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Liebe und Völkermord

Liebe und Völkermord

Titel: Liebe und Völkermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Imran
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Dienste der osmanischen Armee hatte er sich durch große Verdienste ausgezeichnet. Mehrmals kämpfte er tapfer an der Front, ob nun im Kriege gegen Russland auf asiatischem oder gegen die Völker des Balkans auf europäischem Boden. Der Sultan überschüttete ihn mit Ehrentiteln und übertrug ihm ein großes Stück Land nahe Dijabakir.
    Der Vater konnte also die Gefühle seines Sohnes gut nachvollziehen. Und er stimmte mit seinem Sohn darin überein, der Vater des Mädchens würde mit der Zeit ihrer Verbindung doch noch zustimmen. Jasmins Vater, Imam Muhammad Ibrahim Ali, stolz auf seine Verbindung zum Hause des Propheten, befürchtete einen zu großen Einfluss des Scheichs auf sein Haus. Der Scheich war ein Lebemann und pflegte sogar gute Kontakte zu den Christen, wie gemunkelt wurde. Der Imam sperrte seine Tochter in ihrem Schlafgemach ein und ließ sie von zwei bewaffneten Dienern rund um die Uhr bewachen. Draußen vor seinem Anwesen hatte er ein vier Söldner postiert. Ein Entkommen aus dem Verlies war für die junge Schönheit unmöglich.
    Schließlich nickte der Scheich. „In Ordnung. Ich kann dich sowieso nicht davon abhalten. Ich habe noch etwas gut bei Aziz, den Sohn des Isa, den reichen Bauern. Vielleicht kann ich ihn überreden, uns zu helfen.“
    Uday bedankte sich bei seinem Vater.
    Noch an demselben Abend suchte der Scheich den Aramäer Aziz auf seinem bescheidenen Anwesen auf. Aziz besaß laut osmanischer Besitzurkunde ein riesiges Land, mehr als zehn Hektar groß, doch machten die Kurden es ihm streitig und hatten einen großen Teil davon für sich beansprucht. Die Kurden ihrerseits jedoch waren keinesfalls dem Aramäer gegenüber feindlich gesinnt. Sie willigten ein, ihn quasi als ihren Mitteilhaber zu akzeptieren und traten etwa ein Viertel ihrer Ernte an ihn ab. Und durch des Scheichs Begünstigung war Aziz von der Kopfsteuer befreit. Die Kopfsteuer mussten alle Christen des osmanischen Reiches entrichten. Nur sie.
    Sein Haus war weitaus größer als das der anderen um und in Dijabakir lebenden Aramäer. Einige der Gemeindemitglieder der Diözese Dijabakir neideten ihm sogar seinen vermeintlichen Reichtum.
    Aziz geleitete den Scheich in seinen dreißig Quadratmeter großen Wohnzimmer. An der Wand hingen Bilder von Jesu Christi Leidensweg eines armenischen Malers aus Trabzon.
    Seine Frau Marjam servierte ihnen den arabischen Kaffee, obwohl sie zwei Hausangestellte hatten. Der Scheich mochte keinen Tee und trank nur Kaffee. Aziz wusste darüber Bescheid und gab vor, ebenfalls ein Kaffeeliebhaber zu sein.
    Nach dem Austausch der gewöhnlichen Förmlichkeiten kam der Scheich zu seinem Anliegen. Aziz sagte ihm seine Unterstützung bei diesem Unternehmen zu. „Wir müssen jedoch aufpassen. Niemand darf davon erfahren. Nicht bevor wir die Tochter in unserem Gewahrsam haben, mein Herr.“
    „Ihr habt recht, mein Freund. Deswegen habe ich mir vorgenommen, meinen Sohn selbst zu begleiten. Wir brauchen nur fünf oder zehn Soldaten. Die Söldner des Imams sind keine kampferfahrenen Kämpfer, soweit ich weiß.“
    „ Ich werde meine Neffen darum bitten. Sie haben ihren Wehrdienst in der osmanischen Armee mit Auszeichnung absolviert. Meine gesamte Sippe steht hinter Euch, mein Herr.“
    Aziz verneigte sich vor ihm. Der Scheich lächelte freundlich. „Wir sind Brüder, Aziz. Ab heute braucht Ihr Euch nicht mehr vor mir zu verneigen.“
    Marjam hatte im Nebenraum der Unterredung der beiden Männer gelauscht. Gleich nach des Scheichs Fortgang aus ihrem Haus trat sie bestürzt an ihren Mann heran und schalt ihn, warum er denn dem Scheich zugesagt habe, ihn bei dieser Mission zu unterstützen.
    „ Wir haben keine andere Wahl, Weib!“
    „ Was ist, wenn den Kindern deiner Brüder oder den Kindern meiner Schwester etwas zustößt?! Hast du darüber nachgedacht?!“
    Ihre Ehe war von ihren Eltern arrangiert worden. Marjam wurde nie schwanger, obwohl sie schon oft miteinander schliefen. Es war jene Verbitterung, kein eigenes Kind bekommen zu haben, welche Aziz ihr gegenüber so hartherzig machte. Obgleich sie schon seit 28 Jahren verheiratet waren, blieb immer noch eine Distanz zwischen ihnen, so schämte sich Marjam vor ihm und Aziz traute sich nicht, sie sanft anzufassen, egal ob in ihrem Gesicht oder nur an einer Hand.
    Gleich in aller Frühe des nächsten Morgens suchte Aziz seinen jüngeren Bruder Antar auf. Er schlief noch draußen in seinem Garten. Sie schickten Antars jüngsten Sohn Johannes, um Aziz' und

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