Liebe und Gymnastik - Roman
Ehrenmann und achte die Gefühle anderer.»
Don Celzani schwieg im Dunkeln eine Weile lang. Dann antwortete er gerührt: «Nun denn … es stimmt.»
«Na, das wurde aber Zeit», sagte der Ingenieur, «es lebe die Aufrichtigkeit. Vorerst haben Sie eine Enttäuschung erlebt, das ist klar. Aber lassen Sie den Mut nicht sinken. Ich kenne die Frauen. Ich kenne den Charakter der Maestra. Das ist eine dieser Minen mit sehr langer Zündschnur, die eine Weile lang im Verborgenen brennen, ohne dass man es merkt; aber dann auf einmal, wenn man es am wenigsten erwartet, gehen sie los. Wappnen Sie sich mit eiserner Ausdauer und der Geduld eines Heiligen, und eines Tages … Denn Sie machen ihr den Hof pour le bon motif 21 , nicht wahr?»
«Ich muss doch sehr bitten», erwiderte Don Celzani, «ich habe ehrbare Absichten.»
«Aber das ist es ja, was ich sagen will», meinte der Ingenieur, durch dieses Missverständnis wieder zu Scherzen aufgelegt. «Also hören Sie einen Ratschlag. Frauen wie diese kann man nicht direkt erobern, man muss sie umgarnen. Sie hat eine Leidenschaft, die Gymnastik. Gut, bei dieser Leidenschaft muss man sie packen. Sie müssen Mitglied im Turnverein werden, üben, die Materie in Büchern studieren, mit ihr darüber reden und auf diesem Weg ihre Gunst gewinnen. Das ist der erste Ratschlag, den ich Ihnen gebe; andere werden folgen. Und nun: an die Geräte! Nur Mut.»
Unsicher, ob der andere es ernst meinte oder sich lustig machen wollte, schwieg Don Celzani.
Unterdessen waren sie bei der Wohnung des Commendatore angelangt.
«Gute Nacht», sagte der Ingenieur. «Ich bin ein Gentleman und werde Stillschweigen bewahren.»
Der Sekretär antwortete ihm mit einem matten und misstrauischen «Gute Nacht» und ging hinein, völlig zerknirscht, dass er geplaudert hatte.
Zerknirscht und mutlos. Eine letzte Hoffnung blitzte in ihm auf, als er in sein Zimmer trat und die Kerze auf dem Nachttisch anzündete. Wer weiß? Vielleicht hatte sie ihm ja an diesem Tag geschrieben, und der Brief würde am nächsten Morgen eintreffen. Er konnte sich vorstellen, wie dieser Brief aussehen würde, leider; aber wie auch immer er ausfiel, er träfe ihn weniger hart als diese stumme Gleichgültigkeit, die ihn erdrückte. Über diesen Gedanken zog er sich aus, die Ohren gespitzt, denn sein Zimmer lag direkt unter dem der Pedani, und weil die Zimmerdecke nur dünn war, hörte er selbst die kleinsten Geräusche von ihr. Zuerst jedoch hörte er nichts: Sie musste am Tisch sitzen und lesen. Da kam ihm ein Verdacht, und damit keimte eine neue Hoffnung: Er hatte vielleicht schlecht daran getan, die Heiratsabsicht in seiner Erklärung nicht deutlich genug auszusprechen. Sie hatte vielleicht geglaubt, er suche nur eine Liebesbeziehung. Was für einen Fehler er da begangen hatte …! Und doch erschien ihm der Brief so klar …! Großer Gott, wie schön sie war! Noch nie hatte er sie so gut beobachten können wie an diesem Abend, mit aufrechtem Oberkörper saß sie da wie eine Kaiserin auf ihrem Thron, mit diesem mächtigen, vor Leben bebenden Busen, in den er seinen Kopf vergraben würde, auch um den Preis, ihn sich dabei zu verbrennen wie in einem Kohlebecken. Das Licht der großen Lampe verlieh ihrem Teint einen so jugendlichen Glanz, dass man denken konnte, mit jedem Kuss, den man darauf drückte, würde man um ein Jahr jünger. Er hatte ihre Hand beobachtet, die auf dem Tisch lag und von den Gymnastikübungen etwas vergrößert war, aber lang und schön, voller Kraft und Anmut, und er würde sich darauf stürzen wie der Geier auf eine Taube. Aber nein, sicher gefiel er ihr nicht; ein ganz anderer Typ Mann musste ihr Ideal sein! Und doch fühlte er in sich die Flut der Leidenschaft, die alle Leere ausfüllt, alle Unterschiede tilgt und jeden Vergleich hinfällig macht. Sein Hirn glühte wie ein flammendes Feuerrad. Beim ersten Geräusch, das er von oben hörte, saß er senkrecht im Bett und starrte mit angehaltenem Atem und brennenden Augen an die Decke. Nie zuvor hatten diese Geräusche sein Blut so sehr in Wallung gebracht wie an diesem Abend. Er kannte sie alle und verfolgte mit ihrer Hilfe alle ihre Bewegungen. Sie schiebt den Stuhl zurück, geht durchs Zimmer und wirft ihre Kleider hierhin und dorthin, öffnet und schließt den Schrank, stellt den Kerzenständer auf den Nachttisch, lässt ein Stiefelchen fallen, dann das andere … Ach, Elend des Lebens! Just in diesem Augenblick empfand der arme Don Celzani besonders heftigen
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