Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe und Verrat - 2

Liebe und Verrat - 2

Titel: Liebe und Verrat - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Zink
Vom Netzwerk:
drückt Una die Tür hinter sich wieder zu. Ich kenne sie nicht, und doch bin ich froh, sie zu sehen. Sie strahlt Güte und Wahrhaftigkeit aus. Das habe ich schon gespürt, als ich das erste Mal wach war.
    »Hallo«, sagt sie lächelnd. »Ich freue mich, dass du wach bist.«
    Ich sehe in ihren Augen, dass sie die Wahrheit spricht, und erwidere ihr Lächeln. »Danke, dass du gekommen bist. Ich …« Ich schaue zur Tür. »Du warst sehr gut zu mir, während ich schlief.«
    Sie lacht und das Lachen lässt sich auch in ihren Augen nieder.
    »Astrid kann eine kleine Nervensäge sein, ich weiß. Ich hatte etwas anderes zu tun und wollte dich nicht allein lassen. Hat sie dich sehr geärgert?«
    »Nein, nicht … sehr.«
    Una grinst. »Ich verstehe. So schlimm war es also?« Sie schaut auf den Becher auf meinem Nachttisch. »Immerhin hatte sie Verstand genug, um dir etwas zu trinken zu geben. Du musst ja fast verdurstet sein und wahrscheinlich auch fast verhungert!«
    Bis zu diesem Augenblick habe ich keinen Gedanken an Essen verschwendet, aber als Una es erwähnt, höre ich meinen Magen lautstark knurren.
    »Ich bin tatsächlich am Verhungern!«, sage ich zu ihr.
    »Kein Wunder«, erwidert sie. »Du hast fast zwei Tage durchgeschlafen.« Sie geht zu einem Schrank am anderen Ende des Zimmers. »Ich werde dir etwas zum Anziehen herauslegen und dir Essen und etwas zu trinken besorgen. Du wirst im Nu wieder auf den Beinen sein.«
    Wieder versuche ich, mich auf den Ellbogen aufzurichten, und diesmal gelingt es mir auch. Zum ersten Mal kann ich den Raum ganz überblicken. Er kommt mir nicht mehr so groß vor wie zuvor, als die Schatten die hintersten Winkel versteckten. Er ist spärlich möbliert. Neben dem Bett und dem Nachttisch gibt es nur noch einen Schrank, eine kleine Kommode, einen einfachen Schreibtisch und einen Stuhl. Ein Fenster erhebt sich vom Boden bis zur Decke, im Augenblick mit einem schweren Vorhang verhängt. Die Wände sind aus Stein. Ich kann sie riechen, kühl und feucht, und jetzt, da ich wieder bei Sinnen bin, habe ich das deutliche Gefühl, dass diese Mauern den Schwestern schon seit Jahrhunderten als Unterkunft dienen. Der Gedanke ruft mir wieder den Grund für mein Kommen ins Gedächtnis.
    »Wie geht es Tante Abigail?«, frage ich Una, die noch immer vor dem Schrank steht.
    Sie dreht sich ein wenig seitwärts, sodass ich ihr Gesicht sehen kann. Ihre Stirn legt sich in sorgenvolle Falten. »Nicht gut, fürchte ich. Die Ältesten tun, was sie können, aber …« Sie zuckt mit den Schultern. »Das ist der Lauf der Welt, nicht wahr?« Natürlich weiß ich, dass sie recht hat, dass Tante Abigail schon ziemlich alt ist, aber selbst Unas Stimme klingt traurig.
    »Darf ich zu ihr?«, frage ich.
    Sie schließt die Schranktüren und kommt mit einem Gewand über dem Arm wieder zum Bett. »Sie schläft. Sie fragt seit Tagen nach dir. Sie hat kein Auge zugetan, bis man ihr deine sichere Ankunft meldete. Jetzt, da sie sich endlich ausruhen kann, wäre es am besten, wenn man sie in Ruhe ließe. Aber du hast mein Wort, dass ich dir sofort Bescheid sage, wenn sie erwacht.«
    Ich nicke. »Ich danke dir.«
    »Nein. Ich danke dir .« Sie fängt meine Augen mit einem herzlichen Lächeln ein, das ich erwidere. Dann legt sie das Gewand ans Fußende des Bettes. »So. Zieh dich an, während ich dir etwas zu essen besorge. Auf der Kommode steht Wasser zum Waschen.«
    »Ja, aber …« Ich möchte ihre Gastfreundschaft nicht beleidigen. »Was ist mit meinen eigenen Sachen?«
    »Sie werden gewaschen«, sagt sie. »Außerdem denke ich, dass du diese hier bequemer finden wirst.« Ihre Augen funkeln spitzbübisch, und einen Augenblick lang fühle ich mich an Astrid erinnert. Doch in Unas Augen liegt nichts von der Boshaftigkeit, die ich im Blick der Jüngeren zu erkennen glaubte.
    Ich nicke. »Also schön. Vielen Dank.«
    Sie lächelt nur und wendet sich zum Gehen, wobei sie die Tür geräuschlos hinter sich schließt.
    Ich warte einen Moment, ehe ich es wage, das Bett zu verlassen. Bereits jetzt fühle ich mich schwach, dabei habe ich nichts weiter getan, als mich aufzusetzen und mit Una zu sprechen. Ich erinnere mich dunkel daran, dass ich auf dem Weg hierher hingefallen bin und dann wohl das Bewusstsein verloren habe. Die Erinnerung treibt mir die Schamesröte ins Gesicht, und ich hoffe inständig, dass ich nicht hier und jetzt vor meinem Bett zusammenbrechen werde.
    Ich werfe die Decken zurück und schwinge meine Beine über die

Weitere Kostenlose Bücher