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Liebe und Verrat - 2

Liebe und Verrat - 2

Titel: Liebe und Verrat - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Zink
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Sonia und gegenüber von Luisa niedergelassen habe, erhebe ich mich noch einmal kurz von meinem Sitz und strecke den Kopf aus dem Fenster. Dabei schaue ich nach vorn.
    »Kann es losgehen, Edmund?«
    Edmund ist kein Mann großer Worte, und so bin ich gar nicht überrascht, als er statt einer Antwort nur kurz mit den Zügeln ruckt. Die Kutsche rollt vorwärts und unsere Reise beginnt ohne ein weiteres Wort.
    Eine Zeit lang fahren wir an der Themse entlang. Weder Luisa noch Sonia oder ich sprechen viel. Die Boote auf dem Fluss, die anderen Kutschen und Droschken und die Fußgänger lenken uns ab, bis der Verkehr allmählich nachlässt. Dann ist nichts mehr zu sehen außer Wasser auf der einen und Felder auf der anderen Seite, die sich bis zu einer kleinen Hügelkette in der Ferne erstrecken. Das Schaukeln der Kutsche und die Stille der Landschaft machen uns träge. Mit dem Kopf gegen den Samtbezug des Sitzpolsters gelehnt, döse ich ein und falle schließlich in einen tiefen Schlaf.
    Irgendwann wache ich ruckartig auf. Mein Kopf liegt auf Sonias Schulter. Die Kutsche hat wohl abrupt angehalten. Die Schatten, die sich vorher als graue Schemen in den Winkeln der Kutsche tummelten, haben sich zu einer Schwärze verdichtet, die fast lebendig zu sein scheint, als wolle sie uns alle verschlingen. Ich schüttele diesen Eindruck ab und vernehme laute Stimmen außerhalb der Kutsche.
    Ich hebe den Kopf und werde gewahr, dass Luisa so munter und wach ist wie in dem Moment, in dem wir unsere Reise angetreten haben. Sie starrt Sonia und mich an, und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich behaupten, dass in ihrem Blick Zorn liegt.
    »Was ist los?«, frage ich sie. »Warum halten wir an?«
    Achselzuckend schaut sie zur Seite. »Ich habe keine Ahnung.«
    Eigentlich interessiert mich der Lärm vor der Kutsche nicht halb so sehr wie ihr merkwürdiger Blick. Ich seufze und denke mir, dass sie gereizt ist, weil sich während der bisherigen Fahrt niemand um sie gekümmert hat.
    »Ich schaue mal nach.«
    Ich schiebe den Vorhang vor dem Fenster beiseite und sehe Edmund in der Nähe einer Baumreihe stehen, ein paar Schritte von der Kutsche entfernt. Er redet mit drei Männern, die ihre Köpfe respektvoll geneigt haben. Die Haltung der Männer passt so gar nicht zu ihrer liederlichen und groben Kleidung und ihrer ganzen Erscheinung. Ihre Köpfe wenden sich etwas zu, das jenseits meines Blickfelds liegt. Als sie sich wieder zu Edmund drehen, schüttelt dieser ihre Hände, ehe sie sich abwenden und meinem Blick entschwinden.
    Ich lehne mich zurück und lasse den Vorhang wieder vor das Fenster fallen. Wir sind übereingekommen, unsere Identitäten so weit als möglich geheim zu halten, bis wir Altus erreichen, für unser aller Sicherheit.
    Draußen erklingt das dumpfe Klappern von Pferdehufen, das sich rasch entfernt. Eine ganze Weile ist alles still, dann öffnet Edmund die Tür. Als ich hinaus in das Tageslicht trete, bin ich nicht überrascht, fünf Pferde samt einer nicht unerheblichen Menge Proviantpacken vorzufinden. Was mich dagegen immens überrascht, ist die Tatsache, dass auch unsere Pferde aus Whitney Grove dabei sind.
    »Sargent!« Ich renne hinüber zu dem nachtschwarzen Pferd, das auf so vielen Ausritten mein Gefährte war. Ich schlinge ihm die Arme um den Hals und küsse sein weiches Fell, während er seine Nase in meinem Haar vergräbt. Lachend wende ich mich Edmund zu. »Wie haben Sie das bloß angestellt?«
    Er zuckt mit den Schultern. »Miss Sorrensen erzählte mir von Ihrem … Sommerhaus. Sie meinte, die Reise würde auf vertrauten Reittieren leichter sein.«
    Ich schaue hinüber zu Sonia, die glücklich ihr eigenes Pferd streichelt, und lächle sie dankbar an.
    Edmund zieht eine Tasche von der Kutsche. »Wir sollten so schnell wie möglich losreiten. Es wäre nicht klug, so lange am Straßenrand zu verweilen.« Er reicht mir die Tasche. »Aber ich vermute, dass Sie sich zuerst umziehen wollen.«
    Um Luisa dazu zu bringen, Hosen anzuziehen, brauchen wir all unsere Überredungskünste. Obwohl sie eine ausgezeichnete Reiterin ist, fehlt ihr die Erfahrung, die ich und Sonia bei unseren Ausritten in Männerkleidung gemacht haben. Sie streitet etwa zwanzig Minuten lang mit uns, ehe sie aufgibt. Missmutig und leise vor sich hin murmelnd, wechselt sie in der Kutsche ihre Kleidung, während Sonia und ich – bereits umgezogen – draußen warten und uns redliche Mühe geben, uns nicht in die Augen zu schauen, weil wir ansonsten

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