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Liebe Unbekannte (German Edition)

Liebe Unbekannte (German Edition)

Titel: Liebe Unbekannte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: István Kemény
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Krebs!“
    „Todesentzündung!“
    „Dein Teil wird dich überleben!“
    „Todesentzündung!“
    „Da gibt’s nichts schönzureden!“
    „Todesentzündung! Todesentzündung! Todesentzündung!“
    „Tabaki, ich verstehe das nicht“, sagte die Künstlerin, die die Savanne auf Kornéls Rücken malte. „Was ist los mit dem Tod? Entzündet er sich?“
    Tabaki selbst hegte in Bezug auf mehrere der Zeilen Zweifel, weshalb es ihm gelang, Geduld zu bewahren.
    „Todesentzündung bedeutet, dass der Tod auch zu deinem Körper gehört, ebenso wie zum Beispiel dein Kopf, und sich eben entzündet.“
    „Kopfentzündung gibt es aber nicht.“
    „Dann eben die Mandeln, ist doch egal. Es geht darum, dass sogar dein Tod krank ist.“
    „Ach so! Das ist ja tierisch gut, Tabaki!“
    „Sag ich doch. Das Problem mit euch ist, dass ihr nicht in der Lage seid, die Welt in komplexen Zusammenhängen zu betrachten. Außer Kornél, denn er ist ein Kulturheros. Er ist nur zugedröhnt und will uns gerade etwas sagen. Sprich, Heros.“
    Kornél murmelte etwas, winkte ab, lächelte. Sie verstanden ihn nicht. Ich verstand ihn. Überhaupt hatte ich, seitdem wir den Raum betreten hatten, alles verstanden. Das bemerkte ich auch in diesem Moment.
    Auch die Todesentzündung hatte ich sofort verstanden, als Einziger im Raum. Außer vielleicht Kornél und natürlich dem Verfasser selbst. Ich verstand es voll und ganz und das sofort.
    „Ich habe es verstanden“, sagte ich zu Gábor, der so tat, als hätte er es auch verstanden. Aber er schenkte mir keine Beachtung. Er war nur mit Kornél beschäftigt.
    Da ging die Tür auf und Elemér steckte den Kopf und dann seinen langen Arm herein. Dieser bewegte sich in Richtung der der Tür nächstgelegenen Ecke, in der ich stand, ergriff mich und zog mich vorsichtig zu sich hinaus. So deutete er auf seine Art an, dass er diesen Raum nicht noch einmal betreten werde, mir jedoch noch etwas zu sagen habe.
    „Wir müssen uns unterhalten, Schätzchen. Du bleibst doch noch, oder?“
    Er hielt mir die Schachtel unter die Nase.
    „Zieh inzwischen schon mal ein Zettelchen.“
    Ich zog einen. Es stand der Name Gyuri Keszi darauf.
    „Zieh noch einen. Für deinen Herzallerliebsten.“
    Während ich noch einen zog, begriff ich, dass mit
Herzallerliebstem
Gábor gemeint war. Ich las nicht, wen ich für ihn gezogen hatte.
    „Meiner Meinung nach könnten wir das mit dem Zettelziehen sein lassen, am Ende fällt das Ganze sowieso aus, aber besser ist, du ziehst einen, daran soll es ja nicht scheitern. Und bleib hier, geh ja nicht weg, wir plaudern später.“
    Er schob mich in den Raum zurück und zog die Tür hinter mir zu.
    „Sag Bescheid, wenn du sprichst“, sagte Tabaki zu Kornél. „Dann machen wir eine Pause.“
    Ich stand allein da. Gábor kniete neben Kornél. Ich sah, dass dieser den Faden nun völlig verloren hatte. In den nächsten Sekunden herrschte völlige Stille, alle warteten, dass er zu Ende sprach.
    „Alles, was ich sagen werde … Lach nicht …“
    Doch dann lachte er selbst.
    Gábor lachte nicht. Er hatte Kornél am Tag zuvor, am Mittag zuletzt gesehen. Er konnte sich die vierundzwanzig Stunden, die dazu geführt hatten, dass nun Tabakis Kumpels auf den Rücken seines Freundes malten, einfach nicht erklären. Für ihn war natürlich klar, dass sich hier jetzt alle an Kornél dafür rächten, wofür sie glaubten, sich rächen zu müssen. Er kannte dieses Phänomen: So waren die Menschen. Das allein hätte ihn nicht verwundert.
    Er konnte jedoch an nichts anderes denken, als dass mit diesem zügellosen Fest die Abtreibung gefeiert wurde, und es sich demnach um eine Satansfeier handelte. Sogar Emőke Széles sah er an, dass es sie nicht störte, was man mit Kornél anstellte, da sie auch guten Grund dazu hatte, sich an ihm zu rächen. Offenbar hatte auch sie alles Menschliche verloren. Er dachte jedoch daran, dass bei ihr vielleicht die Operation zu dieser Bewusstseinsveränderung geführt hatte. Damit versuchte er, ihr Verhalten für sich zu entschuldigen.
    Und die anderen? Er kannte die Anwesenden, Tabaki mochte er, vor Brüll hatte er gewissermaßen Respekt, aber was hatten die anderen mit Kornél, seinem Freund, zu tun? Er kam zu dem Schluss, dass nun alles vorbei sei. Das hatten sie mit ihm zu tun. Sie waren aus dem Keller heraufgestiegen wie das Grundwasser und nahmen ihn mit. Die Leere war heraufgestiegen, um ihn zu holen. Das Mittelmaß. Das Nichts.
    Das hier war nicht mehr die Welt,

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