Liebe und Vergeltung
haben, um ihn
an den Galgen zu bringen.“
Der Anwalt machte ein zweifelndes Gesicht.
„Das war nicht wörtlich zu nehmen“, sagte der Prinz und lächelte schwach. „Offen gestanden, wäre für Weldon ein Strick viel zu schade. So leicht soll er mir nicht davonkommen!“
Benjamin Slade furchte die Stirn und nickte langsam. „Ich neige dazu, Ihnen recht zu geben, Sir“, stimmte er dem Prinzen zu. „Weldon ist tatsächlich der Besitzer der Bordelle, die Sie in der Liste aufgeführt hatten. Zudem gehören ihm zwei weitere, die nicht vermerkt waren, sowie drei illegale Spielclubs. Es wird schwierig sein, ihn als Eigentümer zu überführen, da die Einnahmen ihm offenbar durch Zwischenträger ausgehändigt werden und nur ein geringer Teil unter einem Decknamen in den Büchern erscheint. Der Baronet hütet sich davor, die Gelder persönlich zu kassieren. Nur bei Mrs. Bancroft ist das anders. Einer seiner Beauftragten heißt Kane, wohnt bei ihm und bekleidet die Funktion eines Sekretärs.“ „Ich kenne ihn und bin nicht überrascht, daß Weldon ihn engagiert hat. William Kane ist ein schweigsamer, schlecht zu durchschauender Mann, der allerdings ein ziemlich rüdes Auftreten hat. Manchmal fühlte ich mich an einen ehemaligen Soldaten erinnert.“
„Vielleicht war er tatsächlich beim Militär“, sagte Benjamin Slade, legte das Blatt beiseite und nahm ein anderes auf. „Er ist vor fünfzehn Jahren in Weldons Dienste getreten. Über die Zeit davor habe ich nichts in Erfahrung gebracht. Seine Vergangenheit liegt also im dunkeln, seine heutige Tätigkeit indes ist offenkundig. Er ist Weldons rechte Hand geworden, treibt Gelder für ihn ein, setzt alle unter Druck, die in irgendeiner Form widerspenstig sind, und achtet darauf, daß die Geschäfte reibungslos laufen. Ihm unterstehen auch die aus Londons kriminellen Kreisen kommenden Wachen der Bordelle, die fast wie eine Schutztruppe von Schlägern sind. Auf Sir Charles selbst fallt nie der Schatten eines Verdachtes, weil nur sie und Kane mit brutaler Gewalt vorgehen.“
„Natürlich sorgt Weldon dafür, daß er eine reine Weste hat!“ warf Seine Hoheit trocken ein.
„Glücklicherweise ist es mir gelungen, einige Erklärungen an Eides Statt zu bekommen, die uns sehr nützlich sein werden“, erklärte der Anwalt und lächelte zufrieden. „Zum Beispiel von Miss Miller. Sie bestätigt, daß sie ein Gespräch zwischen Mrs. Bancroft und Sir Charles mitgehört an, aus dem unzweideutig Weldons Besitzerschaft an dem Etablissement hervorgeht. Desgleichen wird sie aussagen, daß sie gesehen hat, wie Mrs. Bancroft dem Baronet Gelder übergab.“
Mikahl war nicht davon überzeugt, daß dieses Zeugnis wertvoll sein würde. Es mochte stimmen, was Jane Miller behauptete, doch viel wahrscheinlich war, daß sie die Geschichte nur erfunden hatte, um sich einmal an Weldon rächen zu können. Mikahl fand es ratsamer, Mr. Slade nicht daraufhinzuweisen, denn der Anwalt würde bestimmt schockiert sein, daß Jane bereit war, einen Meineid zu leisten. Mikahl konnte es gleich sein, ob sie die Wahrheit sprach oder nicht. Wichtig war nur, daß sie eventuelle Lügen überzeugend genug vortrug. Das würde sie gewiß tun, so wie er sie einschätzte. Aus Erfahrung wußte er, daß Menschen, die außerhalb des Gesetzes gelebt hatten, selten Skrupel hatten, wenn sie Vergeltung üben wollten. „Ich nehme an“, sagte er schmunzelnd, „es hat viel gekostet, gewisse Leute durch Bestechung zu bewegen, sich gegen Weldon zu äußern.“
„Hm, Bestechung möchte ich das lieber nicht nennen“, murmelte Mr. Slade halblaut. „Ja, ich mußte beträchtliche Summen ausgeben, aber Sie hatten mich dazu autorisiert, Sir.“ „Ich beschwere mich ja nicht“, erwiderte der Prinz gelassen, nahm eine Zigarre aus dem Kästchen, das vor ihm auf dem Schreibtisch stand, und schnitt bedächtig die Spitze ab. „Geld spielt keine Rolle. Verbrauchen Sie so viel, wie Ihnen notwendig erscheint. Haben Sie herausgefunden, ob es eine Verbindung zwischen Weldon und den von mir erwähnten Schiffen gibt?“
„Ja“, antwortete der Anwalt grimmig und nickte. „Auch hier werden Strohmänner als Besitzer geführt. Es war recht kompliziert, die Spur durch eine Reihe von Scheinfirmen zu Sir Charles zurückzuverfolgen. Im Gegensatz zu einem Großteil der Bordelle besteht in diesen Fällen jedoch kein Zweifel daran, daß er der Eigentümer der Schiffe ist.“
Mikahl nahm die Information mit Genugtuung zur Kenntnis,
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