Liebe um Mitternacht
waren schon merkwürdige Wesen.
Nach einer Weile ging sie zurück in ihr Arbeitszimmer und setzte sich hinter ihren Schreibtisch. Sie las noch einmal durch, was sie vor Adams Ankunft geschrieben hatte und war jetzt noch unzufriedener mit der Entwicklung ihrer Geschichte als zuvor. Irgendwie konnte sie es nicht zulassen, dass Edmund Drake die Kontrolle über seine Gefühle so weit entglitt, dass er Miss Lydia etwas antun würde, selbst dann nicht, wenn er glaubte, sie hätte ihn betrogen.
Nur ein brutaler Verrückter kann sich eine solche Entschuldigung ausdenken.
Und dann erinnerte sie sich wieder daran, was er gesagt hatte, als sie seine Rippen mit Emmas Salbe verbunden hatte.
Ich hoffe, deine Tante hat keine Arnika in ihre Salbe getan?
Und sie dachte wieder an ihre Antwort.
Nein. Wenn sie in die Haut eindringt… ist sie wie ein Gift.
Gift.
Wenn Edmund Drake vergiftet worden war, dann könnte er sich vielleicht so ungewöhnlich benehmen.
Sie griff nach ihrem Stift, strich einige Absätze durch und begann dann zu schreiben.
»Edmund, du musst mir zuhören«, bat Lydia. »Du bist nicht du selbst, Sir. Ich denke, man hat dich vergiftet.«
Edmund erstarrte, sein Verstand und seine Intelligenz gewannen wieder die Oberband. »Vergiftet? Aber wie sollte so etwas möglich sein?«
»Die Törtchen«, rief sie ihm ins Gedächtnis und warf einen Blick auf das Tablett auf dem Tisch. »Diese düstere Stimmung hat dich überkommen, nachdem du das erste davon gegessen hast.«
»Zum Teufel, du hast Recht.« Edmund schüttelte den Kopf, als wolle er den Nebel, der sich um seinen Verstand gelegt hatte, vertreiben. »Irgendetwas stimmt nicht. Ich fühle mich gar nicht wohl.« Er stand auf und sah mit wachsendem Entsetzen auf sie hinunter. »Was habe ich nur getan? Verzeih mir, Miss Lydia. Ich würde dir niemals etwas antun.«
»Ich weiß.« Sie setzte sich auf und strich sich hastig die Röcke glatt. »Es war ein großes Missverständnis, und ich kann alles erklären.«
So ist es schon viel besser," dachte Caroline.
Aber sie konnte nicht länger verleugnen, was doch so offensichtlich war. Ganz langsam entwickelte sich Edmund Drake zu ihrem Helden. Und das warf ein ernstes Problem auf. Sie musste einen anderen Bösewicht finden. Es blieben nur noch wenige Kapitel, bis die Geschichte zu Ende war.
32
Kurz nach elf Uhr am nächsten Abend schlich sich Adam aus dem lauten, überfüllten Ballsaal. Schnell ging er an den Räumen der Dienstboten vorbei und nahm die Abkürzung in die Bibliothek.
Die Musik und der Lärm der Stimmen verblassten langsam hinter ihm. Julia hat einen weiteren überwältigenden Erfolg gelandet, dachte er. Die Brunnen funktionierten alle, keiner lief über, und die Ruinen sahen außergewöhnlich echt aus. Das Thema der römischen Villa würde zweifellos von jeder Gastgeberin in der Stadt imitiert werden.
Aber am meisten freute er sich an diesem Abend über Caroline. Sie strahlte in einem eleganten roten Kleid. Winzige goldene Blümchen glänzten in ihrem hochgesteckten Haar.
Es belustigte ihn, dass sie sofort einen so großen Erfolg gehabt hatte, und zwar nicht wegen der Verbindung zu seiner mächtigen Familie, sondern wegen ihrer Arbeit als Schriftstellerin des
The Mysterious Gentleman.
Sofort als sie den Ballsaal betreten hatte, hatte sich eine Menschenmenge um sie versammelt. Es schien, dass alle Anwesenden wissen wollten, welches Schicksal Edmund Drake erwartete.
Er öffnete die Tür der Bibliothek und trat ein.
»Ich habe Ihre Nachricht bekommen, Harold.«
Harold Filby hörte auf, nervös in dem Raum auf und ab zu laufen und wirbelte herum. Hinter den dicken Brillengläsern blickten seine Augen ungewöhnlich besorgt.
»Es tut mir Leid, Ihren Abend so zu unterbrechen, Sir, aber ich bin gerade erst nach London zurückgekehrt und sofort hierher gekommen. Ich dachte, Sie sollten die Neuigkeiten sofort erfahren.«
»Machen Sie sich keine Sorgen über die Unterbrechung des Abends.« Adam schloss die Tür der Bibliothek hinter sich und kam auf ihn zu. »Ich versichere Ihnen, es wird mich niemand vermissen. Mrs. Fordyce ist die große Attraktion des Balles heute Abend.«
»So.« Harold sah ihn genauer an. »Was ist denn mit Ihrem Auge geschehen, Sir? Hatten Sie einen Unfall?«
»Das ist eine lange Geschichte. Ich werde sie Ihnen später einmal erzählen.«
Harold räusperte sich. »Nun, also, ich fürchte, die Informationen, die ich für Sie habe, haben mit Mrs. Fordyce zu tun. Nachdem ich Ihr
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