Liebe und andere Zufalle
ihn an und überließ ihm ihre Hand.
»Emilio, Min ist meine Dame«, protestierte Cal. »Genug der Küsserei.«
Min warf ihm kopfschüttelnd einen Blick ohne jeglichen Hauch eines strahlenden Lächelns zu. »Ich bin niemandes Dame. Wir können uns ja noch nicht einmal leiden.« Sie wandte sich wieder Emilio zu und bat lächelnd: »Bitte, Emilio, getrennte Rechnungen.«
»Keine getrennten Rechnungen, Emilio«, widersprach Cal, zu verärgert, um höflich zu bleiben. »Aber ein Tisch wäre nicht schlecht.«
»Für Sie alles«, sagte Emilio betont zu Min und küsste ihr erneut die Hand.
Unglaublich , dachte Cal und trat Emilio gegen den Fußknöchel, als Min sich abwandte, um sich nochmals im Restaurant umzusehen. Herrgott, der Kerl war verheiratet.
»Hier entlang«, bat Emilio und unterdrückte ein Stöhnen. Er führte sie zu seinem besten Tisch am Fenster, half Min in einen der geschwungenen Kaffeehausstühle und schlängelte sich dann an Cal vorbei, wobei er ihm zuzischte: »Ich habe die Kellner schon vor einer halben Stunde nach Hause geschickt, du Mistkerl.«
»Bitte sehr, gern geschehen«, erwiderte Cal laut und nickte ihm zu.
Emilio gab auf und verschwand in der Küche, und Cal beobachtete Min, die den Raum interessiert in allen Einzelheiten betrachtete.
»Das ist ja wie ein italienisches Restaurant aus dem Kino«, bemerkte sie zu Cal. »Haargenau. Ich liebe es. Und ich liebe Emilio.«
»Das habe ich gemerkt«, erwiderte er. »Von allen Frauen, mit denen ich hier war, sind Sie die erste, die sich schon von ihm küssen lässt, bevor wir auch nur Platz genommen haben.«
»Na ja, er bringt mir etwas zu essen.« Sie entfaltete ihre Serviette. »Das ist immer ein gutes Zeichen bei einem Mann.« Sie breitete die Serviette auf ihrem Schoß aus, dann schwand ihr Lächeln und sie wirkte wieder angespannt. »Nur …«
Cal wappnete sich vor ihrem nächsten Schlag.
Sie beugte sich vor. »Ich darf leider kein Brot und keine Teigwaren essen, aber ich möchte seine Gefühle nicht verletzen. Könnten Sie etwas anderes bestellen?«
»Sicher«, erwiderte Cal überrascht. »Salat. Chicken Marsala, da sind keine Teigwaren dabei.«
»Danke.« Min lächelte ihn an. »Ich möchte ihm nicht den Abend verderben.«
»Im Gegenteil, Sie haben ihm gerade den Abend gerettet«, entgegnete Cal. Er betrachtete ihre Lippen, die voll und weich waren, und ihr Gesicht, das mit ihrem dankbaren Lächeln die grimmige Miene einer Gefängnisaufseherin verlor und warmherzige Freundlichkeit offenbarte. Das spitzbübische Funkeln jedoch, das in ihren Augen lag, als sie mit Emilio schäkerte, war fort, und das war wirklich schade.
Emilio brachte Brot an den Tisch, und Min beugte sich vor, um einen Blick darauf zu werfen. »Oh, wie gut das riecht. Sehr gut, dass ich nichts zu Mittag gegessen habe.«
»Es schmeckt wirklich gut«, bestätigte Cal. »Emilio, als Vorspeise nehmen wir den Salat des Hauses, und dann Chicken Marsala.«
»Exzellente Wahl, Mr. Morrisey«, lobte Emilio, und Cal wusste, dass er das sagte, weil das alles ohne großen Aufwand zuzubereiten war. »Und einen netten Roten dazu?«
»Sehr gut«, stimmte Cal zu und wusste, dass sie bekommen würden, was in der Küche noch an bereits geöffneten Weinen herumstand.
»Und für mich gekühltes Wasser«, seufzte Min. Ihr Blick ruhte noch immer auf dem Brot.
Als Emilio fort war, bemerkte Cal: »Das Brot ist ganz ausgezeichnet. Er bäckt es selbst.«
»Kohlenhydrate«, konstatierte Min und runzelte wieder finster die Augenbrauen. Cal hatte in den neun Monaten mit Cynthie genügend über Kohlenhydrate gehört, um sich jeden Kommentar zu sparen.
»Tja«, meinte er nur und nahm sich eines der kleinen Brote. »Und womit verdienen Sie sich Ihre Brötchen?« Er brach das Brot entzwei, und ein wunderbarer, warmer Duft stieg ihm in die Nase.
»Ich bin Versicherungsstatistikerin«, antwortete Min, und die Schärfe war in ihre Stimme zurückgekehrt.
Ein Statistikzombie. Er saß in seinem Lieblingslokal an einem Tisch mit einer übellaunigen, risikoscheuen Versicherungsstatistikerin auf Diät. Das war ein neuer Negativrekord, selbst für ihn.
»Wie … interessant«, erwiderte er, aber sie ließ das Brot nicht aus den Augen und hörte ihn gar nicht. Er hielt ihr die Hälfte des kleinen Brotlaibs entgegen. »Essen Sie.«
»Ich darf nicht«, seufzte sie. »Ich muss in drei Wochen in ein grässliches Kleid hineinpassen.«
»Ein einziges Stück Brot kann doch nicht viel ausmachen.« Er
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