Liebe stand nicht auf dem Plan
Blond, hübsch, etwa siebzehn.
»Hallo, Turteltäubchen, lass den Mann arbeiten! Ich will rein. Es schifft«, drängelt hinter ihr ein Mädchen. Nur Keath und der
Einlasstisch mit Kasse haben unter dem Werbeschirm für ein Hamburger Bier Platz.
Sie zahlt für ihre drei Freundinnen mit. Bei einer entdeckt er den verblassten roten UUU AAA-Stempel vom letzten Mal auf dem Handrücken. Heute hat er ein grünes Farbkissen. »Soll ich direkt drunterstempeln?«
»Rot-Grün? Was gibt’s nächsten Dienstag?«
»Sucht es euch aus. Blau oder schwarz?« Die vier haben sich noch nicht entschieden, als sie durch die Tür entschwinden.
In der wogenden Menge nach jemandem zu suchen, ist aussichtslos. Aber Nora muss mit Vera sprechen. Ihre Mädchenband Rumpus war auf Platz eins im regionalen Schülerband-Wettbewerb. Pech ist nur, dass Nora sie bloß vom Foto kennt. Sie tanzt sich durch, brüllt in Ohren, folgt Fingerzeigen und findet sie. Eine Unterhaltung ist nur im Vorraum möglich, und der Weg dahin dauert. Viele kennen die beiden, schreien sie begeistert an, tanzen um sie herum und halten sie fest. »Puh, schwitz, ein Bad in der Menge. Wer bist du, und was ist so wichtig?«, stöhnt Vera. Sie ist deutlich größer und kräftiger als Nora.
»Nora …«, sie kriegt keine Luft mehr und keucht.
Vera starrt sie an. »Du veranstaltest diese geniale Sause?«
Nora nickt. »Willst du, ihr, ich meine, will Rumpus hier spielen? Nächsten oder übernächsten oder überübernächsten Dienstag? «
Vera lehnt sich baff an die Wand. »Im SOUND CLUB?« Dann packt sie Nora, dreht sie im Kreis herum und schreit: »Ja, ja, ja! Was für ne Frage!«
Nora hat noch keinen festen Grund unter den Füßen, alles dreht sich, als Vera von Zweifeln gepackt wird. »Aber wir haben höchstens vierzig Minuten …«
»Kein Problem, dann lasst ihr’s vierzig Minuten krachen. Ihr lasst es doch krachen?«
»Rumpus ist Krach.« Vera strahlt auf und zögert wieder. »Nach Çay können wir unmöglich auftreten. Der macht sein Ding, und keiner will, dass er jemals wieder aufhört.«
»Mehmet kann erst mal, so lange noch nicht alle drin sind, eure Musik spielen. Dann lasst ihr’s krachen. Es gibt Applaus, die Leute drehen durch, eine Zugabe. Er macht einen Übergang, und dann lässt er’s krachen.«
»Klingt super. Auweia, ich dreh jetzt schon durch!«
»Gib mir deine Nummer und Email-Adresse. Die Technik besprechen wir mit Mehmet.« Sie tauschen die Nummern aus. »Sechzig Euro Gage kann ich zahlen.«
»Dass du Gage sagst! Freiwillig!«
»Nein! Nicht! Lass mich runter!« Nora dreht ein paar weitere Runden.
Dann wird sie losgelassen, gedrückt, losgelassen, gedrückt. Jede einzelne Rippe erinnert Nora schmerzhaft an die Prellung.
Vera reißt die Tür auf. »Ich muss telefonieren. Danke, du bist … ein Schatz.«
Keath sieht das Mädchen mit wilden Sprüngen durch den Hinterhof düsen. Zwanzig weniger Glückliche hat er wegschicken müssen. Ausverkauft, der Club ist proppevoll. Bevor die Tür wieder zufallen kann, reicht er Nora die Kasse. »Ich bleib noch ne halbe Stunde. Es kommen immer noch welche. Wie ist es da drinnen bei euch?«
»Voll, minderjährig, heiß.« Sie grinst ihn breit an.
Er bemüht sich wirklich, ein guter Kumpel zu sein. Herzklopfen kann er gar nicht brauchen. Nicht in dem Tempo.
»Willst du was zu trinken haben?«
Keath hat noch, sagt aber: »Ja, noch ne – Quittenlimo.« In seiner
Stimme klingt ein Lächeln, sein Gesicht ist ernst. »Achte auf die Kasse, die ist voll.«
Dali nimmt sie Nora aus der Hand, schiebt sie hinter eine Getränkekiste unter der Theke und legt ein Handtuch drauf. »Sicherer als auf der Bank.«
»Soll ich dich ablösen?«, fragt Nora. Maika ist tanzen gegangen.
»Ich rette Menschenleben. Das ist gut für mein Karma«, sagt er und verdreht die Augen. Er serviert auf Bayerisch und hat genauso viel Spaß wie die vor der Theke. »A Wasser? Brav. Host’s Glasl a no?«
»Sorry, hab ich zerdeppert.«
»Hätst ned aufbassn kenna? Schleich di!« So geht’s hin und her, in einem fort.
Nora liefert das gewünschte Getränk nach draußen und stellt sich unter den Schirm zu Keath. Kurz frische Regenluft schnappen. »Mit dir wär’s schöner«, sagt sie schnell, als wäre sie gar nicht weg gewesen.
Keath verschluckt sich an der Quittenlimo.
»Sorry.« Peinlich! Hilfe!, denkt Nora, was labere ich denn bloß immer für einen Scheiß an ihn ran? Ich sollte Schlagertexte schreiben! »Äh, ich muss wieder
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