Liebe und Marillenknödel
einen skeptischen Blick auf das Scheibengemetzel auf meinem Holzbrett. Ich habe das größte und schwerste genommen, das ich finden konnte, und dazu ein großes, beilartiges Messer, das so einschüchternd aussieht, dass die Zwiebeln eigentlich freiwillig in tausend Stücke fallen müssten.
» Aha«, sagt er, » mit Schale.«
Er nimmt ein briefmarkengroßes Stück goldbrauner Schale aus dem weißen Zwiebelhaufen und hält es in die Luft.
Ich erröte.
» Genau«, sage ich mit einer Stimme, die vorwitzig klingen soll, es aber nicht ist.
Na und? Darf man vielleicht nicht mal ein bisschen Zwiebelschale übersehen? Es gibt Chirurgen, die vergessen ganze Werkzeugkästen in ihren Patienten!
Er seufzt, nimmt das Brett und sieht sich um.
» Wo ist der Müll?«, fragt er.
Ich zeige in Richtung Speisekammer. » Da hinten.«
Er trägt das Brett zum Mülleimer und nimmt das große Messer zu Hilfe, alles hineinzukippen. Ich finde, er könnte ruhig etwas höflicher sein. Das war doch nur ein bisschen Schale. Ich hatte ja nicht vor, ihn zu vergiften. Und wieso schmeißt er überhaupt alles weg?
» Ich dachte, ich sei hier, um das zu übernehmen. Oder hab ich da was falsch verstanden«, fragt er mit leicht genervter Stimme.
» Äh …«, stammle ich und erröte noch einmal. » Ich wollte nur …«
Aber er lässt mich gar nicht ausreden.
» Schon okay«, sagt er und sieht sich in der Küche um. » Also, wo sind die Vorräte?«
» Hier hinten.« Ich gehe voran zur Vorratskammer und lasse ihn eintreten. Nicks Blick wandert über die Regale, in denen Reis und Nudeln, Konservendosen und allerlei Päckchen stehen. Er nimmt ein Einmachglas vom Brett und begutachtet es von allen Seiten. » Frische Sachen wären dann noch im Kühlschrank«, sage ich.
Er überprüft alles, nimmt Milchtüten heraus und Sahnebecher und wiegt große, eingeschweißte Fleischstücke in den Händen.
» Keine Ahnung, was das genau ist«, sage ich. » Hat dein Vorgänger vorgestern noch eingekauft.«
» Und das ist alles, was an Vorräten da ist?«
» So ungefähr«, sage ich.
» Gibt es Parmesan?«
Ich hebe die Schultern an und grinse. Er seufzt, wirft noch einen Blick in den Kühlschrank und dann noch einen auf mich. Plötzlich steht Herr Jirgl in der Tür.
» Oh«, sagt er, als hätte er uns bei irgendetwas gestört, und dreht sich um. » Verzeihung …«
» Ach, Herr Jirgl«, sage ich. » Bleiben Sie doch mal eben hier. Das ist unser neuer Koch, Nikolaus Thaler.« Und an Nick gewandt: » Das ist Herr Jirgl, der Hauswirt.«
» Griasti«, sagt Jirgl.
» Griasti«, sagt Nick.
Die beiden werfen sich einen komischen Blick zu, dann sagt Jirgl: » Ich muss dann weiter. Bis später!«
Er verschwindet im Flur, wenig später höre ich seine Schritte hinterm Haus, dort, wo das Brennholz gestapelt ist.
» Kennt ihr euch?«, frage ich Nick erstaunt.
» Wie man’s nimmt. Ich hab schon mal mit ihm zusammengearbeitet, unten im Tal.«
» Ach«, sage ich und sehe ihn neugierig an.
» Ist er noch mit dieser Frau zusammen?«
» Ja, sie ist hier Zimmermädchen.«
Nick rollt die Augen gen Himmel. » Wer hat die denn eingestellt?«
» Das war noch meine Großtante.«
Nick sagt nichts, sondern bläst die Backen auf.
» Gibt’s da etwas, das ich wissen sollte?«, frage ich vorsichtig.
» Nein, nein«, sagt Nick. » Das nicht. Er ist einfach bloß … Ach, ist ja auch egal. Lass uns endlich anfangen.«
» Klar«, sage ich. » Was soll ich tun?«
» Am besten wär’s, wenn du mich jetzt einfach machen lassen würdest. Das Einzige, was du übernehmen könntest, wären die Menükarten, wenn du magst.«
Wenn über meinem Kopf ein Fragezeichen angebracht wäre, das bei akuter Vernageltheit anfinge zu glühen, dann würde es jetzt hektisch blinken.
» Bring mir was zu schreiben«, sagt er schließlich und notiert, nachdem ich ihm Stift und Zettel gereicht habe, wortlos drei Gänge. Nein, es sind sogar vier.
» Hier«, sagt er und drückt mir den Zettel in die Hand. Ich habe Mühe, ihn zu entziffern und nicke nur, als ich ihn durchgelesen habe. Ein normaler Mensch würde jetzt wissen, was er mit dem Zettel zu tun hat, aber ich stehe auf dem Schlauch, und zwar mit Wedges.
» Hast du bisher keine Menükarte gehabt?«
Ich schüttle den Kopf.
» Du willst doch, dass deine Gäste wissen, was sie zu essen kriegen, oder?«
Ich ziehe die Schultern hoch. Na ja. Je nachdem.
» Das heißt ja, verstehe ich das richtig?«
Ich nicke.
» Aber einen Kopierer habt
Weitere Kostenlose Bücher