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Liebe und Marillenknödel

Liebe und Marillenknödel

Titel: Liebe und Marillenknödel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
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Mit einem Mal wird mir ganz warm.
    » Danke für das gute Essen, Gianni«, sage ich und lächle ihn liebevoll an. Er dreht sich zu mir um, und ich entdecke einen eigenartigen Zug in seinem Gesicht, den ich bislang noch nie an ihm gesehen habe. Ist das Müdigkeit? Freude? Verzweiflung? Ich kann es nicht deuten. Was möglicherweise daran liegt, dass ich ihn leicht doppelt sehe.
    » Buona notte, Signora Sophia«, sagt er.
    » Buona notte, Gianni.«
    Ich kneife ein Auge zu, schleppe mich mühsam die Treppe hinauf und lege mich aufs Bett, ohne mich auszuziehen.
    Alles dreht sich. Und dann passiert etwas Sonderbares. Plötzlich ist es, als würde alle Traurigkeit aus meinem Körper verschwinden, ungefähr so, als wäre sie ein Fieber, das schlagartig sinkt. Stattdessen spüre ich, wie sich etwas anderes in mir breitmacht. So etwas wie Freude. Oder Dankbarkeit. Keine Ahnung, was genau es ist, aber mit einem Mal bin ich voller Zuversicht, dass die Sache mit Alrein gelingen kann. Dass am Ende alles gut ausgeht und ich nicht nach Hamburg zurück muss, als Korrektorin, die Bücher auf Kommafehler durchsucht, oder als Hartz-4-Empfängerin. Plötzlich kann ich vor meinem inneren Auge die Zukunft sehen, so scharf wie ein fotorealistisches Gemälde. Wie der AD -Artikel erscheint. Wie endlich wieder Gäste eintreffen. Wie ich den Neuankömmlingen Marillenschnaps einschenke und die Jirgls und Gianni mir herzlich und fröhlich zur Seite stehen …
    Mir fällt ein, dass ich noch die Schuhe anhabe. Ich streife sie ab, und sie poltern auf den Holzboden. Ich versuche, im Liegen auch die Socken auszuziehen, ohne meine Hände zu bemühen, doch das gelingt mir nur beim rechten, in den linken komme ich mit dem großen Zehen nicht hinein. Außerdem wird mir von dem Geturne ganz schummrig.
    Doch das ist mir egal, denn meine Gedanken sind absolut erhebend.
    Wenn Frau Jirgl und Gianni in Zukunft nur halb so viel leisten, wie sie es heute getan haben, dann … dann kann es … muss es klappen.
    Frau Jirgl war heute Nachmittag wirklich wie ausgewechselt. Ich meine, mehr Mühe gegeben hatte sie sich ja schon seit unserer Aussprache, aber heute war ihr ganzes Wesen völlig verwandelt. Sie war nett zu meinen beiden Gästen. Sie war sogar nett zu mir. Sie hat Gianni dazu gebracht, zwei fantastisch aussehende Portionen dampfender Knödel zuzubereiten. Und sie hat das Tablett mit den beiden Tellern und den zwei Weingläsern wieder und wieder durch die Stube getragen, bis das Essen kalt war und Caren endlich das perfekte Foto hatte. Und als alle Bilder geschossen waren und wir nur noch so ein bisschen zusammensaßen, hat sie uns Kaffee gekocht und uns Wein serviert, und es gab nichts, aber auch gar nichts, was man an ihrer Bewirtung und Gastfreundschaft hätte verbessern können. Vera war jedenfalls völlig begeistert und hat versprochen, auch noch den tollen Service zu loben, woraufhin Frau Jirgl gleich noch freundlicher wurde.
    Endlich gelingt es mir, den zweiten Socken abzustreifen. Das muss genügen, aus dem Kleid schaffe ich es heute nicht mehr heraus. Ich schiebe die Füße unter die Decke, drehe mich auf den Bauch und knülle mir das Kissen unter den Kopf.
    Plötzlich höre ich Herrn Jirgls Stimme, dröhend und laut. Er schreit irgendetwas, und Frau Jirgl … Was ist das? Ein Wimmern?
    Fuck.
    Das erinnert mich daran, dass der Abend in Wirklichkeit nur fast perfekt war. Denn irgendwann haben wir den Jeep der Jirgls vor dem Haus halten gehört, gefolgt von Schritten durch den Kies und dem Schlagen der Eingangstür. Wir sind allesamt still geworden, sogar Caren und Vera, die von Fritz Jirgl gar nichts wissen konnten. Und Frau Jirgl hat mit einem Mal so einen ganz komischen Blick bekommen und hat sich, eine Entschuldigung stammelnd, aus der Wirtsstube verdrückt. Fast so, als hätte sie etwas Wichtiges vergessen. Oder als fühlte sie sich plötzlich wegen irgendetwas schuldig.
    Ich werde einfach nicht schlau aus ihnen. In letzter Zeit kommt es immer öfter vor, dass sich die beiden streiten, und dann wirkt es, als würde seine Frau gar nicht für mich arbeiten. Sondern für ihn.

17
    Das Telefon klingelt, ungefähr zum sechzehnten Mal an diesem Morgen.
    » Pension Alrein, Sophie von Hardenberg am Apparat, was darf ich für Sie tun?«
    Ich gebe mir Mühe, meine Stimme nicht so abgezockt-freundlich wie die jener professionellen Rezeptionistinnen klingen zu lassen, deren einziger Job es ist, einen möglichst charmant abzuwimmeln, sondern so, als würde

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