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Liebe und Verrat - 2

Liebe und Verrat - 2

Titel: Liebe und Verrat - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Zink
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nickt. »Das musste er wohl. Es war eine zu schwere Last, um sie allein zu schultern. Selbst Miss Virginia, der er bedingungslos jene anvertraute, die seinem Herzen am nächsten standen – Sie, Ihre Schwester und Henry –, wusste weder etwas von den Geheimnissen des Buchs, noch kannte sie die Ziele seiner Reisen. Ich vermute, er wäre verrückt geworden, wenn er nicht jemandem den ganzen Rest erzählt hätte.«
    »Und was ist das – der ›ganze Rest‹?« Ich sehe meinen Vater vor mir, allein und verlassen, wie er seine Geheimnisse zu bewahren suchte, und als Edmund zögert, überkommt mich Ungeduld. »Mein Vater ist tot, Edmund. Es ist jetzt an mir, die Prophezeiung zu beenden. Ich glaube, er würde wollen, dass Sie mir alles erzählen, nicht wahr?«
    Er seufzt müde. »Nachdem Ihr Vater Philip Randall damit beauftragt hatte, die Schlüssel zu finden, machte er es sich zur Gewohnheit, die Reise jedes Mal persönlich auf sich zu nehmen, wenn Philip glaubte, einen der Schlüssel gefunden zu haben. Thomas wollte sicher sein, dass nichts übersehen wurde, und deshalb war es ihm wichtig, dass er die Personen höchstpersönlich kennenlernte, um den Verdacht entweder zu verwerfen oder zu bestätigen. Wenn das Letztere der Fall war, wie bei Miss Sorrensen und Miss Torelli, sorgte er dafür, dass sie nach New York gebracht wurden.«
    Ich musste an Sonia denken und daran, dass es ihr nicht angenehm gewesen war, zu Mrs Millburn geschickt zu werden. Aber sie hatte sich in ihr Schicksal gefügt, weil ihre Eltern kein Verständnis für ihre übersinnlichen Fähigkeiten hatten. Und Luisa. Luisa, die in Wycliffe zur Schule gehen musste, statt in England, wie es ursprünglich vorgesehen war.
    Edmund fuhr fort: »Zu dieser Zeit quälten ihn die Seelen bereits mit Visionen Ihrer verstorbenen Mutter. Er wollte sichergehen, dass Ihnen jede Unterstützung zuteil werden würde, wenn er nicht mehr da war, um Ihnen zu helfen.«
    »Und Sie begleiteten ihn auf seiner Suche nach den Schlüsseln.« Das ist keine Frage, sondern eine Feststellung.
    Er nickte und betrachtete seine Hände.
    »Wussten Sie von Henry? Dass er die Liste der Schlüssel vor Alice versteckte?«
    »Nein. Ihr Vater hat mir nie verraten, wo er die Liste verbarg. Ich dachte immer, sie sei in dem Buch. Wenn ich es gewusst hätte …« Er schaut auf. In seinen Augen liegt ein gehetzter Ausdruck. »Wenn ich gewusst hätte, dass Henry sie hat, hätte ich ihn besser beschützt.«
    Eine Weile sitzen wir schweigend im Kutschhaus, jeder eingesperrt im Kerker seiner Erinnerungen. Schließlich stehe ich auf und lege ihm die Hand auf die Schulter.
    »Es ist nicht Ihre Schuld, Edmund.«
    Es ist meine , denke ich. Ich konnte ihn nicht retten .
    Ich stehe auf und steuere auf die Tür des Kutschhauses zu.
    Auf halbem Weg fällt mir etwas ein. Etwas, auf das ich keine Antwort finde.
    Ich drehe mich zu Edmund um, der jetzt in dem Stuhl Platz genommen hat, in dem ich eben noch gesessen habe, das Gesicht in den Händen vergraben.
    »Edmund?«
    Er schaut auf. »Ja?«
    »Trotz allem, was mein Vater Ihnen erzählt hat, ist mir nicht klar, wieso Sie uns nach Altus führen können. Die genaue Lage ist ein gut gehütetes Geheimnis. Woher kennen Sie den Weg?«
    Er zuckt mit den Schultern. »Ich war oft mit Ihrem Vater dort.«
    Ich hätte nicht gedacht, dass mich noch irgendetwas überraschen kann. Aber wie es scheint, habe ich mich getäuscht. »Aber … was wollte mein Vater denn in Altus?« Ich lache kurz auf. »Er war ja kein Mitglied der Schwesternschaft.«
    Edmund schüttelt langsam den Kopf und schaut mir dabei fest in die Augen. »Nein. Er war ein Mitglied der Grigori.«

6
    Alles ist verstaut und zur Abfahrt bereit.« Edmund steht mit dem Hut in der Hand bei den Pferden vor der Kutsche.
    Es ist erst eine Woche her, seit Tante Virginia, Edmund und Luisa in London eingetroffen sind, aber es kommt mir wie ein Jahr vor. Die Reise nach Altus ist kein geringes Unternehmen. Man braucht Pferde, Proviant und Unterstützung. Als wir das erste Mal alle Einzelheiten besprachen, kam es mir unmöglich vor, alles in so kurzer Zeit zu arrangieren, aber irgendwie haben sich die meisten Dinge schnell klären lassen. Philip wird während unserer Abwesenheit mit der Suche nach den Schlüsseln fortfahren, obwohl er gar nicht glücklich ist, dass ich auf der Reise nur Edmund zu meinem Schutz habe.
    Ich habe mich immer noch nicht von der Verkündigung erholt, mein Vater sei einer der Grigori gewesen, aber für

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