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Liebe und Marillenknödel

Liebe und Marillenknödel

Titel: Liebe und Marillenknödel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
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Ordnung?«
    Die Tussi antwortet auf meine Frage nicht, sie schiebt nur das Essen mit der Gabel hin und her. Dann zeigt sie auf ihren Teller und fragt: » Was essen wir hier eigentlich?«
    Der Ring an ihrem Zeigefinger schlackert, das bemerke ich. Es ist ein sehr großer Ring, aus Silber, mit einem riesigen, strassbesetzten Totenkopf, so ähnlich wie der von diesem britischen Bildhauer Damien Hirst , der irgendwann mal zum teuersten Kunstwerk der Welt erklärt worden ist.
    Ich starre ihn an und versuche dabei, meine Gesichtszüge unter Kontrolle zu kriegen.
    » Etwas Mediterranes«, wiederhole ich, obwohl ich weiß, dass ich ihnen das vorhin bereits gesagt habe und ihnen diese Erklärung offensichtlich nicht genügt. Die Wahrheit ist: Über eine genauere Bezeichnung des Essens habe ich mir keinerlei Gedanken gemacht. Ich habe einfach sämtliches Gemüse aus den Einkaufstüten – Paprika, Zucchini, Auberginen und Tomaten – zusammen mit der Hähnchenbrust schnell und bei großer Hitze pfannegerührt. Im Prinzip habe ich versucht, so etwas wie eine Wokpfanne zu machen, nur ohne Wok. Und ohne Sojasauce, Sesamöl und Ingwer. Stattdessen habe ich Olivenöl genommen, verdünnt mit Hühnerbrühe aus dem Glas, dazu einen guten Schuss Maggi – fast dasselbe wie Sojasauce, wenn man ehrlich ist. Als Beilage habe ich Reis gekocht und gehofft, dass es keinen Unterschied beim Kochen von Risotto- und Basmatireis gibt.
    Okay, den gibt es wohl, das habe ich dann auch bemerkt, aber das verbuche ich erst dann als Katastrophe, wenn es auch jemand von den Gästen mitkriegt. Meine Chancen stehen nicht schlecht, denn ich habe die Pampe mit Butter, Parmesan und Hühnerbrühe so vermischt, dass sie tatsächlich an Risotto erinnert.
    Die Tussi sieht mich fragend an.
    Was sie da essen? Im Prinzip erinnert mich diese Art von Gemüse an eine Mischung, die es mal als Fertiggericht von Iglo gab. Zumindest bin ich dadurch erst auf die Idee gekommen, die ganzen verschiedenen Gemüsesorten zu kombinieren … Wie hieß das Zeug nur gleich wieder?
    » Ich meine, das Ganze sieht ein bisschen aus wie Thai-Food«, sagt sie, » aber vom Geschmack her …«
    Sie runzelt die Stirn und sieht mir ins Gesicht. Ich lächle und frage mich, ob man den Angstschweiß, der sich unter meinen Achseln breitmacht, bereits riecht.
    Komm schon, Sophie! Paprika, Zucchini, Auberginen und Tomaten. Wie heißt das noch mal?
    » Vom Geschmack her ist es eher fusionmäßig, nicht?«, sagt sie.
    » Genau«, sage ich. Und plötzlich fällt mir ein, was es ist. Und in derselben Sekunde weiß ich auch, wie ich der Tussi den Fraß verkaufen muss, damit sie ihn isst.
    » Das ist ein Risotto › Ratatouille ‹ mit Chicken Stripes und Rosemary«, sage ich und lächle eisern. Ich sage es in demselben Tonfall wie eine Starbucks-Bedienung, die eine Kaffeebestellung weitergibt. Und so schnell ich kann, in der Hoffnung, dass außer ihr niemand hört, was für einen Schmarrn ich da rede.
    » Cool«, sagt der Typ.
    » Okay«, sagt die Tussi, nimmt einen Bissen auf die Gabel und betrachtet ihn staunend, ehe sie ihn zwischen ihren Lipgloss-Lippen verschwinden lässt.
    » Okay«, sage ich und wippe lässig mit der Hüfte. » Noch einen Schluck Wein?«
    » Cool«, sagt der Typ noch einmal.
    Ich schenke den beiden nach, dann beiße ich mir auf die Lippe und marschiere in die Küche um nachzusehen, wie weit Jirgl mit meiner Seven-Fruit-Topfencrème ist.

20
    Ich bin bereits im Nachthemd und dabei, mir die Zähne zu putzen, als das Telefon schon wieder klingelt. Eigentlich habe ich keine Lust dranzugehen – wer auch immer es ist, er soll auf den Anrufbeantworter sprechen, und ich rufe ihn zurück – morgen. Ich bin den ganzen Tag auf den Beinen gewesen, habe für 16 Leute gekocht und 16 Leuten ihr Essen serviert, ich habe Wein ausgeschenkt und Wassergläser nachgefüllt und Teller und Tassen und Geschirr geschleppt und dabei gelächelt und gescherzt und meine Gäste hofiert. Ich bin so müde, dass ich nicht einmal die Kraft habe, mich vor morgen zu fürchten, wenn ich wieder vor demselben Problem wie heute stehe, nämlich einer Küche ohne Koch. Ich bin so müde, dass es mir schwerfällt, die Zahnbürste auf- und abzubewegen.
    Aber es klingelt schon wieder, und plötzlich habe ich Angst, dass, wer auch immer da es sich in den Kopf gesetzt hat, spätnachts ein Zimmer zu reservieren, mich nicht schlafen lassen wird, bis sein Name in unserem Reservierungsbuch steht.
    Ich höre durch den Flur, wie

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