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Liebe und Marillenknödel

Liebe und Marillenknödel

Titel: Liebe und Marillenknödel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
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Notizbuch kritzelt.
    » Na, Supermodel?«, ruft sie mir zu, als sie uns bemerkt – und ich muss lächeln. Ich bin es nicht gewöhnt, im Mittelpunkt zu stehen, und normalerweise auch nicht sonderlich darauf versessen. Aber im Augenblick komme ich mir wie etwas ganz Besonderes vor, und das ist ein Gefühl, das ich überraschenderweise genieße.
    Ach, was heißt überraschenderweise. Vera ist mit einer ganz tollen Fotografin aus München nach Südtirol gereist, um Alrein in ihrer Architekturzeitschrift zu präsentieren. Und das Gesicht dazu soll ich sein. Nur ein Autist würde da nicht innerlich jubilieren.
    » Und du?«, frage ich. » Was machst du?«
    » Schreiben«, sagt sie triumphierend. » Der Artikel ist schon so gut wie fertig.«
    » Was? So schnell?«
    Das Tempo von Vera ist wirklich erstaunlich. Sie ist gerade mal zwei Stunden hier. In der Zeit ist sie einmal ums Haus gelaufen und hat drinnen erst ein einziges Zimmer gesehen. Okay, es war das schönste Zimmer, aber dass es sie gleich zu einem vulkanartigen Schreibausbruch inspiriert …
    » Na ja«, sagt sie, » du vergisst, dass die AD nicht die Zeit ist. Die Texte bei uns im Heft sind eigentlich nie viel länger als ein paar Sätze.«
    » Stimmt«, sage ich. Nicht, dass ich diese AD schon einmal gelesen hätte. Plexiglassofas, Niedrigenergie-Townhouses und Esstische zum Preis eines Sportwagens interessieren mich einfach nicht sonderlich – ich gehöre zu jener Hälfte der Menschheit, der schon an der Kasse von Ikea regelmäßig schwindelig wird.
    » Aber weißt du, das ist auch nicht weiter wichtig. Oft sind es gerade die kleineren Reisetipps und Texte, die besonders viel bewirken. Ein paar schöne Bilder, ein kurzer, schwärmerischer Text und ein kleines Lob deiner Qualitäten als Hüttenwirtin … Wirst schon sehen, danach brummt die Bude.«
    Vera sagt das so überzeugt, dass ich ihr fast glaube. Sogar den Teil mit den Qualitäten als Wirtin.
    » Darf ich mal lesen?«, frage ich neugierig und versuche, über ihre Schulter in das Büchlein zu spähen.
    » Untersteh dich!«, sagt sie und lehnt sich mit den Ellbogen darüber.
    » Ach komm«, sage ich.
    » Sophie, keine Sorge. Der Text wird absolut positiv. Nur die komplizierte Anreise muss ich erwähnen.«
    » So kompliziert ist die nun auch wieder nicht«, maule ich.
    » Wie man’s nimmt«, sagt Vera und zuckt mit den Schultern.
    » Wieso? Entweder am Parkplatz den Taxi-Messner anrufen oder zu Fuß den Schildern nach Alrein folgen.«
    » Taxi-Messner?« Vera guckt fragend.
    » Unten am Parkplatz«, erkläre ich geduldig. » Da steht ein Schild mit seiner Telefonnummer.«
    » Ja, das haben wir gesehen. Aber wir konnten ja nicht ahnen, dass der auch hier hochfährt«, sagt Caren.
    » Na ja«, sage ich, » immerhin steht es drauf.«
    » Nein, da stand nur etwas von irgendeinem Alpen-Spa-Hotel«, sagt Vera.
    Wie bitte? Ich schaue sie mit großen Augen an.
    » Und auch die Schilder zeigen alle nur den Weg dorthin. Von Alrein steht da nichts.«
    » Das … das kann nicht sein.«
    » Doch«, sagt Vera. » Ich fürchte schon.«
    » Es gibt welche nach Alrein und dann noch welche, auf denen Glück mit Sahne steht. Ihr habt sie bestimmt nur übersehen.«
    » Ja«, sagt Vera und scheint nachzudenken. » Vielleicht.«
    » Ich … ich muss da mal nachsehen«, sage ich. Das kann doch gar nicht sein, dass alle Schilder plötzlich weg sind! Ich taste mein Kleid nach dem Autoschlüssel ab, aber er liegt wohl oben im Büro, wie immer. Ich will gerade loslaufen, da hält mich Caren am Arm fest.
    » Sophie«, sagt sie, » geht das vielleicht später? Wir haben nicht mehr ewig Licht.«
    » Okay«, sage ich widerwillig. » Wie weit sind wir denn?«
    Das mit den Schildern beunruhigt mich.
    » Wir brauchen noch ein, zwei Motive auf den Zimmern«, antwortet Caren. » Und eines in der Gaststube. Und dann will ich auf alle Fälle noch ein paar Details im Haus aufnehmen.«
    Sie wirft einen Blick durch die offene Terrassentür und scheint dort irgendetwas entdeckt zu haben, denn sie schnappt sich ihre Kamera, steht auf und verschwindet im Haus.
    Ich sehe ihr hinterher und schüttle den Kopf, aber eher in der Hoffnung, dass sich Veras Aufmerksamkeit damit auf Caren richtet, denn ich kann ganz deutlich spüren, wie sie mich mit einem ernsten Blick versieht.
    » Na, und du?«, sagt sie prompt.
    Mir wird ganz warm. Eigentlich möchte ich ihr schon ganz gern von den Verzweiflungstaten der letzten Wochen erzählen, einfach, weil sie meine

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