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Liebe und Verrat - 2

Liebe und Verrat - 2

Titel: Liebe und Verrat - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Zink
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auf eine so ausgedehnte Reise vorbereiten?«
    Überrascht zieht Tante Virginia die Augenbrauen hoch. »Oh! Ich … Lady Abigail hat nur nach Lia geschickt.«
    Sonia streckt den Arm aus, sodass Tante Virginia das Medaillon auf ihrem Handgelenk sehen muss. »Lia hat mir das Medaillon anvertraut. Ich war in den vergangenen acht Monaten ihre engste Vertraute. Bei allem gehörigen Respekt, aber ich werde ganz gewiss nicht hier sitzen, während sich Lia allein in Gefahr begibt. Sie braucht jede Hilfe, die sie bekommen kann. Und sie hat keine treuere Freundin als mich.«
    »Na, so weit würde ich wirklich nicht gehen!«, meldet sich Luisa empört zu Wort. »Ich war zwar in New York, während du hier bei Lia warst, habe aber genauso großen Anteil an der Prophezeiung wie du, Sonia.«
    Schulterzuckend schaue ich zu Tante Virginia hin. »Sie sind zwei der vier Schlüssel. Wenn wir ihnen die Lage von Altus nicht anvertrauen können, wem dann? Außerdem hätte ich sehr gerne Gesellschaft. Das wird mir Tante Abigail doch gewiss nicht verweigern, nicht wahr?«
    Tante Virginia seufzt und schaut von Sonia zu Luisa und wieder zurück. »Also schön. Ich habe das deutliche Gefühl, dass es ohnehin sinnlos wäre, mit euch zu streiten.« Sie reibt sich über die Stirn und Müdigkeit verschleiert ihre Augen. »Und ich muss zugeben, dass die lange Reise ihren Tribut fordert. Machen wir es uns einfach hier vor dem Kamin gemütlich und reden über alltäglichere Dinge als Prophezeiungen und dergleichen, ja?«
    Ich nicke, und Luisa ist geradezu begierig darauf, das Thema zu wechseln. Sie fragt Sonia und mich über unser Leben in London aus, und wir verbringen die nächste Stunde damit, Luisa auf den neusten Stand zu bringen. Tante Virginia hört nur mit halbem Ohr zu. Wenn ich sie so sehe, wie sie ins Feuer starrt, überkommen mich Schuldgefühle. Der Gedanke an Alice und die Prophezeiung lassen Klatsch und Tratsch und das Geplapper über die neuste Mode sinnlos und belanglos erscheinen.
    Aber wir können nicht jede Minute unseres Lebens der Prophezeiung widmen. Wenn wir von anderen Dingen sprechen, erinnern wir uns daran, dass es noch eine andere Welt gibt – eine Welt, die wir schützen und bewahren wollen.
    »Ich denke, es ist an der Zeit, mir zu erzählen, wie viel Sie wissen.«
    Meine Stimme hallt durch das Kutschhaus, wo Edmund gerade die Räder der Kutsche im schwachen Licht der Laterne säubert. Er zögert kurz, dann blickt er mich an und nickt zustimmend.
    Wenn Edmund über so viele Informationen verfügt, dass er uns nach Altus führen kann, dann ist sein Platz in meinem Leben und in meiner Familie ganz offensichtlich ein anderer, als bislang angenommen. Er ist mehr als ein Dienstbote, mehr als ein Freund der Familie.
    »Möchten Sie sich setzen?« Er deutet auf einen Stuhl an der Wand.
    Ich nicke, durchquere den Raum und lasse mich auf dem Stuhl nieder.
    Edmund geht zu der Werkbank an der anderen Wand, nimmt ein großes Werkzeug zur Hand und wischt es mit einem Lappen ab. Ich weiß nicht, ob er dieses Werkzeug tatsächlich benutzen will oder ob er einfach seine Hände beschäftigen muss. Ich beiße mir auf die Zunge und wehre die Fragen ab, die sich in meinem Kopf im Kreis drehen. Ich kenne Edmund gut. Er wird sprechen, wenn er dazu bereit ist.
    Als er es tut, ist seine Stimme tief und ruhig, als würde er ein Märchen erzählen. »Ich wusste von Anfang an, dass etwas anders war mit Thomas, mit Ihrem Vater. Er war ein Mann voller Geheimnisse, und obwohl es für Männer seines gesellschaftlichen Standes nicht ungewöhnlich ist, ausgedehnte Reisen zu unternehmen, schwieg er sich über seine häufige Abwesenheit aus.«
    »Aber Sie haben ihn doch oft begleitet.« Vater nahm Edmund häufig mit und ließ uns in der Obhut von Tante Virginia zurück. Sie blieben manchmal Monate an irgendwelchen fremdartigen und exotischen Orten, von denen nur vage Erzählungen an unsere Ohren drangen.
    Edmund nickt. »Später ja. Anfänglich war ich nicht mehr als ein Mitglied der Dienerschaft. Ich kutschierte Thomas, kümmerte mich um die Feldarbeiter und sorgte dafür, dass die notwendigen Reparaturen am Haus von erfahrenen Handwerkern durchgeführt wurden. Erst als Ihre Mutter … sich veränderte, vertraute mir Ihr Vater das Geheimnis der Prophezeiung an.«
    Ich denke an den letzten Brief meiner Mutter und ihre Schilderung, wie die Seelen sie immer weiter in den Abgrund des Wahnsinns trieben.
    »Hat er Ihnen alles erzählt?«, frage ich.
    Edmund

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