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Liebe stand nicht auf dem Plan

Liebe stand nicht auf dem Plan

Titel: Liebe stand nicht auf dem Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Rapp
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er erkannt, dass deine offensichtliche Unreife nichts mit deinem biologischen Alter zu tun hat«, überlegt Nora ernsthaft. »Du bist neidzerfressen, das sieht man dir an. Dienstags wollen wir feiern. Wenn du nur hingehst, um rumzutönen, nein, was für ein Kindergarten, herzig, wie jung die sind … dann bringt das keinen Spaß. Ist dir das nicht klar?«
    »Arschloch.«
    »Wolltest du dir nicht Stiftzähne machen lassen?«, erinnert Nora sie und schließt die Augen. Auf dem Kiesweg hört sie die Absätze knirschen und atmet tief ein. Zum Glück hat sie keine Schmerzen mehr. Nora knüpft an ihren schönen Traum an. Dazu braucht sie sich nur vor Augen rufen, wie sie ihre Arme um …
    »Lewandowskalingerin!« Dali lässt sich auf die Bank fallen.
    Das kriegt Nora auch mit geschlossenen Augen mit. »Halt die Klappe, Dali. Ich will bloß ein bisschen vor mich hinträumen.«
    »Träume sind Schäume.« Die Weisheit klingt nach einer noch frischen schmerzhaften Erkenntnis.
    »Nicht ausführen, behalt dein Elend für dich«, bettelt Nora. Macht aber den Fehler, Dali mit einem blauen, halb offenen Auge anzusehen.
    Das ist ihm Ansporn genug. »Ich hab als Einziger so viel Aufgaben gekriegt, dass ich die ganze Woche schuften muss. Echt. Tag und Nacht.«
    »Wieso als Einziger, das geht doch gar nicht«, blockt sie ab.
    »Sie sagt, für den Leistungskurs muss man motiviert sein.« Dali klingt ratlos.

    »Die Referendarin?«
    »Janina Joh, ja, die«, jetzt ist er geknickt, ein gebrochener Mann. »Zeichnen nach der Natur soll ich. Das Motiv Mensch und Blattwerk. Plus ne Hausarbeit mit dem Thema Plastiken aus acht Jahrhunderten. Und dann soll ich aus Kartoffeln fünf historische Köpfe schnitzen.«
    »Wie, historische?«
    »Historische im Sinne von berühmt. Bist du auf einmal deppert geworden? Köpfe von längst Verstorbenen meine ich.«
    »Hat sie das gesagt?« In Nora steigt ein leiser Verdacht auf.
    »Meinst du, ich denke mir so nen Schwachsinn aus?« Dali wird laut.
    »Sch, mach nicht mich an. Plastiken aus acht Jahrhunderten, das kann ich dir von Elfi besorgen. Die hat letztes Jahr ne Eins dafür gekriegt. Neun Seiten, die musst du umformulieren, ist klar. Du kannst die Datei haben für nur fünf Euro.«
    Dali starrt Nora an. Sie ist aber noch nicht fertig. »Ein Tipp: übermale die Joh. Ist vielleicht doch nicht so clever gewesen, sie an die Bar zu pinseln. Ich meine bloß, weil ihre Schüler sie erkennen können.«
    »Meinst du, ich soll deshalb historische Kartoffelköpfe machen? «
    Sie nickt. »Ich leg mich unter den Busch. Du kannst mich abzeichnen. Mit Blattwerk.«
    »Für wie viel?«, grinst Dali deutlich besser gelaunt.
    »Ist umsonst. Wenn du mich träumen lässt.«
    »Unters Blattwerk mit dir. Hast du noch ’n Tipp?«
    »Wenn du sie rumkriegen willst, mach mindestens drei Frauenköpfe. Es kotzt einen an, wenn unterm Stichwort ›historisch‹ automatisch nur Männer bei rauskommen. Kartoffel hin, Kartoffel her.«

    Das Gras ist weich und duftet. Nora träumt. Fünf Minuten später ist Dali umringt von einer beachtlichen kindlichen Zuschauerschar.
    »Mich auch.«
    »Ich will auch!«
    »Du bist hässlich, mal mich.« Modelle zuhauf und Zulauf von Müttern, die ihm über die Schulter sehen. Er zeichnet Nora unterm Busch, zwei Mädchen mit einem Kranz aus Zweigen um den Kopf, einen Jungen im Baum, eine Mutter neben Rhododendron. Sein Stift flitzt über die Seiten des Zeichenblocks. Dali hört erst auf, als der Säugling im Schatten des Gebüschs, den er in Arbeit hat, zu schreien anfängt.

    Vor der Schule lehnt Mehmet mit seinem Fahrrad am Kiosk und schlürft Bionade. Es steigert seine gute Laune bis zum Frohsinn, dass ihn so viele erkennen. Er merkt es an ihrem Verhalten, manche kichern und sehen weg, andere grüßen oder grinsen ihm zu. Er wartet auf Nora. Eine spontane Idee. Er will mit ihr zum Club schlendern, bisschen reden, vielleicht einen Tee trinken unterwegs. Aber die Menge der heimwärts strömenden Schüler nimmt ab, und sie ist nicht zu sehen.
    »Hi, Mehmet. Was führt dich nach Altona?«
    Keath steht am Kiosk und sucht sich ein Käsebrötchen aus.
    Mist, Mehmet hat eine Vespa knattern hören, ist aber nicht auf die Idee gekommen, dass es Keaths sein könnte. »War bei meinem Onkel. Und du?«
    »Hm, das sind die besten Brötchen überhaupt.« Er beißt ab. »Wuffte nift, daff du hier Verwandfaft haft.«
    »Schluck runter, Mann. Wir könnten einen von uns zum Bürgermeister wählen, so zahlreich sind wir

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