließlich, was sie suchte. Das Skateboard. Den blauen Helm. Knie-, Handgelenk- und Ellbogenschützer. Die Sachen anzufassen erfüllte sie gleichermaßen mit Freude und Trauer.
    »Was suchst du?«
    Erschrocken drehte sie sich um. Ihr Vater lehnte an der Tür und sah sie verwirrt an. Erin stand auf und räusperte sich. Obwohl sie die Situation seit Längerem eigentlich fest im Griff hatte, ging ihr der Anblick seiner Gegenstände nun doch ziemlich nahe. Nur mühsam konnte sie die aufsteigenden Tränen unterdrücken.
    »Ich … ich hab einen Skatepark entdeckt. Dort will ich hin. Damit«, antwortete sie und zeigte auf das Skateboard. Sie bemerkte, wie sich sein Kehlkopf langsam auf und ab bewegte, als er schluckte.
    »Es ist schon spät. Ist morgen denn kein Unterricht?«
    »Doch. Ich bleib nicht lang. Schlafen könnte ich jetzt sowieso nicht. Du weißt ja, seit …«
    »Ja«, unterbrach er sie hastig, »ich weiß. Okay, geh nur. Ich bastle noch ein bisschen im Schlafzimmer herum. Vielleicht schaffe ich es ja, bis zum Wochenende fertig zu werden, dann muss ich nicht mehr auf dem Sofa schlafen.«
    Erin nickte zuversichtlich, obwohl sie wusste, dass er sowieso nicht im Schlafzimmer übernachten würde.
    Genauso wie er wusste, dass sie nie vor Mitternacht einschlafen konnte.
    »Also«,

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