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Liebe und Völkermord

Liebe und Völkermord

Titel: Liebe und Völkermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Imran
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Maria wird nicht zu unserem Glauben übertreten. Ihr werdet sie mit Ali auch so trauen.“
    Nun drehte sich der Imam zu Mahmud um. Er schaute ihm in die Augen. Mahmud hob seine Brust an. Er wirkte kühn auf den Geistlichen. Was brachte ihn dazu, so unverschämt ihm gegenüber zu sein, fragte er sich. So schaute Musa ihm noch tiefer in die Augen. Da erkannte er es, er sah es in Mahmuds Augen. Mahmud hatte ihn durchschaut. Er kannte die Wahrheit. Musa schloss seine Augen halb, gab also vor, scharf zu überlegen. Dem Geistlichen blieb keine Alternative. Schließlich nickte er. „Gewiss. Das werde ich tun.“
    Alis Vater verneigte sich der Form wegen. „Ich danke Euch, Hochwürden. Ich komme Euch morgen wieder besuchen.“
    Musa erwiderte ihm nichts. Mahmud verschwand im Hinterhof seines Anwesens.
    Musa blieb noch eine ganze halbe Stunde lang dort stehen. Er war wirklich sehr überrascht über Mahmuds selbstbewusstes Auftreten. Hatte Mahmud ihn doch so sehr geschätzt, nun tat er es also nicht mehr. Er konnte es ihm nicht übel nehmen. Der Mann würde sein Geheimnis nicht verraten, dessen war er sich sicher, denn sonst wäre er nicht zu ihm gekommen, mit der Bitte beziehungsweise Aufforderung, seinen Sohn ohne Bedingungen mit der Christin zu vermählen. War es denn nicht sicherer für ihn, zu fliehen und irgendwo in der Ferne ein neues Leben zu beginnen, fragte er sich. Wenn sein Mord an seiner Frau herauskommen würde, würde er zweifellos sein Amt, seine Ehre und irgendwann wohl auch sein Leben verlieren. Doch er war zu alt, um solche Strapazen auf sich zu nehmen.
    Schließlich, bevor er zu seinem Haus schlenderte, lachte er. Er lachte sehr laut.
     
    Meridschan blieb bei Matthias in der Küche. Sie setzte sich neben ihm hin auf dem kargen Boden und nahm seinen Kopf auf ihren Schoß. Er genoss die zwei Stunden auf ihrem Schoß. In diesen Momenten gab sie ihm das Gefühl, seine Frau und seine Geliebte zu sein. Nur ihm würde sie gehören, nur ihn würde sie lieben.
    Doch Meridschan dachte die ganze Zeit an Ali, während sie Matthias' Haare mit ihrer rechten Hand strich. Sie war deprimiert. Alis Liebe zu Maria kränkte sie. Bald würde er sie heiraten. Diese Tatsache deprimierte sie am meisten. Was nur würde sie dagegen unternehmen können, fragte sie sich. Ihr fiel nur eine einzige Möglichkeit ein.
    Matthias indes hatte seine Zweifel an Meridschan vergessen und sich eine Zukunft mit ihr ausgemalt. In Kafro würden sie freilich nicht mehr lange bleiben können. Er würde mit ihr zusammen in ein anderes Dorf oder in eine Stadt gehen. Vielleicht nach Dijabakir, dachte er.
    Als dann jedoch Meridschan ihn bat, sich aufzurichten und von ihrem Platz aufstand und ihm sagte, sie würde nur kurz fortgehen und er möge hier auf sie warten, da traten bei ihm wieder die Zweifel an ihr auf. Es war wieder früh am Abend, als sie aufbrach. Schweigend ließ er sie gehen. Zwar bemerkte sie schon die Enttäuschung in seinem Gesicht, doch sie konnte sich selbst nicht zurückhalten. Sie musste gehen, sie musste ihren Gefühlen, ihrem Herzen folgen.
    Matthias blieb in der Küche allein zurück. Die Stille und die Einsamkeit umgaben ihn. Es hatte alles keinen Sinn, dachte er. Meridschan würde ihn niemals aufrichtig lieben. Sie würde immer an diesen Ali denken. Auch wenn sie sich zwingen würde, mit ihm fortzugehen, dennoch würde ihr Herz beziehungsweise ihr Geist diesem Ali gehören. Das war die traurige Erkenntnis.
    Er zog seine Beine an und vergrub sein Gesicht zwischen ihnen. Er weinte. Er hätte gerne laut aufgeschrien, wenn er sich nicht in dieser heiklen Lage befunden hätte.
    Dann schließlich raffte er sich auf. Er stand aufrecht. Durch das Fenster sah er das Zwielicht. Bald schon würde es draußen zu dämmern beginnen. Er trat darauf an die Haustür und erhaschte einen Blick nach draußen. Rechts von ihm erstreckte sich der Westhügel des Dorfes. Er sah keinen Menschen und hörte nichts. Meridschan würde in jedem Augenblick zurückkommen. Er musste sofort zum Hügel rennen, ihm blieb keine Zeit mehr übrig. Also rannte er los und erreichte den Hügel. Er schaute nicht zurück. Vor ihm sah er keinen Menschen und hinter ihm befand sich wohl auch niemand, denn er hörte weder Schritte noch Stimmen.
    Vorsichtig bestieg er den Hang. Hier wuchsen Bäume von etwa vier Metern Höhe. Er hielt sich nah an den Bäumen. Er war immer noch nicht in Sicherheit, denn auch jetzt in der Dämmerung hätte jemand aus dem Dorf ihn sehen

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