Liebe um Mitternacht
ignorierte seinen Protest und lief durch den Flur in die Küche, um dort alles zu holen, was sie brauchte.
Als sie wenige Minuten später mit dem Tuch und der Salbe zurückkehrte, stellte sie fest, dass er nicht länger in dem Sessel saß. Stattdessen stand er hinter ihrem Schreibtisch und las die Szene, die sie gerade geschrieben hatte, als er kam. Sie bemerkte auch, dass er sich ein weiteres Glas Sherry eingegossen hatte.
»Was zum Teufel ist hier eigentlich los?« Mit einem bösen Blick sah Adam sie an. »Hat Drake etwa Miss Lydia angegriffen?«
»Es hat ein schreckliches Missverständnis gegeben«, erklärte sie und öffnete den Topf mit der Salbe. »Edmund Drake glaubt, dass Miss Lydia ihn angelogen hat. In seinem Zorn und seinem Schmerz hat er die Kontrolle über seine Gefühle verloren.«
»Nur ein brutaler Verrückter kann sich eine solche Entschuldigung ausdenken«, erklärte Adam mit ausdrucksloser Stimme. Er nahm noch einen Schluck von seinem Sherry.
Caroline strich die Salbe auf das Tuch. »Du hast Recht. Ich wusste, dass etwas an dieser Szene nicht stimmte. Ich werde nach einer anderen Lösung suchen müssen, um sein Verhalten zu erklären.«
»Aber warum? Ich habe geglaubt, er sei der Bösewicht in dem Stück. Bösewichte sind brutal und verrückt, nicht wahr?«
»Ach, lass nur.« Sie riss ein Stück von dem Stoff ab und drückte es sanft auf seine Wange. »Halte das hier fest, während ich einen Verband für deine Rippen mache.«
Abwesend hielt er das Stück Stoff fest. »Wo sind denn Emma und Milly?«
»Im Theater. Mrs. Plummer ist hier, aber sie schläft oben.« Sie bestrich ein weiteres Stück Stoff mit der Salbe. »Das hier ist für deine Rippen. Bleibe ruhig stehen, ich werde dir das Hemd ausziehen.«
Er zog scharf den Atem ein, als sie ihm das Hemd auszog, doch sagte er nichts.
Es war erst das zweite Mal, das sie ihn ohne Hemd sah. Der Anblick seines nackten Oberkörpers mit dem leichten Flaum aus krausem Haar lenkte sie für einen Augenblick ab. Er ist mein Geliebter, dachte sie. Immerhin hatte sie das Recht, ihn so zu sehen.
Doch dann riss sie sich zusammen und schlang den Streifen Stoff um seine Rippen. Adam zuckte zusammen, dann trank er das Glas mit dem Sherry leer.
»Habe ich dir wehgetan?«, fragte sie erschrocken.
»Nein. Die Salbe ist kalt, das ist alles.«
»Das muss auch so sein.« Sie band die Enden des Stoffes zusammen. »Die Kälte hilft, die Schwellung zu lindern.«
Er sah auf ihre Hände, während sie den Verband befestigte. »Ich hoffe, deine Tante hat keine Arnika in ihre Salbe getan.«
»Nein. Sie sagt, auch wenn das sehr gut ist gegen die Schwellung, so ist es doch zu gefährlich. Die Arnika dringt durch einen Schnitt oder eine offene Wunde in die Haut ein und wirkt wie ein Gift. Adam, diese Männer, die dich angegriffen habe – glaubst du etwa, dass sie etwas mit den Morden zu tun hatten?«
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie nichts damit zu tun haben. Sie haben behauptet, dass unser alter Bekannter sie angeheuert hat, der Mann mit dem viel zu dichten Bart, der so stark humpelt.«
»Aber wenn nun …«
Ohne Vorwarnung ließ er das Stück Stoff fallen, das er bis jetzt an seine Wange gedrückt hatte, senkte den Kopf und küsste sie mit einer solchen Zärtlichkeit, dass es sie bis in ihr Innerstes anrührte.
Als er schließlich den Kopf wieder hob, musste sie sich an seinen Schultern festhalten, um nicht zu fallen.
» Adam? «
»Ich hätte heute Abend gar nicht hierher kommen dürfen, ich hätte gleich nach Hause gehen sollen.«
»Nein, das ist schon in Ordnung.« Sie räusperte sich. »Wir haben uns auf eine Affäre eingelassen. Du hast das Recht, hier zu sein.«
»Wirklich? Habe ich wirklich das Recht, hier mit dir allein zu sein? Sage mir die Wahrheit, Caroline.«
»J-ja«, stotterte sie, weil sie nicht sicher war, worauf er hinaus wollte. »Wir sind jetzt Liebende.«
»Liebende.« Er wiederholte das Wort, als sei er sich seiner Bedeutung nicht klar. »Ja. Ich bin ganz sicher dein
Geliebter.«
Er küsste sie noch einmal. Und als er diesmal den Kopf wieder hob, rang sie nach Atem.
»Adam, du solltest dich wirklich nicht so anstrengen«, ermahnte sie ihn. »Nicht, nach allem, was du heute Abend durchgemacht hast.« »Ich will dich.«
Jetzt stockte ihr der Atem vollkommen.
»Hier?«, brachte sie schließlich heraus. »Jetzt?«
»Hier. Und jetzt.«
Sie leckte sich über die Lippen. »Oh.«
»Du hast gesagt, wir sind Liebende.« Er schob den
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