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Liebe und Marillenknödel

Liebe und Marillenknödel

Titel: Liebe und Marillenknödel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
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daran denken, wie er stinksauer aus meiner Wohnung marschierte, während ich in der Küche saß, ohne mich zu rühren.
    Auf Zehenspitzen schleiche ich ins Büro, mache die Tür hinter mir zu und wähle mit rasendem Herzen Sarahs Nummer. Doch noch bevor es anfängt zu tuten, fällt mir ein, dass es vielleicht keine richtig gute Idee ist, ihr jetzt mein Herz auszuschütten.
    Was soll ich ihr denn auch erzählen? Dass ich dem Kollegen, den sie mir geschickt hat, schon mal meine Briefmarkensammlung gezeigt hab? Nicht, dass es so ein Riesending wäre, einen One-Night-Stand zuzugeben, aber Sarah hat vor dem Typen offensichtlich eine Riesen-Hochachtung, und das zeigt sich nicht nur darin, dass sie über ihn nur in der Kombination Vorname-Nachname spricht. Da kann ich unmöglich zugeben, dass ich bis vorhin dachte, er hieße wie sein … na ja, wie sein Schwanz.
    Zumal ich dummerweise auch noch zugeben muss, dass seine Nase gar nicht soo groß ist. Klar, sie ist kein zartes Stupsnäschen, das nicht. Aber ein Mike-Krüger-Gedächtniszinken sieht auch anders aus. Eigentlich ist sie relativ normal, allenfalls ein bisschen markanter als üblich. Ich muss mir da im Suff was eingebildet haben.
    Meine Güte. Ich habe Genitalwitze über die Nase eines Mannes gemacht, der gar keine große Nase hat.
    Mein Finger legt auf, bevor Sarahs Anrufbeantworter sich einschaltet. Keine Frage: Mit solchen Problemen geht man am besten nicht anders um als mit Irregularitäten im Magen-Darm-Bereich. Man therapiert sie, ohne unnötigen Wind darum zu machen. Und außerdem, jetzt mal ehrlich. Unter professionellen Gesichtspunkten tun solche Peinlichkeiten doch eigentlich überhaupt nichts zur Sache.
    » Hier bin ich«, sagt eine Stimme hinter mir.
    Ich lege das Messer aus der Hand und drehe mich um, kann die Person, die in der Tür steht, aber nur verschwommen erkennen, darum nehme ich den Zipfel meiner Kochschürze und wische mir die Tränen aus dem Gesicht. Dass ja keiner denkt, ich hätte geheult – ich habe bloß schlicht und ergreifend kapiert, dass Zwiebeln in ein normales Essen gehören, weshalb man das Schneiden am besten gleich als Erstes hinter sich bringt. Alle anderen Zubereitungsschritte sind dann im Vergleich ein Kinderspiel und geradezu angenehm.
    Nicht, dass ich schon einen Plan hätte, wie es weitergeht. Ich will nur nicht, dass Nick denkt, ich sei ohne ihn völlig hilflos und total aufgeschmissen.
    » Ja?«, sage ich dämlich blinzelnd und nehme mir vor, mir fürs nächste Mal eine Schwimmbrille zu besorgen. Es ist mir ein absolutes Rätsel, wie Generationen von Hausfrauen diese Zumutung Tag für Tag auf sich nehmen konnten. Ich meine, es sind nicht einmal Fleisch oder Nudeln, wofür die sich so eine Mühe machen, sondern Zwiebeln!
    » Was machst du denn da?«, sagt die Stimme.
    Ich wische mir noch einmal übers Gesicht, und die Schleier vor meinen Augen verziehen sich. Da steht er, der neue Koch, in dunkelgrauer, zweireihig geknöpfter Kochjacke und einer Schürze in derselben Farbe. Er sieht aus wie ein Koch aus dem Edelweiß oder einem anderen hippen Schuppen, in dem sie Jakobsmuschelschäumchen und Pastinakencarpaccio fabrizieren. Und vorneweg essbare Bonsaigärtchen auf verbogenen Teelöffeln servieren. Ich finde dieses ganze Tamtam ja völlig übertrieben. Aber andererseits, und alles andere zu behaupten wäre eine Lüge: Das Outfit sieht nicht schlecht aus an ihm. Die Kochjacke macht unheimlich breite Schultern, und durch die eng gewickelte Schürze sehen seine Hüften so schmal aus wie die eines Rumbatänzers.
    Während ich im Augenblick wahrscheinlich so sexy aussehe wie Karl Dall beim Kiffen. Vielleicht sollte ich die Sache auch so nehmen, wie der es täte. Mit Humor.
    » Nichts«, antworte ich. » Es tut mir nur so leid, diese armen, kleinen Zwiebelköpfchen zu zertrümmern.« Ich nehme das Messer wieder zur Hand und sehe es entsetzt an, wie eine Psychopathin, die gerade aus einem Blutrausch erwacht ist. Aber Nick lacht nicht.
    » Du schneidest Zwiebeln?«, fragt er.
    Mann, ist der humorlos.
    Ich lege das Messer zur Seite und nicke. Ein bisschen stolz bin ich schon, immerhin tue ich das zum ersten Mal, wahrscheinlich überhaupt zum ersten Mal in meinem Leben. Es ist nur ein kleiner Schritt für mich, aber ein riesengroßer für mein Selbstwertgefühl, denn ich komme mir gleich total profimäßig vor. Ganz so, als hätte ich mein Leben lang nichts anderes getan als große Menüs zuzubereiten.
    Nick kommt näher und wirft

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