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Liebe und andere Parasiten

Liebe und andere Parasiten

Titel: Liebe und andere Parasiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Meek
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Programm, aber sie hatte gern ein Auge darauf, was H. gregi so in ihr trieb. Sie untersuchte Hunderte von Feldern; bei Feld 405 erblickte sie im Innern einer ihrer Zellen eine verschwommene Dunkelheit und pfiff sich einen Tusch. »Da bist du ja«, sagte sie. »Mein süßer kleiner Hypnozoit.«
    Bec trödelte im Labor herum, aß Chips aus dem Automaten. Die Inkubatoren waren voll und die Daten notiert. Am frühen Abend rief Val an und meinte, es sei noch nicht zu spät, sie könnten sich durchaus noch sehen. Es war Bec sehr wichtig, dass sie Val nicht belog, doch es gab für sie keinen Grund mehr, im Labor zu bleiben. Während er redete, senkte sich zentnerschwer die Verpflichtung auf sie nieder. Sie spürte den Druck und wusste, dass sie entweder eine Möglichkeit finden musste, mehr Haemoproteus zu produzieren, oder ihn sehen.
    Sie sah das Gesicht des Wachmannes, der auf seiner Runde durch das Sichtfenster in der Tür zu ihr hereinschaute, und dabei fiel ihr ein, dass im Keller noch Kisten mit anaeroben Kolben und Kerzentöpfen waren.
    »Ich muss noch arbeiten«, erklärte sie Val.
    »Es ist Sonntag. Du bist schon den ganzen Tag da«, sagte Val. »Wenn es noch mehr zu tun gibt, stell deine Gehilfen dazu an.«
    Bec konnte den Wachmann bewegen, den Lagerraum aufzuschließen und mit ihr die Kisten nach oben zu tragen. Sie schnitt sie achtlos auf und ignorierte das Verbot, Messer zu verwenden. Sie nahm die anaeroben Kolben aus ihrer sterilen Verpackung und baute eine Reihe aus Kolben, Petrischalen, Kulturen und Pipette auf. Einen nach dem anderen füllte sie die Kolben mit dem vorbereiteten Inhalt der Schalen, kippte den Katalysator dazu und verschloss sie luftdicht. Sie verbannte alles außer der Arbeit aus ihrem Kopf. Als sie mit den Kolben fertig war, machte sie sich mit dem alten Bestand von Kerzentöpfen, die das Centre besaß, an die nächste Runde der Parasitenproduktion. Bec zündete eine Kerze nach der anderen an und stellte die Töpfe über sie, sodass sie den Sauerstoff verbrauchten und ausgingen, bis jede freie horizontale Fläche im Labor mit Gläsern und Kolben vollgestellt war. Das Labor roch nach verbranntem Wachs. Bec schaltete den Sauglüfter an und machte alle Lichter aus bis auf eine einzelne Leselampe auf dem Schreibtisch in ihrem Büro.
    Es war Mitternacht. Die Lampe warf einen scharf umrissenen gelben Lichtkreis auf das gelackte helle Kiefernholz des Schreibtischs und das Heft von Parasitology Today , das Bec lesen wollte, und verbreitete einen größeren, trüberen Schein in der Dunkelheit, in die Bec mit einem Becher Pfefferminztee tappte. Sie setzte sich in den Polstersessel, löste ihre Haare, zog den Laborkittel aus, hüllte sich darin ein wie in eine Decke, zog die Beine an, las den ersten Satz eines Artikels, legte die Wange auf die verschränkten Arme und schlief ein.
    12
    Am nächsten Tag um sieben Uhr abends fuhr Ritchie am unwirtlichen Arbeitsplatz seiner Schwester vor, sah sie am Tor stehen und hupte. Sie machte die Wagentür auf. Er erkannte sofort, dass sie die Nacht im Labor verbracht hatte. Ungewaschene Frauen, selbst sein eigen Fleisch und Blut, weckten in ihm eine primitive Furcht. Instinktiv streckte er die Hand aus, um sie davon abzuhalten, sich neben ihn auf das neue Leder zu setzen, stieß ein erschrockenes Quäken aus und schob einen falschen Grund vor.
    »Willst du nicht deine Tasche auf den Rücksitz legen?«
    »Ist doch egal«, sagte Bec. Sie ließ sich auf den Beifahrersitz fallen und schob mit dem Fuß ihre Tasche in die Ecke. Kleinzeug klapperte darin. Ritchie vermutete, dass er in den kommenden Monaten das eine oder andere davon in den entlegenen Winkeln des Wagens finden würde; und wer konnte wissen, was sie dabeihatte, wenn sie am Ende eines Tages diesen Seuchenbau verließ?
    »Neues Auto«, sagte Bec, froh, dass es ihr auffiel. Die Sitze, merkte sie, hatten eine andere Farbe.
    » BMW «, sagte Ritchie. »Den Luxus hab ich mir gegönnt.«
    »Schon okay«, sagte Bec.
    »Von dem, was der kostet, könnten deine Afrikaner jahrelang in Saus und Braus leben.«
    »Dann verkauf ihn«, sagte Bec.
    Sie fuhren nach Süden. Das Auto dämpfte die Außengeräusche, sodass die vielen anderen Fahrzeuge ringsum in der Abenddämmerung von ihnen abzurücken schienen und sie leise von Ampel zu Ampel rollten. Der Zeitpunkt war günstig, fand Bec, um das Geheimnis zur Sprache zu bringen, zu dem sie gern seinen Rat gehabt hätte. Sie musste nichts weiter tun, als ihren Bruder über ein

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