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Liebe und Marillenknödel

Liebe und Marillenknödel

Titel: Liebe und Marillenknödel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
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alte Visage schmieren!«, sagt er dann, oder: » Ach, hätt ich dich nur schon vor sechzig Jahren kennengelernt!«
    Zu Hause in Hamburg hätte ich solche Avancen vielleicht schmierig gefunden, aber hier oben muss ich sagen – besser als nichts.
    Wie dem auch sei. Bis zehn Uhr muss ich mich ums Frühstück kümmern, doch auch danach ist an ein Päuschen nicht zu denken. Schon reisen die ersten Gäste ab, wollen ihre Zimmerrechnung und das Taxi gerufen haben, und während ich noch zwischen Telefon und Quittungsblock hänge, kündigen sich auch schon wieder die nächsten Neuankömmlinge an. Normalerweise bekommen die Gäste in Alrein ja auch ein Mittagessen, aber das habe ich kurzerhand gestrichen. In dem Chaos auch noch kochen – das muss ich gar nicht erst ausprobieren.
    Na gut, vielleicht würde ich es sogar schaffen, aber leider ist Frau Jirgl heute irrsinnig unmotiviert. Sie hat sich an diesem Morgen beim Abräumen des Professorenfrühstückstisches einen ihrer Airbrush-Fingernägel abgerissen – ein Unfall, der sie so sehr in Schock versetzte, dass sie das zerstörte Schmuckstück wie einen stillen Vorwurf vor sich hergetragen hat. Egal, was sie angefasst hat, sie tat es mit abgespreiztem Finger und schmerzverzerrtem Gesicht.
    Nur nebenbei bemerkt: Viel hat sie noch nicht angerührt. Zumindest habe ich sie nach dem Nagel-Malheur nicht mehr arbeiten sehen.
    Dabei hat sie sich gestern noch total ins Zeug gelegt, und prompt ging alles viel leichter. Ach, was soll ich sagen: Ich werde wirklich nicht schlau aus ihr.
    Mit ihrem Mann sind die Verhältnisse nicht viel klarer. Manchmal, wenn er sich unbeobachtet fühlt, sehe ich, wie er in die Küche schleicht, sich ein Bier holt und sich auf die Terrasse fläzt, wo er sich in aller Seelenruhe durch die Hosentasche am … äh … Hinterkopf kratzt und sich nicht viel daraus macht, dass eigentlich etwas zu tun ist. Aber dann, gerade wenn ich ihn schimpfen will, fängt er plötzlich wieder an zu arbeiten, als sei nichts.
    Es ist fast so, als könne er Ärger, der in der Luft liegt, riechen.
    Apropos Ärger. Sarah hat sich heute Morgen natürlich nicht mehr bei mir gemeldet. War ja eigentlich abzusehen. Ein Gourmetkoch aus Blankenese. Hier oben bei mir. Wäre ja noch schöner gewesen.
    Ich schiebe den Kies vor meinen Füßen hin und her, als könne ich so mein Schlamassel auflösen. Ich brauche einen Koch, aber solange die Bude so voll ist, komme ich nicht dazu, mich darum zu kümmern. Ich müsste runter ins Tal und eine Annonce aufgeben oder auf dem Arbeitsamt fragen. Aber in der Zwischenzeit würden mir hier oben die Gäste verhungern. Außerdem muss ich mich nicht nur ums Essen kümmern, sondern auch ganz, ganz schnell die Zimmer kontrollieren, die Frau Jirgl bis jetzt geputzt hat. Man weiß ja, wie pingelig deutsche Gäste in Sachen Sauberkeit sind, und wie schnell sie mit ihren Beschwerden über einzelne Haare im Nachtkästchen ganze Online-Foren vollschmieren.
    Ich muss es wissen, schließlich habe ich das selbst auch schon gemacht.
    Schon wieder höre ich den Jeep des Taxi-Messner. Das muss dieses Ehepaar aus Starnberg sein, das zusammen in München am Theater ist – und sich kurzerhand entschlossen hat, seinen 20. Hochzeitstag bei uns zu feiern statt in der Schauspielkantine.
    Ich eile in die Küche, um ein Tablett, Schnaps und zwei Gläser zu holen. Dann stelle ich mich vors Haus, lege mir ein freundliches Lächeln ins Gesicht und empfange die frisch eingetroffenen Gäste. Die beiden sind wahnsinnig groß und schlank, ein bisschen gealtert zwar, aber auf irgendwie charaktervolle Weise – ein Maskenbildner hätte die Falten der beiden auch nicht besser hingekriegt. Sie stellen sich als » die Höflers« vor und sind von meinem Empfang so begeistert, dass sie erst einmal überhaupt kein Interesse daran haben, ihr Zimmer zu sehen. Gleich nach dem ersten Schnaps schnorren sie sich einen zweiten und sind danach so heiter bis lustig, dass sie einfach immer weiter von ihrer Anreise erzählen, von Oberbayern und dem Bier und den diversen Obstbränden, die sie in den Jahrzehnten ihrer Ehe zusammen getrunken haben.
    Nicht, dass ich Zeit für diese Plauderstunde hätte, aber ehrlich, die beiden sind wahnsinnig nett. Frau Höfler hat so ein unglaubliches Blitzen in den Augen, wenn sie lacht, und Herr Höfler kriegt es hin, Geräusche aus den Tiefen seines Bartes hervorzubringen, die klingen, als würde er gleichzeitig knurren und kichern. Sie sind so lustig, dass ich meine

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