Liebe, Sex und andere Katastrophen
Brauen. »Du kennst also schon meinen Namen.«
Sie straffte die Schultern. »Bilde dir bloß nichts darauf ein.«
»Keine Sorge, Arzttochter.«
Sie verkniff sich eine weitere Bemerkung und kehrte im Laufschritt zur Bank zurück. Sie zitterte vor Wut und Schreck. Falls er ernsthaft verletzt gewesen wäre, hätte sie vielleicht nicht richtig gehandelt und dann … So ein Vollidiot!
»Was war das denn?«, fragte Tessa irritiert.
»Er hat sie voll verarscht«, brachte Lyssa es auf den Punkt.
»Nimm dir das bloß nicht zu Herzen. Butler ist für Scherze dieser Art bekannt.«
»Lyssa hat recht. Aber merkt ihr denn nicht, dass da etwas Seltsames vor sich geht?« Alle Blicke richteten sich fragend auf Heather. »Das war doch pure Anmache. Habt ihr das etwa nicht mitbekommen?«
»Äh, so was nenn ich nicht Anmache. Zu tun, als ob man verletzt ist, ist total idiotisch«, wehrte Erin ab.
»Natürlich hat er dich angebaggert«, meinte Tessa ernst. »Genauso wie vorhin, als er dich wegen der Fotos angesprochen hat. Zweimal innerhalb einer Stunde.«
»Woher wusste er überhaupt, dass mein Dad Arzt ist? Noch praktiziert er hier ja gar nicht.«
Die Mädchen grinsten sie an. »Süße, du bist hier in Cojote Place, da gibt es keine Geheimnisse.«
***
Erin stieg vom Fahrrad und öffnete das weiß gestrichene Gartentor, das das Grundstück ihres neuen Zuhauses von der wenig befahrenen Seitenstraße trennte. Das Häuschen, das ihr Vater zu einem günstigen Preis ergattert hatte, bevor sie die Brücken zu ihrer Vergangenheit teilweise abgebrochen hatten, wirkte schon viel heimeliger als vor einer Woche. Was daran lag, dass dieses Musterstück erst einmal anständig renoviert werden musste und ihr Vater sich trotz ihrer Skepsis als geschickter Handwerker entpuppt hatte. Klar hätte er es sich leisten können, ein perfektes Haus zu kaufen, doch Erin wusste, dass er Beschäftigung brauchte, bis er endlich seinen Dienst als Allgemeinmediziner in Cojote Place antreten konnte.
Sie blieb verblüfft stehen und musterte die nicht übersehbare Rückseite der Frau, die an der offenen Haustür auf der Veranda stand. Nur die Fliegengittertür verhinderte einen deutlichen Blick in den Vorraum, wo ihr Vater sich gerade befand. Und mit lauter Stimme telefonierte. Erin rollte mit den Augen und lehnte ihr Fahrrad an die Hauswand. Neuer Ort, selbes Spiel.
Leise betrat sie die Veranda und blieb mit vor der Brust verschränkten Armen stehen. Erst jetzt bemerkte sie den Obstkuchen, den die Frau in ihren Händen hielt.
Lecker. Okay. Du bekommst eine Chance, wer auch immer du bist.
»Ja natürlich, Schatz. Nein, das ist kein Problem«, hörte sie ihren Vater sagen.
Die übliche Geschichte, die übliche Show. »Hör auf, dir Sorgen zu machen. Erin und ich kommen schon klar. Nimm dir Zeit, solange du brauchst. Nein, deine Eltern gehen jetzt erst einmal vor. Aber wie ich das sage! Und auch meine. Natürlich. Ja, ich grüß sie von dir. Ich dich auch, Schatz. Bis morgen. Und grüß deine Eltern. Bye.«
Zu allem Überfluss sandte er auch noch einen laut schmatzenden Kuss hinterher. O Dad! Er steckte das Schnurlostelefon in die Halterung über der Schuhkommode und drehte sich in gespielter Überraschung zur Tür um. Als ob er nicht wüsste, dass da jemand stand. Dabei hatte er das Ganze doch nur für diese Frau abgezogen.
Dafür könnte er glatt einen Oscar bekommen.
»Mr. Young«, beeilte sich die Lauscherin zu sagen, »ich habe Ihnen einen Begrüßungskuchen gebacken. Mit Früchten aus meinem eigenen Garten.«
Ihr Vater trat lächelnd auf die Frau zu. »Das ist aber sehr lieb von Ihnen, Mrs. …«
»Miss«, unterbrach sie ihn rasch, »Miss Geldop. Cynthia. Ich war leider nie verheiratet. Nur verlobt, aber grausame Umstände haben … ach, was rede ich denn da. Ich wohne nebenan und dachte, na ja, weil ich Sie und Ihre Tochter gesehen habe, Sie möchten vielleicht Kuchen und …« Sie hörte abrupt auf zu reden und schien auf eine Entgegnung zu warten.
»Äh, ja, das ist wirklich sehr nett von Ihnen«, sagte ihr Vater und nahm den Kuchen umständlich an sich. »Meine Schwiegereltern … es geht ihnen nicht gut, deshalb ist meine Frau gerade bei ihnen. In Florida.«
Erin öffnete schockiert den Mund. Florida? Mein Gott, warum nicht gleich Afrika?
»Sie leben noch in einer eigenen Wohnung, aber weil sie schon sehr gebrechlich sind und mein Schwiegervater gerade einen Schlaganfall hatte …«
O Dad, bitte, hör auf damit!
Erin
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