Liebe und andere Parasiten
verbrennen, und rutschte im Bettzeug seitwärts von ihr weg. Seine Augen wurden distanziert und hart. Als er die Hände über den Knien verschränkte, den Blick senkte und mit einer Art Lachen den Kopf schüttelte, wusste sie nicht, ob er abgestoßen oder neidisch oder bloß überrascht war.
Sie erzählte es einer Freundin. »Vier in einer Woche sind ziemlich viel«, meinte die Freundin. »Ich habe noch nie vier in einer Woche gehabt. Auch noch nicht mal zwei in einer Woche.«
»Das war das einzige Mal«, sagte Bec. »Ich brauchte Bestätigung. Aber trotzdem, wer sagt, dass es viel ist?«
Die Freundin schüttelte sich. »Das macht irgendwie die Vorstellung zunichte, es wäre was Intimes.«
»Ist das so eindeutig? Gibt es ein Gesetz? Gibt es eine Regel? Du würdest nicht sagen, es wäre viel, wenn ich gesagt hätte, ich hätte in einer Woche vier neue Bekanntschaften geschlossen.«
»Das wäre schockierend«, sagte die Freundin.
»Du bist also schockiert.«
»Du bist Wissenschaftlerin. Du suchst im Leben nach derselben Art von Sicherheit, wie du sie im Labor findest.«
»Du redest, als ob es Sicherheiten gäbe, als ob es eine eindeutige Regel wäre, dass es zu viel ist, mit vier Männern in einer Woche Sex zu haben, und es leuchtet mir nicht ein, dass das eindeutig sein soll.« Ihre Stimme war lauter geworden, und sie merkte, dass die Mütter mit Kleinkindern in dem Café zu ihnen herüberschauten. Sie und die Freundin steckten die Köpfe dichter zusammen.
»Und was ist mit seiner Liste?«, sagte Bec. »Er ist kein Wissenschaftler, er arbeitet in einem Schickimicki-Café und macht Dancetracks, und er stülpt der Welt sein Raster über wie ein System, nach dem man leben müsste.«
»Es war nicht als Theorie gedacht, oder?«, sagte die Freundin. »Er hat nur versucht, was in den Griff zu bekommen. Guck mal.« Sie stellte ihr iPhone an und flippte auf eine App, die ManRater hieß. Sie zeigte Bec, wie die Punktwertung funktionierte: plus zwei, wenn ein Mann lustig war, plus eins für je zwanzigtausend Pfund über dem Mindestgehalt, plus zwei, wenn er Kinder wollte, minus eins für jede bisherige Ehe nach der ersten, plus zwei für Körpergröße, plus zwei für einen Großen, plus drei für einen sehr Großen.
»Es synchronisiert sich mit deinen Kontakten«, sagte sie.
»Wie viel zählt Liebe?«, fragte Bec.
»Es gibt plus zwei, wenn er dich liebt, und plus eins, wenn du ihn liebst.«
»Ziemlich traurig, oder?«
»Stimmt schon, es senkt die Ansprüche.«
»Andererseits ist es nur ein Spiel, nicht wahr?«, sagte Bec. »Es kratzt nur an der Oberfläche.«
»An den meisten von uns ist nicht mehr als Oberfläche«, sagte die Freundin. Ihre Augen wurden groß und richteten sich auf Bec. »Damit was läuft, ist Oberfläche schon viel.«
»Hast du dafür was bezahlt?«, fragte Bec.
»Neunundfünfzig Pence«, sagte die Freundin, und darüber mussten sie lachen.
11
Am Sonntag fuhr Bec in der Frühe mit der U-Bahn in ihr Labor am Centre for Parasite Control. Durch die schmutzigen Metallrahmenfenster des alten Betonbaus sah man Jalousien mit schiefen Lamellen wegen der von unten schiebenden Topfpflanzen, Stöße verblasster Ausdrucke und alte Schnittmodelle, die das Wirken von Parasiten darstellten und deren Kunststoffteile in futuristischen Farben wie Teal, Creme, Zungenpink und Nierenbraun bemalt waren.
Im zweiten Stock zog sie sich einen knopflosen Laborkittel über das weiße Leinenshirt und die Jeans. In einem hermetisch abgedichteten Raum summten fünf Inkubatoren melodisch, grau und neu und größer als sie, und ihre Lichter leuchteten konstant. Sie waren die Belohnung für ihre Entdeckung.
»Warum stellen wir sie nicht in Daressalam auf, statt das Zeug hier zu produzieren und dann dorthin zu schaffen?«, fragte sie einmal.
Maddie erklärte ihr, die Afrikaner würden sie nicht ordentlich betreuen. Sie könnten die laufenden Kosten nicht bestreiten, sagte sie.
»Wir können sie bestreiten«, sagte Bec.
»Sie haben die Infrastruktur nicht«, sagte die Leiterin. »Ich vermute, Sie würden am liebsten das ganze Zentrum nach Tansania verlegen.«
»Da ist die Malaria«, sagte Bec.
Maddie sah sie an und schien lächeln zu wollen, dann beugte sie sich vor und flüsterte Bec ins Ohr: »Eines Tages werden die uns die Arbeit wegnehmen. Aber nicht, solange ich lebe.«
Bec zog Latexhandschuhe und Mundschutz an, nahm die Abdeckung von der Haube und stellte die Luftzufuhr an. Sie schloss den ersten Inkubator
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