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Liebe stand nicht auf dem Plan

Liebe stand nicht auf dem Plan

Titel: Liebe stand nicht auf dem Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Rapp
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verschwindet darin. Keine Alarmanlage, das ist nicht leichtsinnig, das ist schon fahrlässig. Er weiß, dass kein Licht nach draußen dringt. Trotzdem zögert er eine Sekunde, bevor er es anmacht. Dann zieht er die Turnschuhe aus, stellt sie an der Tür ab und geht auf Socken in den großen Raum. Um ihn ist absolute Stille. Eine Stille, die schwingt, in die Tiefe und zurück. Er lässt sich Zeit, nimmt den Raum in sich auf, schließt die Augen und weiß, er hat seinen Ort gefunden.
    Methodisch geht er ans Werk und holt die aufgerollten alten Plakate. Die Flächen, auf die keine Farbe kommen soll, müssen abgeklebt werden. Der Putz ist fest, ehemals weiß, mittlerweile nachgedunkelt, gut für seine Zwecke. Er dreht Ugly & Brilliant auf, schüttelt Dosen, und los geht’s. Die Welt um Dali versinkt, ein Zustand, den er liebt. Er verliert sich in Details von Farbübergängen, in den Winkeln des lachenden Mundes von Mehmet, bis er selbst lachen muss. An Keaths Drehung arbeitet er, bis ihm schwindelig wird. Streetart vom Feinsten. Wenn er mit dem Club fertig ist, wird er als nächstes Projekt riesige Nacktbilder von der jungen Kunstreferendarin, die er im Café Geyer getroffen hat, in Angriff nehmen. Er muss sie dazu kriegen, ihm Modell zu stehen. Das heißt, er braucht ein Atelier, da führt kein Weg dran vorbei, für die Freiheit, für die Kunst, für die Leidenschaft …
    Vier Meter weiter an der Wand entlang, rechts oben an der Decke, ist das eindeutige Indiz, dass über dem Clubraum ein Dachboden sein MUSS. Ohne jede Frage, denn das da oben ist eine Einstiegsluke. Und dieser Dachboden, den niemand je erwähnt hat, der nicht geputzt wird, der wahrscheinlich nicht einmal als Stauraum dient, wird sein Atelier werden. Von diesem
Atelier träumt er, seit er die Luke entdeckt hat, und er träumt von der Kunstreferendarin und von wildem, hemmungslosem Sex zwischen Bildern und Farben auf dem vibrierenden Fußboden, während unten der Saal tobt. Er träumt in Farbe und betrachtet von allen Seiten seine beiden vollendeten Bilder. Sie sind gut. Mehr als das, er findet sie sehr gut, und deshalb kommt jetzt die Belohnung. Auf zur Atelierbesichtigung!
    In der Schreibtischschublade in Leifs Büro sind jede Menge Schlüssel. Einer ist für den Getränkeschuppen, den sortiert er aus, ebenso die fünf Ersatzclubschlüssel. Bleiben vier weitere für unbekannte Türen. Eine Aluleiter ist längs unter der Bühne an Haken befestigt. Die stellt er an die Wand und klettert hoch.
    Nach zehn Minuten schmerzen Knie und Schulter. Keine Chance, es müssen Äonen vergangen sein, seit sie das letzte Mal geöffnet wurde. Wahrscheinlich steckt über der Platte eine Ausziehleiter, aber die Luke sitzt fest. Es klingt verheißungsvoll hohl, als er mit der Faust dagegenschlägt, aber kein Schlüssel lässt sich drehen. Er gibt auf, legt sie in die Schublade und schleppt die Leiter an ihren Platz zurück.
    Auf dem Sofa in der Künstlergarderobe versucht er zu pennen. Er kann sich darauf in voller Länge ausstrecken, aber nach einer Weile gibt er trotzdem auf. Die innere Ruhe stellt sich nicht ein, und er holt sich an der Bar was zu trinken. Dann löst er die abgeklebten Plakate und legt sie nebeneinander auf dem Fußboden aus. Sie sind ideal für Noras UUU AAA-Club. Ursprünglich waren es Schwarzweiß-Plakate für längst vergangene Konzerte. Der Zufall will es, dass er jeweils die Sound-Club-Adresse mit dem nächsten Plakat überklebt hat. Sonst haben die Sprühfarben vom ursprünglichen Motiv nicht viel übrig gelassen. Weiß sprüht er die sechs Us und As, darunter in Pink »1. Underage-Club« über Adresse, Datum, Uhrzeit und
7 €. Bunt, schön, wild. Nora braucht keinen Cent für Farbkopien auszugeben.
    Euphorie beflügelt Dali und hilft ihm über die Übelkeitsattacken hinweg, als er die Sohle seines versauten Turnschuhs vom Hundescheiß befreit. Er fährt mit dem Fahrrad im großen Bogen um den Fischmarkt herum und langsam weiter Richtung HafenCity. Der Sonntagmorgen graut, und er genießt die autofreien Straßen.

15
minderjährig? volljährig?
    Am Montag nach der Schule plakatiert Nora Dalis geniale U A-Club-Ankündigungen und ist total konfus. Keath macht sich Sorgen um sie. Eigentlich könnte sie darüber vor Freude ausflippen, aber er hat so ernst auf sie eingeredet, sie müsse vorsichtig sein und dürfe auf keinen Fall alleine unterwegs sein, dass sie Schiss gekriegt hat und sich dauernd umsieht, ob niemand hinter ihr her ist. Erst als sie

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