Liebe um Mitternacht
atmen. Hatte Ivybridge sie doch entdeckt und war ihr gefolgt?
»Ich nehme an, du bist so erschöpft vom Tanzen, dass du nicht einmal einen Walzer mit mir tanzen willst, Mrs. Fordyce.« Adam schob den blauen Vorhang beiseite. Er lächelte leicht, doch in dem schwachen Licht konnte sie den Ausdruck seiner Augen nicht erkennen. »Ich weiß, dass du heute Abend sehr begehrt bist, aber immerhin sind wir doch gute Freunde.«
»Adam.«
Erleichterung mischte sich mit der Angst, und ihr Herz schlug heftig. Sie sprang auf. »Gott sei Dank bist du hier. Es braut sich ein entsetzlicher Skandal zusammen.«
»Schon wieder einer? Sie entstehen so schnell, dass ich gestehen muss, mir fehlt langsam der Uberblick.«
»Dieser hier wird alle anderen verblassen lassen. Du musst mir vertrauen, wenn ich dir sage, dass es äußerst wichtig ist, dass ich sofort Emma und Milly finde. Wir drei müssen dafür sorgen, dass wir das Haus ungesehen verlassen können.«
»Das klingt ja ganz so, als hätte es schon wieder einen erstaunlichen Vorfall gegeben.« Er schüttelte leicht den Kopf. »Ich schwöre, mein Leben ist zu einem Sensationsroman geworden, seit ich dich kennen gelernt habe.«
»Das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für Humor, Sir, das versichere ich dir.« Sie stellte fest, dass sie in ihrer Aufregung heftig mit ihrem Fächer wedelte. Verlegen zwang sie sich, ruhig zu bleiben. »Du hättest die ganze Geschichte längst erfahren müssen, aber wir waren so sehr beschäftigt mit den Morden und all diesen Dingen, dass ich bis jetzt keine Gelegenheit hatte, dir von den entsetzlichen Ereignissen in Chillingham zu erzählen.«
»Nein, das stimmt, das hast du nicht getan.«
»Es war einfach schrecklich, Adam. Wirklich schrecklich. Eine gewisse Person, die der Grund für all das war, ist im Augenblick hier in diesem Haus. Ich habe ihn gerade gesehen. Wenn er mich oder meine Tanten entdeckt, dann wird der Skandal, in dem wir uns im Augenblick befinden, noch tausend Mal schlimmer werden.«
»Ich nehme an, wir reden über Ivybridge?«
Sie erstarrte. »Du weißt von Ivybridge?«
»Ich kenne zwar nicht die genauen Einzelheiten, aber ich weiß, dass er der Gentleman ist, der deinen Ruf ruiniert hat, als du noch Miss Connor warst.«
»Gütiger Himmel. Das ist wirklich erstaunlich. Wie um alles in der Welt hast du das erfahren?«
»Es war nicht gerade einfach, ganz besonders wegen der Tatsache, dass du mich absichtlich in die Irre geführt hast, als du Bath erwähntest.«
Sie fühlte sich schuldig. »Oh ja. Das hatte ich ganz vergessen. Ich bitte dich um Entschuldigung. Aber zu diesem Zeitpunkt wollte ich dir noch nicht zu viele Einzelheiten verraten, falls ich dir nicht vollkommen, äh …«
»Falls du mir nicht vollkommen trauen konntest?«
Sie errötete. »Bis vor ein paar Tagen kannte ich dich noch nicht sehr gut, und ich musste vorsichtig sein.«
»Das verstehe ich.« Er senkte den Kopf ein wenig. »Man kann nicht vorsichtig genug sein, wenn man versucht, seine Vergangenheit zu verbergen. Ich hatte selbst einige Erfahrungen in dieser Hinsicht, wenn du dich recht erinnerst.«
»Ja, natürlich. Ich habe nur gerade versucht, mir einen Plan zurechtzulegen, damit meine Tanten und ich uns aus dem Haus schleichen können, und da du in dieser Hinsicht so viel Erfahrung hast, könntest du uns dabei helfen.«
»Woran hast du denn gedacht?«
»Ich dachte, dass wir vielleicht durch den Dienstboteneingang verschwinden könnten.«
»Wie eigenartig. Ich dachte da eher an einen gemeinsamen Walzer.«
Sie sah ihn böse an. »Hast du heute Abend zu viel getrunken, Adam?«
»Noch nicht. Aber wenn man bedenkt, wie sich die Dinge entwickeln, wäre ich nicht überrascht, wenn ich noch ein wenig Stärkung brauche, ehe der Abend vorüber ist.«
»Ich verstehe nicht, warum du dich in dieser äußerst ernsten Lage noch lustig machst. Ich verspreche dir, wenn Emma, Milly und ich nicht unbemerkt entkommen, ohne dass Ivybridge uns sieht, dann wirst du und deine Familie in einen Skandal verwickelt werden, der noch viel schlimmer ist als alles, was du dir vorstellen kannst.«
Er löste die Arme, die er vor der Brust verschränkt hatte und legte die Fingerspitzen auf ihren Mund, um sie zum Schweigen zu bringen.
»Zuerst der Walzer«, bestand er auf seinem Wunsch.
Er griff nach ihrem Arm und zog sie aus ihrem Versteck.
»Adam, warte, du scheinst nicht zu verstehen …«
»Wenn du mich weiter so böse ansiehst, werden alle glauben, dass wir uns
Weitere Kostenlose Bücher